# taz.de -- Russisches Museum in Spanien: Die Kunst und der Krieg | |
> Es gibt Streit um das Russische Museum in Málaga. In der aktuellen | |
> Ausstellung „Krieg und Frieden“ sehen viele russische Propaganda. | |
Bild: Die Ausstellung „Krieg und Frieden“ im russischen Museum in Malága a… | |
„Krieg und Frieden“ heißt eine noch laufende Sonderausstellung des Museo | |
Ruso, des [1][Russischen Museums in Málaga]. Ausgestellt sind Werke | |
russischer und sowjetischer Künstler zwischen Kriegspropaganda, Kriegselend | |
und unterschwelliger Kritik am Krieg wie im Gemälde „Friede den Hütten, | |
Krieg den Palästen“, von Sofia Dímshits Tolstaia, um 1920. Für viele im | |
Stadtrat ist die seit einem Jahr laufende Ausstellung nun eine Provokation, | |
die unpassender nicht sein könnte. | |
Die einen – allen voran die sozialdemokratische PSOE – halten das Museum | |
für ein Instrument der Propaganda Russlands, der kriegsführenden | |
Staatsmacht. Andere – Künstler und Intellektuelle – halten die Schließung | |
für eine Instrumentalisierung der Kunst, eine dem Westen unwürdige Zensur. | |
Dass die nächste Ausstellung „suspendiert“ wird, ist inzwischen klar; ob | |
die jetzige Ausstellung noch bis zum 24. April bleibt, umstritten. | |
Das Russische Museum in Málaga ist eine Außenstelle des [2][Staatlichen | |
Museums Sankt Petersburg]. Eine staatliche russische Institution, die von | |
der Stadt Málaga subventioniert wird. Es wurde im März 2015 im Gebäude der | |
ehemaligen Tabakfabrik Tabacalera eröffnet und beherbergt die größte | |
Sammlung russischer Kunst außerhalb Russlands. | |
Zu den Höhepunkten der ständigen Ausstellung gehören Künstler wie Chagall, | |
Kandinsky oder Malewitsch, russische Avantgardisten, die einst Weltruhm | |
genossen, von den viele erst im Exil ihren künstlerischen Ausdruck fanden. | |
Dazu gibt es aktuell eine Hommage an Dostojewskis 200. Geburtstag, einen | |
Themenraum zu Wladimir Majakoswki, dem Dichter, der vom talentierten | |
Avantgardisten zum scheiternden Propagandisten wurde und letztlich am | |
System zerbrach. | |
Der 77-jährige Bürgermeister von Málaga, Francisco de la Torre von der | |
rechten Partido Popular, und der Direktor des Staatlichen Museums für | |
Russische Kunst in Sankt Petersburg, Wladimir Gusev, haben 2015 das | |
Protokoll der Zusammenarbeit zwischen den beiden Institutionen | |
unterschrieben. Es garantiert den Erhalt des Russischen Museums in der | |
Stadt Málaga bis mindestens zum Jahr 2035. | |
## Für russischsprachige Residenten und Marbellas Oligarchen | |
Die alte Königliche Tabakfabrik Málaga, in der sich das russische Museum | |
befindet, ist Eigentum der Stadt. Diese zahlt auch die Bestückung der Säle | |
durch die Sankt Petersburger. Rund 400.000 Euro waren es für die aktuellen | |
Ausstellungen. Und vor Kurzem noch war Málaga sogar im Gespräch über eine | |
Eremitage-Filiale. | |
Bürgermeister Torre wollte mit dem Museum auch den zahlreichen | |
russischsprachigen Residenten und Marbellas Oligarchen gefallen. Alles für | |
den Tourismus in dieser vom Tourismus verwöhnten Region zwischen Málaga und | |
Marbella. Dafür überreichte ihm 2018 Putin die Puschkin-Medaille „für die | |
Verbreitung der russischen Kultur in der Welt“. So viel Ehre sehen heute | |
viele als Schande. Er solle die Medaillen nun zurückgeben, fordern einige | |
im Stadtrat. | |
Gut 2.800 Russen sind allein im nahegelegen [3][Marbella] an der Costa del | |
Sol gemeldet. Einer der teuersten Badeorte Spaniens. In Symbiose mit den | |
Russen wohnen fast so viele Ukrainer. „Viele Ukrainer arbeiten bei den hier | |
lebenden Russen“, sagt Ricardo Sánchez Bocanegra im Interview mit der | |
Zeitschrift El Confidencial. „Sie sind Gärtner, Handwerker, | |
Hausangestellte.“ | |
Bocanegra ist Gründer des spanischen Dachverbands der Vereinigung | |
ausländischer Residenten (FAECOSOL) und langjähriger Kenner der russischen | |
Community. Er glaube nicht, dass das russische Museum geschlossen werde, | |
sagt er im Interview. Dazu ziehe es zu viele Besucher an. Aber wie ist die | |
Stimmung in der russischen Community? | |
