# taz.de -- Spionageskandal in Spanien: Erstes Opfer des „Catalangate“ | |
> Weil sie katalanische Politiker bespitzeln ließ, muss Spaniens | |
> Geheimdienstchefin gehen. Der Skandal bringt die Minderheitsregierung ins | |
> Wanken. | |
Bild: Aus und vorbei: Spaniens Regierung hat Geheimdienstchefin Paz Estéban en… | |
MADRID taz | Der spanische Spionageskandal „Catalangate“ fordert ein erstes | |
Opfer. Die Regierung des Sozialisten Pedro Sánchez hat die | |
Geheimdienstchefin Paz Estebán entlassen. | |
Sie hatte erst vergangene Woche vor dem Geheimdienstausschuss des | |
Parlaments eingestanden, dass der [1][Geheimdienst CNI die Handys | |
katalanischer Unabhängigkeitspolitiker und -aktivisten], darunter des | |
aktuellen katalanischen Regierungschefs Pere Aragonès, mittels der | |
[2][israelischen Software Pegasus] bespitzelt hat. Laut spanischen | |
Medienberichten legte sie dem Ausschuss richterliche Dokumente mit 18 Namen | |
Betroffener vor. Weitere 10 Namen blieben geschwärzt. Estebán war seit 2020 | |
im Amt. | |
Bleibt offen, wer die restlichen der insgesamt 65 Katalanen ausgehorcht | |
hat, auf deren Telefonen die kanadische Organisation für Cybersicherheit, | |
Citizen Lab, Hinweise auf eine Pegasus-Infizierung fand. Anwälte der | |
Betroffenen – zum Teil selbst Opfer des Lauschangriffs – vermuten hinter | |
der Infizierung der Handys Teile des spanischen Sicherheitsapparates, die | |
außerhalb richterlicher Kontrolle gegen katalanische Separatisten agieren. | |
Außerdem ist weiterhin ungeklärt, wie die Spionagesoftware auf die | |
[3][Handys des spanischen Regierungschefs Pedro Sánchez], der | |
Verteidigungsministerin Margarita Robles und des Innenministers Fernando | |
Grande-Marlaska gelangen konnte. | |
Medien vermuten Marokko hinter diesen Cyberattacken. Denn der Angriff auf | |
Sánchez und seine Minister geschah, als Brahim Gali, Chef der | |
Befreiungsbewegung Polisario, die für die Unabhängigkeit der durch Marokko | |
besetzten Westsahara kämpft, in Spanien wegen Covid behandelt wurde. Dies | |
führte zu einer schweren diplomatischen [4][Krise zwischen Marokko und | |
Spanien]. | |
## Sánchez ist auf katalanische Partei angewiesen | |
Esperanza Casteleiro wird künftig den Posten als Direktorin des CNI | |
einnehmen. Casteleiro ist seit Juli 2020 Staatssekretärin im | |
Verteidigungsministerium und verfügt über Erfahrung im CNI: Von 2004 bis | |
2008 war sie Generalsekretärin des spanischen Geheimdienstes. | |
Verteidigungsministerin Robles versucht die Nachricht der Entlassung von | |
Estebán unterdessen herunterzuspielen. Es sei schlicht „die Ablösung einer | |
Beamtin durch eine andere“. Robles verteidigte einmal mehr die Spionage der | |
katalanischen Politiker, Aktivisten und Anwälte. Diese seien „mehr als | |
gerechtfertigt“ gewesen und hätten mit gerichtlicher Genehmigung | |
stattgefunden. „Gegen niemanden in diesem Land wird wegen seiner | |
politischen Ansichten ermittelt. Wir arbeiten für diese Freiheit“, sagte | |
sie auf einer Pressekonferenz. Vergangene Woche hatte sie betont, bei dem | |
Spionageangriff sei es darum gegangen, gewalttätige Proteste zu verhindern. | |
Diese Erklärung ist wohl kaum dazu geeignet, in Spanien die Gemüter zu | |
beruhigen. Catalangate gefährdet die Stabilität der spanischen | |
Minderheitsregierung. Sánchez ist auf die Unterstützung der katalanischen | |
Partei ERC von Aragonès angewiesen. Dieser verlangt, dass alle Dokumente | |
zur Bespitzelung offengelegt werden. Außerdem werden Forderungen nach einem | |
Rücktritt von Robles immer lauter. | |
10 May 2022 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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