Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Kurznachrichtendienst Mastodon: Ist Mastodon das bessere Twitter?
> Seit Musks Twitter-Kauf explodieren beim Konkurrenten Mastodon die
> Nutzerzahlen. Der Dienst wirbt für ein besseres digitales Miteinander.
Bild: Namensgebend für die Twitter-Alternative Mastodon ist ein urzeitliches R…
In der Woche, in der bekannt wurde, dass der Superreiche [1][Elon Musk
vermutlich Twitter] kaufen wird, schnellten die Account-Zahlen eines
anderen Mikroblogging-Dienstes in die Höhe: Mastodon zählte in jener Woche
laut eigenen Angaben [2][141.000 neue Accounts]. Zum Vergleich: In den drei
Wochen zuvor waren es insgesamt nur 35.000 Neuanmeldungen. Inzwischen
finden sich bei Mastodon mehr als [3][5 Millionen Nutzer*innen] – fast
nichts im Vergleich zu den 217 Millionen Accounts, die im 4. Quartal 2021
täglich bei Twitter aktiv waren.
Der Grund für den Zuwachs dürfte vor allem Angst vor den Veränderungen
sein, die Elon Musk unter Umständen bei Twitter vornehmen wird. Und ein
genereller Unwille, die eigenen Daten und Zeit einem Dienst zu geben, der
von einer einzigen Person bestimmt werden kann. Mastodon lässt die
User*innen hoffen auf eine etwas bessere digitale Gesellschaft. Denn
Mastodon ist nicht an eine einzige Person gebunden, ist kein Konzern, der
Daten verkauft.
Stattdessen hat sich Eugen Rochko, der Jenaer, der Mastodon 2016 gründete,
etwas anderes ausgedacht: ein dezentrales Netzwerk. Während Twitter,
Facebook, Instagram zentralisierte Plattformen sind, die sich mit den
Servern eines einzelnen Betreibers verbinden, nutzt Mastodon
unterschiedliche Server, die zu großen Teilen von Privatpersonen und
Vereinen angeboten werden. Diese Server werden auf Mastodon Instanzen
genannt und folgen ihren eigenen Regeln.
Wer einen Account anlegen möchte, muss bei Mastodon erst entscheiden,
welcher dieser Instanzen er beitreten möchte – und die sind oft mehr als
reine Bedarfsgemeinschaften. Viele Instanzen bieten einen Raum für
Communitys, manche für einzelne Regionen, andere für Programmierer*innen,
Sportler*innen, Menschen aus der LGBT*IQA-Community.
So werden sie zu Räumen, in denen man sich über Lebenswege,
Weltanschauungen oder Hobbys austauschen kann und in denen man, etwa als
Teil marginalisierter Gruppen, Sicherheit vor digitaler Gewalt erfahren
soll. Denn wer sich nicht an die Regeln der Instanz hält und zum Beispiel
gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit verbreitet, kann von der Instanz
ausgeschlossen werden. Die Instanz mastodon.social, auf der beinahe 700.000
Accounts sind, verbietet etwa Rassismus, Sexismus, Homo- und
Trans*feindlichkeit, Belästigung und das Teilen absichtlich falscher
Informationen.
## Differenzierung statt Polarisierung
Trotz des Instanzen-Systems: Der Weg in die größere Welt ist nicht
versperrt. Auf Mastodon gibt es mehrere Möglichkeiten, sich die Timeline
anzeigen zu lassen. Die persönliche Timeline zeigt nur Inhalte von
Accounts, denen man selbst folgt. Auf der sogenannten lokalen oder
föderalen Timeline kann man sich aber auch Beiträge von Accounts anschauen,
die in derselben Instanz unterwegs sind oder in assoziierten Instanzen.
Ansonsten funktioniert vieles wie bei Twitter. Ein Tweet heißt hier Tröt
(oder toot), man retweetet nicht, sondern man boostet. Und das Herzchen zum
Liken ist ein Stern. Allerdings darf man im Tröt bei Weitem mehr schreiben.
500 Zeichen stehen den Accounts bereit, bei Twitter sind es nur 280, was
teilweise zu stark vereinfachten, polarisierenden Beiträgen führt. Bei
Mastodon gibt es Platz, seine Gedanken dann doch etwas weiter auszuführen –
so man denn will und kann. Außerdem kann man mit einem einzigen Klick eine
Content Warnung (CW) hinzufügen, um andere Nutzer*innen darauf
aufmerksam zu machen, dass es im eigenen Beitrag um Themen geht, die sie
eventuell negativ emotional betroffen machen, wie etwa psychische
Erkrankungen oder Gewalterfahrungen. Was Mastodon nicht hat: Werbung. Denn
das Projekt muss keinen Gewinn erwirtschaften. Stattdessen finanzieren
Spenden über die [4][Plattform Patreon] die fortlaufende Entwicklung und
Verbesserung der Open-Source-Software.
Auch wenn das Folgen von Accounts den eigenen Horizont und die Timeline
weitet, haben die Interaktionen auf Mastodon weniger Wirkung auf das
Nutzungserlebnis als bei Twitter, denn Mastodon wählt nicht algorithmisch
auf Basis der User*innen-Präferenz aus, was sie*er zu sehen bekommt.
Stattdessen ist der Feed tatsächlich eine Timeline, chronologisch sortiert.
Und nicht nach den Prinzipien der Aufmerksamkeitsökonomie wie Likes.
4 May 2022
## LINKS
[1] /Twitter-Verkauf-an-Elon-Musk/!5847177
[2] https://twitter.com/joinmastodon/status/1520159407925043201
[3] https://bitcoinhackers.org/@mastodonusercount
[4] https://www.patreon.com/mastodon
## AUTOREN
Johannes Drosdowski
## TAGS
Netzkultur
Kultur im Internet
Internet
Twitter / X
Elon Musk
GNS
Mastodon
Elon Musk
Twitter / X
Elon Musk
Twitter / X
Schwerpunkt Meta
## ARTIKEL ZUM THEMA
Redefreiheit bei Twitter: Musk will Trump twittern lassen
Twitter verbannte den US-Ex-Präsidenten Donald Trump. Unter dem möglichen
neuen Besitzer Elon Musk könnte er die Plattform wieder nutzen.
Szenarien für Twitters Zukunft: Luxusyacht wäre einfacher gewesen
Elon Musk kauft Twitter, hypt das Recht auf freie Rede, und die neuen
EU-Plattformregeln stehen vor ihrer ersten Bewährungsprobe.
Twitter-Verkauf an Elon Musk: Hat es sich jetzt ausgezwitschert?
Es herrscht große Aufregung in der digitalen Gesellschaft und Wirtschaft,
denn es scheint sicher: Elon Musk kauft wohl Twitter. Aber warum
eigentlich?
Elon Musk kauft Twitter: Ein Twitter-Kommentar
Der Kurznachrichtendienst wird vom US-Milliardär geschluckt. Ist das nicht
schrecklich? Eine medienadäquat umfassende Einordnung von @uwiworks.
Digitales US-Netzwerk „Parler“: Hetzer suchen neues Zuhause
Das digitale Netzwerk Parler präsentiert sich als Alternative zu Twitter.
Vertreten sind dort vor allem rechte Verschwörungsideolog*innen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.