| # taz.de -- Weißbier aus Bayern: Das Bier ist Banane | |
| > Die Unertl Weißbier-Brauerei verkaufte seinen Mühldorfer Betrieb 2021 | |
| > nach Aldersbach. Der neue Geschmack irritiert unseren Autor. | |
| Bild: Das Unertl Weißbier aus Bayern ist namhaft – und bananig | |
| Unertl ist ein Name wie Erdinger, Schneider oder Schöfferhofer. Hört man | |
| ihn, denkt man gleich an das hohe Glas mit dem bauchigen Kopf. Denn alle | |
| genannten Marken brauen obergärig und haben sich über Jahrzehnte auf die | |
| Arbeit mit Weizenmalz spezialisiert. Sie stehen für Weizen- beziehungsweise | |
| Weißbier, so wie man Bitburger oder Warsteiner mit Pils verbindet. | |
| Dass diese Brauwelten oft strikt getrennt sind, hat historische Gründe, die | |
| bis zum bayerischen Reinheitsgebot von 1516 zurückgehen. Denn weil darin | |
| nur bestimmte Zutaten fürs Brauen zugelassen waren – „allain Gersten, | |
| Hopffen und Wasser“ –, Weizen also nicht auftauchte, hatten sich die | |
| bayerischen Herzöge ein Monopol für das Weißbiergeschäft geschaffen, das | |
| sich als sehr einträglich für die Staatskasse erwies. Erst zum Ende des 19. | |
| Jahrhunderts begannen die Wittelsbacher, Lizenzen zu verteilen, meist an | |
| junge Gründer, und ließen sich das auch gut bezahlen, sodass die | |
| Weißbierbrauerei ein eigenes Geschäft blieb. | |
| Wenn es heute ein Weizenbier gibt, von dem ich mich traue zu sagen: Das | |
| würde ich jederzeit erkennen!, dann ist es das Unertl. Denn so namhaft das | |
| Bier ist, es entspricht einfach nicht meinem Geschmack. Recht süß ist es | |
| und ziemlich bananig. | |
| Um der Genauigkeit willen füge ich hinzu, dass man eigentlich unterscheiden | |
| muss. Denn es gibt Unertl zweimal. 1929 von Alois und Philomena Unertl im | |
| oberbayerischen Mühldorf gegründet, spaltete sich die Brauereifamilie in | |
| der zweiten Generation. 1948 wanderte ein Sohn den Inn entlang 30 Kilometer | |
| weiter nach München. Seitdem gibt es ein Unertl aus Haag und eines aus | |
| Mühldorf. | |
| ## Ein neues Unertl | |
| Aber nicht nur, weil die Logos der Brauereien sich kaum unterscheiden, | |
| sondern das Bier auch auf dem gleichen Rezept fußt, ist der Unterschied | |
| marginal, wenigstens, was das für mich unangenehm Bananige betrifft. Dabei | |
| war es für Unertl & Unertl auch nicht nachteilig, dass sie quasi ein | |
| Zwillingsbetrieb im deutschen Brauwesen waren, eher war das Gegenteil der | |
| Fall. Bis 2021 der Mühldorfer Betrieb schließlich ins niederbayrische | |
| Aldersbach verkauft worden ist. Die Brauerei wurde dann eingestellt. | |
| Und nun gibt es also ein Unertl, das weder aus dem Inntal stammt, noch ein | |
| Weizenbier ist, sondern sich Helles nennt. Und das, dritte Komplikation, | |
| nun aber gar nicht wie ein Helles schmeckt, sondern wie das, was nicht auf | |
| dem Etikett steht, nämlich wie ein Weißbier. Es riecht schon typisch | |
| säuerlich und hefig, der Geschmack des orangen, hefetrüben Bieres ist dann | |
| mildfruchtig, hat eine süßliche Aprikosennote, vor allem aber schmecke ich | |
| Nelkenaroma, leicht kaugummiartig. Es perlt anständig, typisch Weißbier. | |
| Was fehlt, ist nur der spezifische Bananengeschmack. | |
| Okay, das ist angenehm, aber sonst bin ich komplett irritiert. Genuss | |
| stellt sich überhaupt nicht ein. | |
| 10 Apr 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Jörn Kabisch | |
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