# taz.de -- Die Wahrheit: Reisen mit eingeseiftem Mantel | |
> Sehr blonde Frauen können einen schon mit einem Fluch belegen, obwohl sie | |
> noch gar nicht in Erscheinung getreten sind. Ein Reise- und | |
> Leidensbericht. | |
Manche Tage sind von Anfang an verkorkst. Nach einer Urlaubswoche in | |
Berlin, die ich wegen einer fiebrigen Erkältung im Bett verbracht hatte, | |
sollte es endlich heim nach Irland gehen. Da ich noch nicht richtig fit | |
war, gönnte ich mir ein Taxi zum Flughafen. | |
Der wohl arabische Fahrer, mit dem Kopf ans Seitenfenster gelehnt, redete | |
ununterbrochen. Aber nicht mit mir. Für ein Telefongespräch schien mir die | |
Konversation zu einseitig. Betete er? Ich tat es jedenfalls in Anbetracht | |
seines Fahrstils, zu dem ein ständiger Wechsel der Fahrspur, aggressives | |
Auffahren und regelmäßiges Hupen gehörte. | |
Später bekam ich übrigens eine Nachricht von meinem irischen | |
Kreditkarteninstitut. Man hatte die Zahlung für das Taxi verweigert, weil | |
einem eifrigen Sachbearbeiter „die Sache komisch vorgekommen“ sei. Jetzt | |
habe ich vermutlich so was wie einen arabischen Clan am Hals. Ich halte Sie | |
auf dem Laufenden. | |
## Teuflisches Design | |
Wider Erwarten erreichten wir den Berliner Flughafen unbeschadet. Es gibt | |
genügend Geschichten über dessen teuflisches Design, und sie sind alle | |
wahr. Taxis können am frisch eröffneten Terminal 2 nicht halten, sodass man | |
vom Terminal 1 zu einer zünftigen Wanderung über viele Treppen und lange | |
Flure aufbrechen muss. Am Ende landete ich am selben Flugsteig wie voriges | |
Jahr, als man noch recht zügig im Terminal 1 abgefertigt wurde. Das | |
erschien den Flughafenbetreibern offenbar zu komfortabel. Schließlich | |
hatten sie einen schlechten Ruf zu verteidigen. | |
Was hingegen tadellos funktionierte, war der Seifenspender auf der | |
Herrentoilette. Leider hielt der Sensor meinen achtlos hingeworfenen Mantel | |
für eine Hand, sodass ich staunend mitansehen musste, wie mein | |
Kleidungsstück gründlich eingeseift wurde. | |
Im Flugzeug saß eine ältere sehr blonde Frau auf meinem Platz und wollte | |
partout nicht weichen. Erst als ihr der Steward mit strengem Blick | |
erklärte, dass sie den Gang-, und nicht den Fensterplatz gebucht hatte, | |
machte sie mir unter Verwünschungen Platz. Der Mann in der Mitte war | |
offenbar ein Kokser. Er zog sich alle zwanzig Sekunden die Maske von der | |
Nase, schniefte und setzte sie wieder auf. | |
## Gemütlich ist anders | |
Nachdem ich endlich in Dublin angekommen und nach einer knappen Stunde zu | |
Hause war, machte ich es mir mit einem Gläschen Wein im Sessel gemütlich. | |
Das Möbel ist ein Erbstück, die Fußraste lässt sich elektrisch ausfahren | |
und die Rückenlehne absenken, sodass man fast wie in einem Bett liegt. | |
Dann fiel der Strom aus. Hatte der Fluch, mit dem mich die Blondine im | |
Flugzeug belegt hatte, gewirkt? Jedenfalls ließ sich der Sessel ohne Strom | |
nicht mehr in die Normalposition bringen. Ich saß fest. Als ich vorsichtig | |
herausrutschen wollte, kippte der Sessel nach vorne und warf mich ab, | |
sodass ich wie ein Maikäfer nun rücklings auf dem Boden landete. | |
Ich bin dann einfach liegen geblieben und merkte mir das Datum, damit ich | |
nächstes Jahr an diesem Tag gar nicht erst aufstehe. | |
2 May 2022 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
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