## Scham für Putins Handeln | |
„Scham und Besorgnis sind die dominierenden Gefühle. Alle, die ich spreche, | |
schämen sich für Putins brutalen Krieg gegen die Ukraine. Gleichzeitig | |
sorgen sie sich um ihr eigenes Überleben im sonnenverwöhnten Spanien“, weiß | |
Bocanegra. Mit gutem Grund: durch die Sanktionen der EU können sie ihre | |
russischen Kreditkarten nicht mehr nutzen und keine Überweisungen außerhalb | |
Russlands tätigen. Nicht nur die goldene Visa ist wertlos, auch der Rubel | |
fällt. Viele, die sich hier niedergelassen haben hätten Angst, die | |
Eliteschulen ihrer Kinder nicht mehr bezahlen zu können, weiß Bocanegra. | |
Die Russen kamen ab 1995 an die Costa del Sol mit ihrem Image von Glamour, | |
Luxus und Geldprominenz. Sie kauften teure Immobilien, um zeitweise hier zu | |
leben. Viele ließen sich ganz in Spanien nieder. „Die Hauptkonten der | |
Russen, die sich hier niedergelassen haben, sind allerdings in Russland | |
oder anderswo, aber nicht in Spanien“, sagt Bocanegra. „Einige haben | |
versucht, hier geschäftlich aktiv zu werden. Meist erfolglos, bis auf | |
russische Frauen, die in Immobilien machen.“ | |
Die reichen Russen bangen um das gute Leben und ihre Yachten an spanischen | |
Stränden. Die spanische Regierung kann ihre Yachten konfiszieren, solange | |
der Krieg in der Ukraine andauert. Vier Tage nach Beginn des Krieges in der | |
Ukraine wurden im Hafen von Barcelona die pompösen Hochsee-Yachten | |
russischer Oligarchen beschlagnahmt. Die russischen Oligarchen Petr Aven | |
(Besitzer der Alfa Bank, der größten russischen Geschäftsbank), Michail | |
Fridman (Aufsichtsratschef der Alfa Group) und Alexey Mordaschow | |
(Großaktionär von TUI) wollen gegen die von der EU verhängten Sanktionen | |
vor Gericht klagen. Sie behaupten, sie hätten mit Putins Politik nichts zu | |
tun. | |
In den letzten Jahren habe sich das Interesse der Investoren von Marbella | |
nach Málaga verschoben, weiß Bocanegra. Viele, die sich in Marbella mit | |
seinem Luxusimage niedergelassen haben, hätten nun Häuser in Málaga | |
erworben. Auch wenn Marbella eine internationale Klientel hat, Málaga ist | |
angesagt, herausgeputzt. Es ist lebendig. Und es setzt auf Kultur, zu | |
Beispiel mit seiner Museumslandschaft. | |
Málaga hat sich zu einer Museumsstadt entwickelt. Mit insgesamt 37 Museen, | |
von denen sich die meisten im historischen Zentrum befinden, gehört Málaga | |
zu den Städten, die in ihrer Altstadt die höchste Museumsdichte aufweisen. | |
Bedeutend ist vor allem das Picasso-Museum, Picasso wurde 1881 in Málaga | |
geboren, und das Museum Carmen Thyssen mit seiner Sammlung andalusischer | |
Maler aus dem 19. Jahrhundert. | |
Und das russische Museum? Ist es ein Aushängeschild für Putins Krieg oder | |
könnte es dessen Opfer werden? „Wie wäre es, wenn die aktuelle Ausstellung | |
ein bisschen zusammenrückt und ergänzt wird mit Werken aktuell verfolgter | |
russischer Künstler und ihrer ukrainischen Kollegen?“, schlägt Marco | |
Schicker in den [4][Costa Nachrichten] vor. „Und damit der gleichsam | |
verlogene Westen sich nicht in Selbstgerechtigkeit suhlen kann, nehmen wir | |
kurdische, syrische, palästinensische Künstler oder Berichte afghanischer | |
Übersetzer oder Studentinnen gleich dazu und stellen Fotos von im | |
Mittelmeer ertrunkenen „Schwarzafrikanern“ den Bildern der großen | |
Anteilnahme für die ukrainischen Kriegsflüchtlinge gegenüber? Wenn das den | |
Towarischi Kunstwächtern in Sankt Petersburg nicht passt, können die ihre | |
Werke gerne abholen und sich damit selbst entblößen. Es ist nur zu | |
fürchten, dass das auch einigen im Westen nicht passen würde.“ | |
Eine gute Idee. Dem touristischen Dasein Málagas mit seinem kosmopoliten | |
Anspruch würde das einen echt weltoffenen, avantgardistischen Flair | |
einhauchen. | |
6 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.coleccionmuseoruso.es/ | |
[2] https://www.rusmuseum.ru/ | |
[3] /Spaniens-Hauptstadt-der-Korruption/!5534933 | |
[4] https://www.costanachrichten.com/kultur/russisches-museum-malaga-sanktionen… | |
## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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