# taz.de -- Fazit zum taz lab 2022: Noch mehr Streit austragen | |
> Linke Konsensthemen werden immer rarer. Nun braucht es eine gute | |
> Streitkultur. Wie das geht, hat das diesjährige „taz lab“ vorgemacht. | |
Bild: „Klima und Klasse“, das diesjährige Thema das taz lab | |
Selten zuvor wurde der intensive Wunsch nach politischer und kultureller | |
Orientierung so deutlich wie bei dem taz lab am Wochenende. Vor allem in | |
den linken und alternativen Szenen. So viele Menschen wie noch nie hatten | |
sich für [1][den jährlichen taz-Kongress] angemeldet, verfolgten die | |
Debatten entweder aus aller Welt digital oder direkt auf den Bildschirmen, | |
die rund um das taz-Haus aufgestellt waren. | |
Ersichtlich wurde aus den Kommentarspalten wie den Publikumsreaktionen, | |
dass traditionelle Gewissheiten nur noch begrenzt gelten können. Der Krieg | |
Russlands gegen die Ukraine hat alles an jahrzehntelang eingeübter | |
Erklärroutine nicht nur erschüttert, sondern buchstäblich zerstört. | |
Genügten einst Stichwörter wie „Nato“ oder „US-Imperialismus“, um lin… | |
Einvernehmen herzustellen, erweist sich seit dem 24. Februar, dass diese | |
Konsenskoordinaten passé sind. [2][Jetzt muss gestritten werden] – um das, | |
worauf es Linken wirklich ankommt. Menschenrechte, die Verteidigung | |
demokratischer Mühen wie in der Ukraine seit der Loslösung aus dem | |
postsowjetischen Imperium, um die Kosten der Klimawende, die mehr meint als | |
Lippenbekenntnisse, die sich mit dem Wort „Öko“ (gern mit dem Zusatz | |
versehen: „Aber gerecht muss es sein“) schmücken. | |
Der Streit auf dem taz lab ist [3][noch ausbaufähig], es war noch ein wenig | |
zu viel Einvernehmen um das Gute, Wahre und Schöne. In jeder Hinsicht ein | |
neuer Anfang war, jungen, osteuropäischen Stimmen eine Bühne zu geben, | |
besonders solchen, die darauf bestanden, nicht Opfer irgendeines | |
„Westsplaining“ zu werden, von Belehrsamkeit westlicher, vergleichsweise | |
wohlhabender Stimmen gegenüber jenen, die zwischen Lwiw und Mariupol um | |
ihre politische Würde kämpfen. | |
Eine Linke, die sich auf die Sehnsüchte der ukrainischen | |
Demokratiekämpfer*innen – zu denen unbedingt ihre unterdrückten | |
russischen Geschwister zählen – nicht einlässt, kann kein Gewicht mehr | |
beanspruchen. Das ist, wenn überhaupt, die Lektion des taz lab 2022. | |
1 May 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Liveticker-zum-Nachlesen/!5586032 | |
[2] /Desinformation-im-Netz/!5808930 | |
[3] /Deniz-Yuecel-neuer-PEN-Praesident/!5807386 | |
## AUTOREN | |
Jan Feddersen | |
## TAGS | |
taz lab 2024 | |
Linke | |
Meinungsfreiheit | |
Diskurs | |
Kolumne Die Nafrichten | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Schwerpunkt Pressefreiheit | |
Innensenatorin Iris Spranger | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Streitkultur in Deutschland: Charmante Konservative gesucht | |
Unser Autor wünscht sich kluge, wortgewandte Konservative für den | |
gepflegten Streit. Doch bisher sucht er vergeblich. | |
Pressefreiheit und ihre Voraussetzungen: Das Recht auf eine eigene Meinung | |
Freie und unabhängige Medien brauchen Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit, | |
aber auch Spielregeln. Ein Recht auf „eigene Fakten“ zählt nicht dazu. | |
Günter Wallraff über Julian Assange: „Ein Tod auf Raten“ | |
Günter Wallraff sieht starke Parallelen zwischen dem Wikileaks-Journalisten | |
Julian Assange und dem russischen Dissidenten Alexei Nawalny. | |
Senat sieht sich gut vorbereitet: Es soll ohne Wasserwerfer gehen | |
Für Iris Spranger (SPD) ist es der erste 1. Mai als Innensenatorin, rund | |
5.000 Polizisten sollen im Einsatz sein. |