| # taz.de -- Studie zu Spätaussiedler*innen: Mit Deutschland zufrieden | |
| > Zuwanderern aus der Sowjetunion wird häufig ein Hang zur AfD unterstellt. | |
| > Eine Studie untersucht ihre Einstellungen und wie gut sie integriert | |
| > sind. | |
| Bild: Mutter mit Kind nach ihrer Ausreise aus der UdSSR im Grenzdurchgangslager… | |
| Berlin taz | Menschen, die aus der ehemaligen Sowjetunion zugewandert sind, | |
| sind in Deutschland insgesamt gut integriert. Politisch wählen sie | |
| konservativer als andere Zuwanderergruppen. Das zeigt eine neue Studie, die | |
| der Sachverständigenrat für Migration und Integration und das Bundesamt für | |
| Migration und Flüchtlinge am Donnerstag vorlegten. | |
| Aktuell leben 2,6 Millionen Menschen in Deutschland, die vor allem in den | |
| neunziger Jahren aus der ehemaligen Sowjetunion zugezogen sind. Sie sind | |
| zwar nach den Türkeistämmigen die größte Bevölkerungsgruppe mit | |
| Migrationserfahrung – trotzdem [1][tauchten sie in den | |
| Bevölkerungsstatistiken] bislang nur spärlich auf. | |
| Die Studie untersucht nun, wie und wo Spätaussiedler*innen in | |
| Deutschland leben und arbeiten, wie sie sozial integriert sind, wen sie | |
| wählen und welche Medien sie konsumieren. Die Autor*innen werteten dazu | |
| Daten aus dem Mikrozensus des Statistischen Bundesamts von 2019 sowie aus | |
| dem Integrationsbarometer des Sachverständigenrats von 2018 und 2020 aus. | |
| Auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt sind Spätaussiedler*innen in | |
| Deutschland der Studie zufolge sehr gut integriert: 83 Prozent der Menschen | |
| sind erwerbstätig; die Quote liegt ähnlich hoch wie unter Deutschen ohne | |
| Migrationserfahrung. Gleiches gilt für das Bildungsniveau. Das | |
| durchschnittliche Einkommen liegt im mittleren Bereich. Die meisten | |
| Spätaussiedler*innen leben in mittelgroßen Städten in Westdeutschland. | |
| Sie sind häufiger im Besitz von Immobilien als Zugewanderte aus anderen | |
| Ländern. | |
| In Hinblick auf die soziale Integration zeigt die Studie, dass der Großteil | |
| der Spätaussiedler*innen in Freundes- und Bekanntenkreise mit Menschen | |
| ohne Migrationserfahrung eingebunden sind. Mehr als 90 Prozent gaben an, | |
| sich mit Deutschland identifizieren zu können. Diskriminierungserfahrungen, | |
| wie sie etwa [2][Deutschrussen aktuell in Bezug auf den Ukraine-Krieg] | |
| erleben, wurden kaum berichtet. | |
| ## Neigung zur AfD „mehr als nur ein Klischee“ | |
| Mit den politischen Verhältnissen in Deutschland sind sie den Ergebnissen | |
| zufolge mehrheitlich zufrieden, mit denen im jeweiligen Herkunftsland eher | |
| unzufrieden. Gewählt würden vor allem die Unionsparteien: Bei einer | |
| Befragung 2018 gaben 36 Prozent an, CDU und CSU zu präferieren. Dahinter | |
| folgte die Linke mit 12 Prozent. | |
| Außerdem sei die Neigung der Spätaussiedler*innen aus dem | |
| (post-)sowjetischen Raum zur AfD „mehr als nur ein Klischee“, heißt es in | |
| der Studie. Zehn Prozent der [3][Befragten gaben 2018 an, die AfD zu | |
| wählen.] Damit setzten sich die Spätaussiedler*innen von anderen | |
| Zuwanderer*innen ab, die so gut wie nie rechtspopulistisch wählten. | |
| Auch bei den Themen Flucht und Asyl ergibt sich ein eher konservatives | |
| Bild: Spätaussiedler*innen sind dem Thema Migration gegenüber | |
| insgesamt skeptischer als andere Zuwanderer*innen – aber auch als | |
| Menschen ohne Migrationshintergrund. | |
| ## Weniger Vertrauen in Medien des Herkunftslandes | |
| Zu der Frage, wie Spätaussiedler*innen aktuell etwa mit russischer | |
| [4][Kriegspropaganda umgehen, die über die staatlichen Medien] verbreitet | |
| wird, kann die Studie nichts aussagen. Allerdings heißt es zu den Daten von | |
| 2018 und 2020: „Es lassen sich keine Hinweise dafür finden, dass | |
| postsowjetische Spätaussiedlerinnen und -aussiedler massenhaft prorussische | |
| und europakritische Sichtweisen russischsprachiger Medienformate unkritisch | |
| übernehmen.“ | |
| Dass sie den Nachrichtenkanälen aus ihrem Herkunftsland vertrauten, gibt | |
| etwa ein Viertel der Spätaussiedler*innen an. Die Autor*innen | |
| weisen darauf hin, dass das jedoch deutlich weniger sind als bei | |
| Migrant*innen aus anderen Ländern, wo etwa 40 Prozent der | |
| Zuwanderer*innen den Medien ihres Herkunftslandes vertrauen. | |
| 2 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jette Wiese | |
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