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# taz.de -- Die Wahrheit: Im Schmelzofen des Trunks
> Die Modezeitschrift „Vogue“ verlangt vom britischen Pub „Inn at Vogue�…
> den Namen zu ändern. Dessen Besitzer husten den Modefuzzies eins.
Was ist bloß mit den Engländern los? Es gibt nur noch 40.000 Pubs im ganzen
Land, und jedes Jahr werden es weniger. In den vergangenen 20 Jahren ist
die Zahl um 22 Prozent gefallen. Trinkt das Volk der Komasäufer nicht mehr
genug?
Eins haben die englischen Pubs gemein: Sie sind mit Teppichen oder
Teppichfliesen ausgelegt. Die Teppichfliese, so wusste Harry Rowohlt, ist
schuld daran, dass die gemeine Milbe überlebt hat. Das Star Inn at Vogue
hat außerdem hübsche rote Gardinen an den Fenstern.
Die Knalltüten von der Zeitschrift Vogue verlangten nun von den Wirtsleuten
Rachel und Mark Graham, dass sie ihre Kneipe umbenennen, weil die
unbedarfte Kundschaft andernfalls durcheinanderkommen könnte. Die
Verwechslungsgefahr ist groß. Wie oft gehen Menschen aus dem Haus, um die
Modezeitschrift zu kaufen, und landen stattdessen im Pub?
Der Verlag Condé Nast residiert im vornehmen Londoner Stadtteil Mayfair.
Die Geschäftsführerin Sabine Vandenbroucke argumentierte, dass die
Handelsmarke Vogue nicht nur für die Zeitschrift, die seit 106 Jahren
erscheint, sondern auch „für andere Waren und Dienstleistungen unseres
Unternehmens“ geschützt sei.
Von Mayfair sind es gut 400 Kilometer zum Star Inn at Vogue in Cornwall,
kurz vor Land’s End, dem südwestlichsten Punkt Großbritanniens. „Wie wir
Ihrem Brief entnehmen, gibt es Sie erst seit 1916“, schrieben die Grahams
an Frau Vandenbroucke. „Wir nehmen an, dass sie damals, als sie den Namen
wählten, bei den Bewohnern des echten Vogue nicht um Erlaubnis gefragt
haben.“
Den Pub gibt es seit rund 200 Jahren, das Dörfchen Vogue noch viel länger.
Der Name stammt vom kornischen Wort fog ab, was „Schmelzofen“ bedeutet. Vom
17. bis 19. Jahrhundert gab es nämlich mehrere Stampfwerke im Ort. Die
Grahams vermuteten in ihrem Brief außerdem, dass Madonna bei Condé Nast
keine Genehmigung für ihr Lied „Vogue“ eingeholt habe. Im Dorf habe sie
auch nicht nachgefragt, aber man werde sowohl bei Madonna als auch bei der
Zeitschrift großzügig ein Auge zudrücken.
In der benachbarten Grafschaft Devon gibt es den Pub Tors Inn, der mittags
auch die klassische Kneipenmahlzeit Ploughman’s anbietet. Der „Pflüger“ …
ein aufgehübschtes Käsebrot, das mit einer Würzsauce bestrichen wird. Weil
zur Kneipenkundschaft auch einige Pflügerinnen gehören, benannte der Wirt
Dickie Harrison das Gericht in „Ploughperson’s“ um.
Das war ein Fehler. Bei seinem verlängerten Wohnzimmer versteht der
Engländer keinen Spaß. Die männliche Kundschaft kündigte an, das Wirtshaus
zu boykottieren. Einer behauptete, Geschlechtsneutralität sei Quatsch:
Schließlich hatten The Mamas and the Papas 1967 einen Hit mit dem Lied
„Sing for Your Ploughman’s Supper“. Oder so ähnlich.
23 May 2022
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Großbritannien
Vogue
Justiz
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