# taz.de -- Forschungsstelle für Zeitgeschichte: Archiviertes Leben | |
> Hamburgs Forschungsstelle für Zeitgeschichte erforscht die jüngere | |
> Vergangenheit des Nordens. Dazu gehören rechte Gewalt und Beate Uhses | |
> Nachlass. | |
Bild: Außen wilhelminischer Bau, innen Archiv: Die Forschungsstelle für Zeitg… | |
HAMBURG taz | Wer Heinz Rühmanns Schauspielkarriere aufmerksam verfolgt | |
hat, dem wird auch das ehemalige Finanzamt am Schlump bekannt vorkommen. Wo | |
heute die Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) sitzt, gab | |
Rühmann 1956 den „Hauptmann von Köpenick“. Auch heute noch wird der | |
wilhelminische Bau mitunter als Kulisse für Dreharbeiten genutzt. Bis zum | |
Versailler Vertrag hatte das Haus als Kreiswehrersatzamt gedient. Es ist | |
selbst Zeuge der Zeit, über die nun in ihm geforscht wird. | |
„Unsere Aufgabe ist, die Geschichte des [1][Nationalsozialismus] und des | |
norddeutschen Raumes unter besonderer Berücksichtigung von | |
Arbeiterbewegungsgeschichte sowie Sozial- und Zeitgeschichte zu | |
erforschen“, sagt Vizedirektorin Kirsten Heinsohn. Ein Vorläuferinstitut | |
hatte die Bürgerschaft schon 1949 zu gründen beschlossen. Mehrere | |
antisemitische Übergriffe hatten dann Ende der 1950er die Relevanz der | |
Aufklärung drastisch klargemacht. Der Hamburger Senat gliederte die | |
Forschungsstelle in die Schulbehörde ein. Hier erforschen und archivieren | |
Historiker:innen und Sozialwissenschaftler:innen die jüngste | |
Geschichte Norddeutschlands. | |
Seit 1997 arbeitet die [2][FZH] als unabhängige Stiftung, und damals wurde | |
auch der Fokus erweitert: So nahm man den Firmennachlass der [3][Beate | |
Uhse] AG entgegen und verwaltet den des Sozial- und Sexualforschers | |
[4][Günter Amendt]. | |
Im Keller wächst das Archiv und gerät an seine Grenzen: Zwischen | |
Bautrocknern und Wasserrohren steht einer der vollständigsten Bestände | |
deutscher Zeitgeschichte. Dabei gibt es für die zwei Definitionen: Einige | |
fassen unter dem Begriff die Zeit ab der weltgeschichtlichen Zäsur von 1917 | |
zusammen, andere beschränken ihn auf die Epoche der Mitlebenden. Gerade | |
weil viele Mit- und Überlebende des Holocaust mittlerweile verstorben sind, | |
sieht man sich an der FZH dem ursprünglichen Auftrag verpflichtet. Derzeit | |
analysieren die Mitarbeiter:innen im Projekt „Hamburg rechts außen“ | |
Kontinuitäten und Unterschiede [5][rechtsextremer Gewalttaten] zwischen | |
1945 und 2001 in Hamburg. | |
## Interviews mit Migrant:innen | |
Wenn Überlebende des Naziregimes nicht mehr persönlich berichten können, | |
lagern ihre Erfahrungen im Herzstück des Instituts: der Werkstatt der | |
Erinnerung. In schnöden Aktenschränken, die auch im alten Finanzamt hätten | |
stehen können, liegt ein „Lebendiges Erinnerungsarchiv für die Stadt | |
Hamburg und den Norden“. So nennt es Direktor Thomas Großbölting. | |
In den 1960ern luden Forscher:innen Menschen ein, die von den Nazis aus | |
Hamburg und Umgebung vertrieben worden waren und interviewten sie zu ihrer | |
Lebensgeschichte und ihren Erfahrungen. Heute läuft etwa ein Projekt, in | |
dem Mitglieder der migrantischen Community über ihr Ankommen in Hamburg | |
während der 70er-, 80er- und 90er-Jahre befragt werden. „Das Besondere an | |
dem Ort ist, dass wir hier alles machen können“, beschreibt Großbölting den | |
Reiz der Freiheit, das Spektrum reiche vom Archiv zu den | |
Veranstaltungsräumen für internationale Gäste. „Heute würde man Hub sagen… | |
26 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Nationalsozialismus/!t5007882 | |
[2] https://www.zeitgeschichte-hamburg.de/contao/index.php/startseite.html | |
[3] /Beate-Uhse/!t5633712 | |
[4] /Paedophiliedebatte-in-den-1980ern/!5061388 | |
[5] /Rechte-Gewalt/!t5013603 | |
## AUTOREN | |
Leopold Pelizaeus | |
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