| # taz.de -- Diskussion um Lebensmittel-Spenden: Aufschnitt für alle | |
| > Niemand sollte gezwungen sein, von abgelaufenen Lebensmitteln satt zu | |
| > werden. Denn das Mindeshaltbarkeitsdatum ist Teil unserer Esskultur. | |
| Bild: Geht der noch? Nutzer*innen der Tafel müssen sich das öfter fragen | |
| Ein Joghurt, der fünf Tage drüber ist? Das kann man doch noch essen, wird | |
| der ein oder andere Leser denken. Denn das Mindeshaltbarkeitsdatum ist kein | |
| Verbrauchsdatum und sagt nur, bis wann der Hersteller eine gewisse Qualität | |
| garantiert. Also mit dem Finger reinstippen und schmecken oder daran | |
| riechen. | |
| Nur ist das ist nicht jedermanns Sache. Nicht jeder traut sich zu, den | |
| Unterschied zwischen „noch gut“ oder „nicht mehr gut“ zu erkennen. Nicht | |
| jeder mag das. Manchen ekelt es. Es ist Teil unserer Esskultur, auf diese | |
| Mindeshaltbarkeitsdaten zu vertrauen. Wer freiwillig zugreift bei | |
| abgelaufenen Produkten, mag das tun. Nur sollte niemand darauf angewiesen | |
| sein, weil er arm ist. | |
| An den Tafeln engagieren sich Ehrenamtliche in freundlicher Weise. Sie | |
| stehen an vorderster Front der Armutsbekämpfung und tun ihr Bestes. Aber es | |
| muss im Sozialstaat möglich sein, dass die Menschen [1][auch ohne die | |
| Tafeln satt] werden. Der Kaufkraftverlust durch gestiegene Preise gehört | |
| sofort ausgeglichen. Hier ist der Staat gefordert. Denn kosten Nudeln 30 | |
| Cent mehr, ist das für Reiche ein Witz, für Arme ein Drama. | |
| Es kann gut sein, dass es wegen Corona der praktikabelste Weg ist, die | |
| Tafel-Lebensmittel in Tüten zu verteilen. Die Pandemie ist eine zugespitzte | |
| Situation. Aber es ist gut, dass in Hamburg die meisten Ausgabestellen | |
| wieder die Menschen die Sachen aussuchen lassen. So können sie auch selbst | |
| entscheiden, ob sie in ihren Taschen abgelaufene Lebensmittel nach Hause | |
| tragen. | |
| Die Tafeln haben das Ziel, Lebensmittel zu retten und Bedürftigen zu | |
| helfen. Also zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wenn man nun hört, | |
| dass die Supermärkte besser planen und versuchen, weniger Reste zu haben, | |
| ist das erfreulich, bedeutet aber erst recht, dass wir Armut anders | |
| bekämpfen müssen. | |
| 7 May 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
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