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# taz.de -- Landesgartenschau in Brandenburg: Beelitz mal (fast) spargelfrei
> Die Landesgartenschau schließt sich an den mittelalterlichen Stadtkern
> an. Beelitz gewinnt dadurch viel Grün – und arbeitet an seinem Image.
Bild: Ein Bild wie aus der Werbung: Blumen und Besucher auf der Landesgartensch…
Beelitz/Berlin taz | Beelitz hat sich vom Spargel emanzipiert. Natürlich
gibt es ihn beim täglichen Regionalmarkt rund um die Pfarrkirche – weiß,
violett, bio, dick und dünn. Auch auf hölzerne Spargelstelen, die Köpfe
bunt angemalt, wollte man nicht verzichten. Ansonsten aber ist die
brandenburgische Landesgartenschau (Laga), die in diesem Jahr in Beelitz
stattfindet, weitgehend spargelfrei. Ein Glück.
Denn Beelitz hat weit mehr zu bieten als den dortigen Spargel. Als ob es in
den Weiten der Mark läge und nicht im Potsdamer Einzugsgebiet, ist die
13.000 Einwohnerinnen und Einwohner fassende Stadt im Landkreis
Potsdam-Mittelmark von zahlreichen Wiesen umgeben. Einige von ihnen sind im
Süden der Stadt, rechts und links der Nieplitz, nun dazugekommen. Sie
bilden einen Teil der Flächen der Landesgartenschau.
„Garten für alle Sinne“ heißt das Motto der Laga: Das hört sich etwas
beliebig an angesichts dessen, was die Schau zu bieten hat. Da ist zunächst
das ehemalige Wasserwerk aus den 1920er Jahren, das seit den 1970ern außer
Betrieb ist. Im Zuge der Laga wurde es zu einem begehbaren Wasserspiel samt
angrenzendem Festivalgelände umgestaltet. Auch eine Wassermühle am
ehemaligen Mühlenfließ wurde aufwändig restauriert. Das Mühlenfließ selbst,
seit den 1960er Jahren zugeschüttet, wurde nicht revitalisiert. Allerdings
markiert nun ein schmaler Kanal den ehemaligen Lauf und wird mit dem
parallelen Weg zur schönsten Promenade der Gartenschau.
Eine Revitalisierungsschau wie am Finowkanal in Eberswalde 2002 mit seinen
industriellen Hinterlassenschaften ist die Laga in Beelitz also nicht. Eher
eine Schau, bei der die Stadt viel Grün gewonnen hat. So wurden die Reste
von Garagen und ehemaligem Gewerbe im Süden der Stadt einfach weggeräumt.
Kein neues Leben in alten Gemäuern zeigt Beelitz, sondern ein weitläufiges
Areal, das vor allem von Themengärten, Streuobstwiesen, den Archegärten und
einem ausgedehnten Spielplatz- und Märchengelände geprägt ist.
Das Interessante dabei: Wer durch die nach der einstigen Archeinsel an der
Nieplitz benannten Archegärten geht oder entlang der Promenade am
Mühlenkanal flaniert, trifft nicht nur auf die Gärten der Laga, sondern
kann auch bei privaten Gärtnerinnen und Gärtnern über den Zaun blicken.
Immer wieder heißt es deshalb Umwege machen; immer wieder weist ein
dezentes Schild „privat“ darauf hin, dass es eine Grenze gibt zwischen
schon immer Garten und neuem Garten – und dennoch ist diese Grenze
fließend.
Keine dieser privaten Gärtnerinnen hat sich hinter Hecken verschanzt, alle
lassen sich beim Werkeln zuschauen. Ohne Inszenierung zu sein, sind sie
Teil dieses urbanen und landschaftlichen Gewebes, das vor allem von einem
erzählt: gärtnerischem Stolz und einer Offenheit einem Event gegenüber, das
andernorts vielleicht auch Fragen aufwerfen würde.
Aber der parteilose Bürgermeister Bernhard Knuth hat schon vorgesorgt. Seit
Jahren wird für jedes Kind, das in Beelitz geboren wird, ein Obstbaum
gepflanzt. Und der Bürgermeister ist immer dabei. So sind nicht nur die
Streuobstwiesen in den Archegärten mit der Zeit gewachsen, sondern auch die
Verbundenheit der Bewohner mit ihrer Stadt.
Sechs Millionen Euro hat die Stadt für die Landesgartenschau ausgegeben,
dazu kamen noch einmal 16 Millionen Euro vom Land Brandenburg. Entsprechend
hoch sind die Erwartungen. Als Knuth zusammen mit Ministerpräsident Dietmar
Woidke (SPD) und Umweltminister Axel Vogel (Grüne) die Laga am 14. April
eröffnet hat, war von 425.000 Besucherinnen und Besuchern die Rede, die bis
zum 31. Oktober auf dem 15 Hektar großen Gelände erwartet werden.
Sie erwarten nicht nur ein Blütenmeer, für das 160.000 Frühblüher und
57.000 Stauden gepflanzt und 1,2 Millionen Blumenzwiebeln gesteckt wurden,
sondern auch ein neues Erleben von Stadt und Garten. Denn so wie die
privaten und die öffentlichen Gärten Hand in Hand gehen, verschwinden auch
die Grenzen zwischen mittelalterlichem Stadtkern und Laga-Gelände.
Spektakulär, weil auf den ersten Blick verborgen, ist der Stadteingang in
der Poststraße. Es geht durch das Tor der Alten Posthalterei oder durch die
Tourismusinformation in einen weitläufigen Hinterhof mit Gartenwirtschaft.
Hier weiß man plötzlich nicht mehr, ob das jetzt ein Altstadtcafé ist oder
ein Gartencafé. So bekommt der Begriff der Gartenstadt in Beelitz plötzlich
eine ganze neue Bedeutung.
Ganz ohne Spargel geht es allerdings auch hier nicht. Gleich neben dem Café
befindet sich das Beelitzer Spargelmuseum. Und im Programmheft sind
zahlreiche Spargelrezepte abgedruckt.
26 Apr 2022
## AUTOREN
Uwe Rada
## TAGS
Beelitz
Landesgartenschau
Tourismus
Niedersachsen
Kolumne Starke Gefühle
Spargel
Brandenburg
Eröffnung
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