# taz.de -- Mindestalter für Eiskunstläuferinnen: Physisch und psychisch übe… | |
> Das Olympia-Drama um die 15-jährige russische Eiskunstläuferin Walijewa | |
> bewegte viele. Nun soll es ein höheres Mindestalter geben. | |
Bild: Kamila Walijewa versagten nach Dopingvorwürfen auf dem Eis die Nerven �… | |
Die Internationale Eislaufunion ISU will auf ihrem am Montag beginnenden | |
Kongress im thailändischen Phuket die Altersgrenze für EiskunstläuferInnen | |
anheben, die an internationalen Wettkämpfen im Seniorenbereich teilnehmen | |
dürfen. Die Grenze liegt derzeit bei 15 Jahren und soll bis zu den | |
Olympischen Spielen 2026 in zwei Schritten auf 17 Jahre angehoben werden, | |
wobei sich in der nächsten Saison erst einmal nichts änderte. Ausgenommen | |
sind Paarläuferinnen und Eistänzerinnen, die mindestens 16 Jahre alt sein | |
sollen. | |
Damit reagiert die ISU auf [1][die große Aufregung bei den Olympischen | |
Winterspielen i]n Peking rund um die 15-jährige Russin Kamila Walijewa. | |
Während der Spiele war bekannt geworden, dass Ende 2021 in Walijewas Urin | |
ein verbotenes Herzmittel gefunden wurde. Die Sportlerin wurde wegen der | |
besonderen Schutzbedürftigkeit der Minderjährigen nicht vom olympischen | |
Wettbewerb ausgeschlossen. Die Entscheidung über eine möglicherweise | |
nachträgliche Suspendierung der Sportlerin steht noch aus. | |
Aber auch unabhängig von dem Dopingfall wird seit Jahren über eine Anhebung | |
der Altersgrenze diskutiert. Bei den Frauen betreten [2][jedes Jahr neue | |
15-jährige Wunderkinder das internationale Eis], die mit immer | |
schwierigeren Sprüngen und Pirouetten internationale Wettbewerbe gewinnen. | |
Viele von ihnen beenden nach etwa zwei Jahren ihre Karriere. Das ist der | |
Zeitpunkt, zu dem der Körper weibliche Formen bekommt. Dadurch ändern sich | |
die Drehmomente, und die Sportlerin schafft die schwierigen Sprünge mit | |
dreieinhalb oder vier Umdrehungen um die eigene Achse nicht mehr. Die Folge | |
sind oft ernsthafte körperliche und psychische Probleme, beispielsweise | |
Essstörungen. | |
„Mit 15 Jahren im Seniorenbereich zu debütieren scheint die Sportlerinnen | |
nicht zu einer langen Karriere im Sport zu motivieren“, begründet die ISU | |
ihren Antrag. „Um das Interesse der Medien und des Publikums zu wecken, | |
braucht unser Sport aber Athleten, die den Sport über einen längeren | |
Zeitraum repräsentieren.“ | |
## Erhebliche Verletzungsgefahr beim Eiskunstlauf | |
Die ISU hat in ihrem Antrag, umfangreiche medizinische Studien ausgewertet. | |
Die kommen zu dem Ergebnis, dass für die Athletin ein hohes | |
Gesundheitsrisiko besteht, wenn sie bereits im Alter von 15 Jahren auf | |
Höchstleistungen getrimmt wird, die sie später nicht wiederholen kann. | |
Zitierte Studien weisen beispielsweise nach, dass eine Spitzensportlerin | |
den Eintritt in die Pubertät um durchschnittlich zwei Jahre verzögern kann, | |
bedingt durch intensives Training und Stress und – bei ästhetischen | |
Sportarten wie Eiskunstlauf zusätzlich – Mangelernährung. | |
Aber auch Skellett, Muskelmasse und die Bewegungskoordination seien in | |
diesem Alter noch nicht vollständig ausgebildet, was bei intensivem | |
Leistungssport eine erhebliche Verletzungsgefahr in sich berge, wenn man | |
gerade dann ein schmales Zeitfenster hat, um seine sportlichen | |
Höchstleistungen abzurufen. Können Sportlerinnen zudem im Erwachsenenalter | |
nicht mehr an die mit 15 Jahren gezeigten Leistungen anknüpfen, bringe das | |
der ISU zufolge auch „psychische Verletzungen“ wie Burn-out und | |
Essstörungen mit sich. | |
Befassen muss sich der ISU-Kongress auch [3][mit dem Ausschluss von | |
Russland und Belarus von internationalen Wettkämpfen]. Den hatte die ISU | |
nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine „bis auf Weiteres“ verhängt. | |
Während international kaum Zweifel bestehen, dass der Ausschluss nicht | |
aufgehoben wird, machen sich russische SportlerInnen doch Hoffnung, in der | |
kommenden Saison wieder international starten zu dürfen. Unter den | |
absoluten LeistungsträgerInnen aus Russland hat bisher niemand verkündet, | |
in Zukunft für eine andere Nation antreten zu wollen. Nach dem ISU-Kongress | |
wird dies in der Fachwelt zumindest für zwei Top-Eistanzpaare diskutiert, | |
bei denen die Partnerin ohnehin neben der russischen eine weitere | |
Staatsangehörigkeit hat. | |
3 Jun 2022 | |
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[1] /Neuer-Akt-im-Eiskunstlauf-Drama/!5831688 | |
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## AUTOREN | |
Marina Mai | |
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