# taz.de -- Studie zu Wahlerfolgen rechter Parteien: Annäherung stärkt die Re… | |
> Gemäßigte Parteien versuchen oft, den rechten Rand zu schwächen, indem | |
> sie dessen Themen übernehmen. Eine Studie zeigt: Erfolg hat das selten. | |
Bild: Sarkozy versuchte erfolglos 2017 Marine Le Pen mit ihren eigenen Mitteln … | |
Berlin taz | Rechtsradikale Parteien werden eher gestärkt als geschwächt, | |
wenn etablierte Parteien versuchen, sich für den rechten Rand attraktiv zu | |
machen. [1][Das ergibt eine neue Studie] der Politikwissenschaftler Denis | |
Cohen (Uni Mannheim), Werner Krause (Uni Wien) und Tarik Abou-Chadi (Uni | |
Oxford). Untersucht haben sie die Effektivität von Anpassungsstrategien | |
anhand von Wahl- und Umfrageergebnissen aus zwölf westeuropäischen Ländern | |
in der Zeit zwischen 1976 und 2017. | |
Als Beispiel nennt Cohen im Gespräch mit der taz die französische | |
Präsidentschaftswahl 2017, die Ex-Präsident Sarkozy für ein politisches | |
Comeback nutzen wollte. Dabei versuchte er, die rechtsradikale Marine Le | |
Pen mit ihren eigenen Waffen zu schlagen und verwendete eine Rhetorik, die | |
so ähnlich auch vom rechtsradikalen Front National hätte stammen können. | |
Nun, 2022, hat es Marine Le Pen wieder in die Stichwahl geschafft und bei | |
den Wählerstimmen noch mal zugelegt. Sarkozy hingegen hat seine politische | |
Relevanz inzwischen komplett verloren. | |
Der Studie zufolge ist das kein Einzelfall: Versuche konservativer | |
Politiker:innen, sich für Wähler:innen am rechten Rand attraktiv zu | |
machen, misslingen mehrheitlich – auch in Deutschland und anderen | |
europäischen Ländern. Das Ergebnis liefert den Forscher:innen zufolge | |
keinen Beleg für die unter gemäßigten Politiker:innen weit verbreitete | |
Annahme, dass der Erfolg radikaler Rechter eine direkte Konsequenz von zu | |
zentralen Positionen moderater Parteien sei. | |
Oft versuchten die Gemäßigten, durch die Integrierung extremistischer | |
Kernthemen in den eigenen Diskurs extremistische Parteien zu schwächen, | |
sagt Cohen. „Dies kann sich im Einzelfall zwar auszahlen und zu | |
Stimmgewinnen auf Kosten der radikalen Rechten führen. Im Durchschnitt | |
schadet diese Strategie etablierten Parteien aber mehr, als sie ihnen | |
nützt.“ | |
## Seehofer als Beleg | |
Der Rechtsextremismusforscher Mattias Quent nennt den Seehofer-Merkel | |
Streit zur Geflüchtetendebatte von 2015 als einen solchen Fall: „Durch | |
ähnliche Argumente und gleiche Narrative hat Seehofer sich der AfD | |
angenähert und so stark zu deren Gesellschaftsfähigkeit und politischer | |
Erstarkung beigetragen“, sagte er der taz. So kritisierte der damalige | |
Bayerische Ministerpräsident scharf Merkels Willkommenspolitik. Es sollten | |
stattdessen Notmaßnahmen eingeleitet, Geflüchtete an der | |
deutsch-österreichischen Grenze direkt abgewiesen und monetäre | |
Unterstützung durch Essenspakete ersetzt werden. | |
Gemäßigte Parteien profitieren von solchen Strategien also nicht. Wenn, | |
dann legt die Studie nun das Gegenteil nahe: „Die Annäherung an | |
rechtsradikale Positionen ist keine gute Idee, weil sie mehr | |
Wähler:innen in die Arme der radikalen Rechten treibt als etablierte | |
Parteien umgekehrt zurückgewinnen können“, so Cohen. Die Legitimierung | |
eines rechtsradikalen Diskurses führte in Deutschland letztendlich zum | |
erstmaligen Einzug der AfD ins Parlament und schlechten Ergebnissen für die | |
CSU im Landtagswahlkampf 2018. | |
Es zeigt sich: Rechte Parteien könnten langfristig gestärkt werden, da | |
nicht nur ihre Themen, sondern auch ihre Positionen sich in der | |
Gesellschaft festigen. | |
25 Apr 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.cambridge.org/core/services/aop-cambridge-core/content/view/5C3… | |
## AUTOREN | |
Betania Bardeleben | |
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