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# taz.de -- Deutsch-indische Beziehungen: Besuch aus Neu-Delhi
> Indiens Premier Modi beginnt in Deutschland eine Europatour. Was beide
> Länder eint: ihr kompliziertes Verhältnis zu Moskau.
Bild: Putin und Modi: Wo steht Indien im Krieg in der Ukraine?
Delhi/Berlin taz | Als die letzten [1][deutsch-indischen
Regierungskonsultationen 2019] stattfanden, hing dunkler Smog über Indiens
Hauptstadt Neu-Delhi. Indien und Deutschland seien füreinander gute und
verlässliche Handelspartner, betonte damals die Kanzlerin. An diesen beiden
Dingen hat sich seitdem nicht viel verändert.
Erst kürzlich war EU-Kommissionschefin [2][Ursula von der Leyen] in Indien
und stellte einen Handels- und Technologierat vor, zudem sollen die
Gespräche über ein Freihandelsabkommen fortgeführt werden, von dem
Deutschland als Exporteur von Maschinen und Autos profitieren könnte. Das
Abkommen ist Bestandteil eines Antrags der Fraktionen der CDU/CSU und SPD
von 2019, um die deutsch-indischen Beziehungen zu stärken.
Nun geht es mit bilateralen Gesprächen in Berlin weiter. Seit 2001 besteht
zwischen Deutschland und Indien eine strategische Partnerschaft. Im Rahmen
dessen werden am Montag Premierminister Narendra Modi (BJP) und
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den Vorsitz bei der sechsten Auflage der
deutsch-indischen Regierungskonsultationen übernehmen.
Aus Indien werden dafür Minister:innen der Finanzen, Außen wie Bildung
erwartet. Zuletzt wurden mehrere Abkommen unterzeichnet, unter anderem in
Bereichen des wissenschaftlichen Austauschs, nachhaltiger Mobilität und
künstlicher Intelligenz.
Scholz wird Modi mit militärischen Ehren im Bundeskanzleramt empfangen. Es
ist die erste Auslandsreise des indischen Regierungschefs in diesem Jahr,
die er für weitere EU-Besuche nutzen wird wie einem indisch-nordischen
Gipfel. Modi wolle „Möglichkeiten zur Förderung des Handels und der
Wirtschaft erörtern“. Er freue sich auch, die indische Diaspora zu treffen,
hieß es in einer Erklärung.
Getrübt wird Modis Europareise jedoch von der blockfreien [3][Haltung der
Regierung Indiens gegenüber Russland], das es als alten Freund ansieht und
mit dem es enge militärische Beziehungen pflegt. Diese
freundschaftlich-militärische Partnerschaft nahmen bereits der britische
Premierminister Boris Johnson und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der
Leyen bei ihren kürzlichen Indien-Besuchen ins Visier und boten gemeinsame
Rüstungsproduktion mit europäischem Know-how in Indien an. Großbritannien
hofft überdies auf ein eigenes Freihandelsabkommen mit Indien.
## Indien enthielt sich in der UN-Vollversammlung
Indien hatte sich zwar in der Dringlichkeitssitzung der UN-Vollversammlung
im März ebenso wie 34 weitere Staaten nicht dem Antrag angeschlossen, in
dem der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine verurteilt wurde. Auch
bei der Forderung nach einem sofortigen russischen Truppenabzug enthielt
sich Indien.
Dennoch ordnet man in der Bundesregierung Indien nicht ins Lager der
bedingungslosen Russlandfreunde ein, sondern sieht das Land in einer
Zwickmühle: die traditionell starke Bindung an Russland einerseits, sowohl
militärisch, wirtschaftlich und diplomatisch, andererseits die regionale
Konkurrenz zu China und das Interesse an einem guten Draht zu den
Demokratien im Westen.
Die Bundesregierung pflegt einen nachsichtigen Umgang mit Indien und bemüht
sich um gute Beziehungen. So will Bundeskanzler Olaf Scholz mit dem
indischen Premier Narendra Modi eine Partnerschaft für grüne und
nachhaltige Entwicklung besiegeln. Erste Kooperationen in diesem Bereich
gibt es bereits. Deutschland will Indien mit Milliardenbeträgen beim Ausbau
erneuerbarer Energien unterstützen, sowohl im Bereich Sonnen- und
Windenergie als auch Grüner Wasserstoff. Der Strombedarf in Indien wächst.
Derzeit bleibt das Angebot dahinter aber zurück, wie Stromausfälle aktuell
während der Hitzewelle verdeutlichen. Auch bei der nachhaltigen
Landwirtschaft will man zusammenarbeiten.
Man brauche Indien als Partner beim Klimaschutz, beim Kampf um den Erhalt
der Biodiversität und gegen Plastikmüll, heißt es aus Regierungskreisen in
Berlin. Indien wird auch als Gast zum G7-Treffen Ende Juli im deutschen
Elmau erwartet.
Indien Russlands Einfluss zu entziehen, wird keine leichte Aufgabe, nachdem
Teile der deutschen Politik ebenfalls ihre Probleme damit haben. Was Indien
in die Karten spielt, ist, dass sich seit den letzten
Regierungskonsultationen die deutsche Sicht auf Asien durch die Pandemie
verändert hat. In den vergangenen 20 Jahren fokussierte sich Deutschland
sehr stark auf China, das ändert sich allmählich. Indien gilt als zentraler
Partner der deutschen und europäischen Außenpolitik im Indopazifik und die
Regierung Modi hat Interesse, Investitionen wie Joint Ventures ins Land zu
holen und den Export zu stärken.
2 May 2022
## LINKS
[1] /Merkel-in-Indien/!5637938
[2] /Von-der-Leyen-in-Indien/!5847061
[3] /Indiens-Reaktionen-auf-Putins-Krieg/!5838065
## AUTOREN
Natalie Mayroth
Anna Lehmann
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