| # taz.de -- EM-Finale 2024 in Berlin: Die Uefa mag es hauptstädtisch | |
| > München oder Berlin: Diese Wahl hatte die Uefa. Die Entscheidung fiel ihr | |
| > leicht. Für die Berliner macht es keinen Unterschied. | |
| Bild: Sieht schick aus, fühlt sich aber zugig an: Berlins Olympiastadion | |
| Die Europäische Fußballunion Uefa hat Berlin in dieser Woche ein Geschenk | |
| gemacht: Das Endspiel der Fußballeuropameisterschaft der Männer im Sommer | |
| 2024 wird im Berliner Olympiastadion stattfinden. Die Regierende freut | |
| sich, und die Boulevardpresse in der Stadt jubiliert, als müssten jetzt | |
| alle Berliner und Berlinerinnen stolz sein. | |
| Aber worauf eigentlich? Und gibt es in der Stadt wirklich jemanden, der | |
| sich ernsthaft darüber freut, dass das Endspiel der EM in Berlin | |
| stattfindet? | |
| Die Uefa hatte die Wahl zwischen München und Berlin als Austragungsort des | |
| Finales. Der Deutsche Fußball-Bund als Ausrichter hat dem europäischen | |
| Verband die Entscheidung überlassen. Und der hat sich für die Hauptstadt | |
| entschieden. Das passt. | |
| Die Präsidenten der großen Sportverbände (gendern würde an dieser Stelle | |
| die Realität nicht korrekt abbilden) fühlen sich besonders wohl in der | |
| Haupstädten dieser Welt. Sie fühlen sich dann wie Staatsmänner, nehmen auf | |
| der Ehrentribüne nur allzugerne direkt neben dem Staats- und | |
| Reguierungschefs Platz. | |
| Die lassen es sich gerade beim Fußball für gewöhnlich nicht nehmen, zu den | |
| Endspielen anzureisen, wenn die Team ihrer Länder daran beteiligt sind. | |
| Dann werden schöne Worte geschwungen über den Sport als Segensbringer, als | |
| Friedensbotschafter als das Beste überhaupt, was es gibt auf der Welt. | |
| Und dann sind da noch die riesigen Freiflächen rund um das Olympiasstadion. | |
| Da lassen sich wie kaum anderswo im Land jede Menge Gastrozelte aufbauen, | |
| um dort Hostessen in sehr hohen Schuhen edlen Champagner für die Kunden der | |
| teuren Hospitality-Pakete und die Gäste der großen Sponsoren servieren zu | |
| lassen. Auch in dieser Hinsicht ist die Entscheidung stimmig. | |
| ## Die Berliner Fans hassen das Stadion | |
| Sonst gibt es nichts, aber auch gar nichts, was für das Olympiastadion | |
| spricht. Die Fans des besten Berliner Fußballvereins hassen es sowieso, | |
| schon allein weil es nicht in Köpenick steht. Aber nicht einmal die Fans | |
| von Hertha BSC können das Stadion leiden, in dem ihr Klub meist vergeblich | |
| versucht, so etwas wie Fußball auf den Rasen zu bringen. Sie wähnen sich zu | |
| weit weg vom Geschehen auf dem Feld. Die leidige Laufbahn können sie nicht | |
| leiden. | |
| Auch neutrale Besucher verabscheuen das Olympiastadion, das derart zugig | |
| ist, dass ein Besuch ab einem Alter von 40 Jahren eigentlich nicht mehr zu | |
| empfehlen ist. Durch das Marathontor pfeift der Wind an der Gegentribüne | |
| entlang über die Ostkurve, plagt dann noch die Ehrengäste auf der | |
| Hauptribüne und nimmt beim Verlassen des Stadions jegliche Stimmung mit | |
| nach draußen. | |
| Unvergessen ist das Viertelfinale der Fußball-WM 2006. Deutschland lag | |
| gegen Argentinien zurück, doch anstatt das eigene Team anzufeuern, | |
| dämmerten die Zuschauer und Zuschauerinnen vor sich hin, bis sie ein | |
| entnervter Stadionsprecher versuchte aufzuwecken. | |
| ## Mahnmal gegen Propaganda des NS-Regimes | |
| Dass das Olympiastadion zudem so genutzt wird, als wäre es eine | |
| handelsübliche Sportarena, mag immer weniger Menschen stören. Aber in einem | |
| Stadion, das auch ein Mahnmal für die Propagandaexzesse des NS-Regimes bei | |
| den Olympischen Spielen 1936 ist, sind “Sieg!“-Spechchöre aus der Kurve nun | |
| mal besonders unappetitlich. | |
| Aber vielleicht ist das alles irrelevant für Berlinerinnen und Berliner. | |
| Die kriegen eh keine Karten für das Finale. Und so kann die Uefa | |
| unbehelligt von der lokalen Bevölkerung draußen in Westend ihren Geschäften | |
| nachgehen. | |
| 14 May 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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