# taz.de -- Neue Missbrauchsbeauftragte: Kerstin Claus folgt auf Rörig | |
> Kerstin Claus ist die neue Missbrauchsbeauftragte. Sie war viele Jahre | |
> Mitglied im Betroffenenrat und ist Expertin für das | |
> Opferentschädigungsgesetz. | |
Bild: Tritt ihr neues Amt am Freitag an: Kerstin Claus | |
Die neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung heißt Kerstin Claus. | |
Sie ist in dem Themenfeld keine Unbekannte, im Gegenteil, als Mitglied im | |
Betroffenenrat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen, der beim | |
Familienministerium angebunden ist, leistet sie seit vielen Jahren | |
Aufklärungsarbeit und kämpft für Anerkennung der Opfer auf vielen Ebenen, | |
vor allem für das [1][Opferentschädigungsgesetz]. Sie übernimmt das Amt, | |
nachdem der [2][bisherige Missbrauchsbeauftragte Johannes Wilhelm Rörig] | |
Ende Februar das Amt nach zehn Jahren und noch vor Ende der Amtsperiode | |
2024 abgegeben hatte. | |
Claus, 1969 in München geboren, ist Journalistin und systemische Beraterin, | |
insbesondere für den Bereich sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen. | |
Nach Rörig und der früheren SPD-Familienministerin Christine Bergmann, die | |
die Stelle 2010 nach dem Bekanntwerden des [3][massenhaften Missbrauchs in | |
der katholischen Kirche] mit ins Leben gerufen hatte, die erste | |
Missbrauchsbeauftragte, die [4][selbst diese Erfahrungen] machen musste. | |
Welche Schwerpunkte Claus im Amt, das sie am Freitag antritt, genau setzen | |
möchte, ließ sie bei ihrer Vorstellung am Mittwoch offen. Sie setze beim | |
Opferschutz und der Prävention künftig stark auf eine Kooperation von Bund, | |
Ländern und Kommunen, hob sie hervor: „Kinder werden vor Ort geschützt. Wir | |
brauchen starke Netzwerke.“ | |
## 14.500 angezeigte Fälle allein 2020 | |
Ein dringlicher Appell an die Politik. Ihr Vorgänger Rörig fühlte sich in | |
weiten Teilen von der damals regierenden Großen Koalition allein gelassen. | |
Oft mahnte er, die Politik nehme das Thema nicht ernst genug. Er beklagte, | |
zunehmend lauter und ungeduldiger, dass für den [5][Kinderschutz] mehr Geld | |
bereit gestellt werden müsse. Dass es mehr Beratungsstellen für Männer | |
brauche, die als Kinder Opfer geworden waren. Dass Prävention in der Schule | |
ein fester Bestandteil sein müsse. Dass verstärkt auf die Sportvereine | |
geschaut werden müsse. Dass es mehr Täterarbeit brauche. | |
[6][14.500 Fälle sexueller Gewalt] an Kindern wurden der Polizei im Jahr | |
2020 gemeldet. Die Weltgesundheitsorganisation schätzt, dass die Zahl | |
insgesamt um ein Vielfaches höher ist: Etwa eine Million Kinder und | |
Jugendliche in Deutschland haben bereits sexuelle Gewalt durch Erwachsene | |
erfahren haben oder erleben sie noch. Das sind rund ein bis zwei Kinder in | |
jeder Schulklasse. Die Dunkelziffer ist so hoch, weil viele Fälle erst gar | |
nicht angezeigt werden. | |
„Sexueller Missbrauch wird uns dauerhaft begleiten“, sagt Claus am | |
Mittwoch: „Sie ist eine reale Bedrohung.“ Claus weiß genau, wovon sie | |
spricht, sowohl als Betroffene als auch als Expertin sowie politische | |
Beraterin. Ihre Wahl ist dem Amt angemessen. | |
30 Mar 2022 | |
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## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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