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# taz.de -- Oligarchen im finnischen Sport: Beflecktes Eis
> Helsinkis Eishockey löst sich von seinen Investoren aus Russland. Die
> größte Eishalle des Landes bleibt ungenutzt. Auch sie gehört Russen.
Bild: Finnisch-russische Eishockey-Show: Ein Spieler von Jokerit Helsinki in de…
Stockholm taz | Zur Eishockey-Weltmeisterschaft 1997 ist in Helsinki
Finnlands damals größte Hallenarena eingeweiht worden. Die Hartwall-Arena
sollte auch in diesem Jahr Austragungsort der Eishockey-WM sein, die vom
13. bis 29. Mai in Finnland stattfindet. Daraus wird nichts. Die
ursprünglich für diese Arena vorgesehenen Spiele werden nun in der
kleineren und älteren Helsingin Jäähalli ausgetragen. Auch die
Eiskunstlauf-EM im Januar nächsten Jahres wurde in eine andere Arena
verlegt.
Technische Mängel sind sind nicht der Grund dafür, dass die Halle nicht
genutzt wird. Seit Beginn von Russlands Krieg in der Ukraine hat sie die
falschen Eigentümer. Deshalb heißt sie auch nicht mehr Hartwall-Arena. Der
Namenssponsor, die Hartwall-Brauerei, will nicht mehr mit den beiden
russischen Oligarchen Gennadi Timtschenko und Roman Rotenberg in Verbindung
gebracht werden. Sie sind Anteilseigner der Halle und kontrollieren de
facto die Arena-Gesellschaft. Schon am 2. März wurde der Schriftzug der
Brauerei von der Fassade entfernt.
Timtschenko und Rotenberg gelten als enge Vertraute von Russlands Präsident
Wladimir Putin. Beide haben ihre Vermögen vor allem im Erdgassektor gemacht
und beide spielen eine [1][führende Rolle im russischen Eishockey] – beim
Spitzenklub Ska Sankt Petersburg und in der 2008 gegründeten „Kontinentalen
Hockey-Liga“ (KHL). Sie besitzen neben ihrer russischen auch die finnische
Staatsangehörigkeit.
2013 stiegen Timtschenko und die Brüder Arkady und Boris Rosenberg – Onkel
und Vater von Roman Rosenberg – auch ins finnische Eishockey ein. Sie
kauften die nunmehrige Hartwall-Arena, Heimat des Eishockeyklubs
[2][Jokerit Helsinki], dessen Anteilseigner sie zudem wurden.
Seit 2014 spielte Jokerit statt in der finnischen Liga in der KHL. Von der
Putin-Liga schrieb damals die Tageszeitung Helsingin Sanomat: „Die KHL ist
auch ein politisch wichtiger Faktor.“ Sie zu fördern, sei für Russlands
Oligarchen eine Art „gesellschaftliche Pflicht“. Sie könnten Putin „durch
die Aufrechterhaltung der Erfolgsstory der KHL ihre Dankbarkeit für das
Wohlwollen zeigen, das ihre Wirtschaftsimperien genießen“.
## Ungeliebte „Putin-Liga“
Viele Jokerit-Fans kehrten dem Klub den Rücken. Immer wieder gab es
Komplikationen wegen der russischen Anteilseigner, als diese auf
Sanktionslisten der USA oder der EU landeten. 2014 und 2015 erhielten die
Spieler ihre Lohnzahlungen oft erst mit Verspätung, weil nach der Besetzung
der Krim durch Russland nacheinander mehrere Banken die
Geschäftsbeziehungen mit Jokerit aufkündigten.
„Jokerit muss sofort die KHL verlassen“, forderte die Fanvereingung
Eteläpääty, schon nachdem Putin am 21. Februar die Anerkennung der
Volksrepubliken Donezk und Luhansk durch Moskau angekündigt hatte, und man
drohte einen Boykott künftiger KHL-Spiele an. Ohne die Kriegshandlungen
konkret als Grund zu erwähnen, teilte die Jokerit-Führung einen Tag nach
Kriegsbeginn mit, „unter den gegebenen Verhältnissen“ sei die laufende
KHL-Saison für den Klub beendet.
Offiziell verließ Jokerit dann am 5. April die KHL. In der vergangenen
Woche wurde dann die Eigentümerstruktur verändert. Nun gehört der Klub
nicht mehr dem russischen Milliardär Wladimir Potanin, der 2019 bei Jokerit
eingestiegen war. Der Besitzer des Nornickel-Konzerns, der nach der
aktuellen [3][Bloomberg-Liste] reichste Mann Russlands, hat inzwischen
keinen Einfluss mehr auf den Klub.
In der kommenden Saison will der indessen wieder in der finnischen Liga
spielen. Nachdem sich Dinamo Riga Ende Februar aus der KHL zurückgezogen
hat, ist die Liga [4][auf 22 Mannschaften geschrumpft], so wenige wie noch
nie seit ihrer Gründung 2008. Mit Nur-Sultan, Dynamo Minsk und dem
chinesischen Klub Kunlun Red Star spielen nur noch drei Vereine in der KHL,
die nicht in der Russischen Föderation beheimatet sind.
Die [5][Helsinki-Halli], wie die frühere Hartwall-Arena inzwischen heißt,
steht derweil leer. Zunächst bis Ende August wurden alle geplanten
Veranstaltungen gecancelt. Die Stadt Helsinki würde sie gerne baldmöglichst
wieder nutzen, erklärte Bürgermeister Juhana Vartiainen vergangene Woche im
finnischen Fernsehen: „Die Stadt läuft ansonsten Gefahr, viele
Großveranstaltungen zu verlieren.“
Einfach abkaufen könne man sie den russischen Oligarchen ja nicht, weil man
aufgrund der Sanktionen keine Geschäfte mit ihnen machen dürfe. Ein
Konkursverfahren könnte eine Lösung sein. Wenn die Arena-Gesellschaft ihre
Steuern und Abgaben nicht mehr zahlen kann, könnte es einen Neuanfang für
die größte Mehrzweckhalle Helsinkis geben.
18 Apr 2022
## LINKS
[1] /Eishockey-in-Russland/!5833739
[2] https://www.jokerit.com/
[3] https://www.bloomberg.com/billionaires
[4] /Exodus-von-Sportlern-aus-Russland/!5838132
[5] https://helsinkihalli.fi/
## AUTOREN
Reinhard Wolff
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