| # taz.de -- Wahlkampf in Frankreich: Macrons Super-Bowl-Event | |
| > Bei seinem einzigen Wahlkampfauftritt beschwört Frankreichs Präsident die | |
| > Einheit und Europa. Sein Kampf gilt vor allem Rivalin Le Pen. | |
| Bild: Durchinszenierter Auftritt mit kalkuliertem Starfaktor: Emmanuel Macron a… | |
| Nanterre taz | Einen Stadionsprecher für Rugbyspiele hatte Emmanuel Macron | |
| für [1][seine einzige Wahlkampfkundgebung] engagiert. Und Éric Dagrant | |
| heizte den rund 30.000 Anhängerinnen und Anhängern des Präsidenten ein, die | |
| am Samstag in die Defense-Arena im Pariser Vorort Nanterre gekommen waren. | |
| Mit La Ola, Livemusik und Nationalhymne überbrückte er die Wartezeit bis | |
| zum Auftritt des Kandidaten, der zu einem Feuerwerk die sechseckige Bühne | |
| in Blau-Weiß-Rot betrat. Eine Art Super Bowl solle die Veranstaltung eine | |
| Woche vor dem ersten Wahlgang werden, hatte einer seiner Berater | |
| angekündigt. Und zumindest der Einzug des Präsidenten erinnerte an das | |
| US-Football-Spektakel. | |
| Danach hatte das Publikum allerdings Schwierigkeiten, der gut zweistündigen | |
| Rede zu folgen, in der Macron zunächst langatmig Bilanz zog. Vom | |
| Enthusiasmus, der den damals jüngsten Präsidenten der Geschichte 2017 in | |
| den Élysée-Palast gebracht hatte, war streckenweise nur wenig zu spüren. | |
| Das änderte sich erst, als Macron nach anderthalb Stunden zum ersten Mal | |
| das Wort „Europa“ aussprach. Seine Liebeserklärung an den Kontinent, | |
| „dieses kleine Stückchen Land“, war ganz nach dem Geschmack seiner | |
| Zuhörerinnen und Zuhörer. | |
| ## Gegen die übel erregenden Rechten | |
| „Wir brauchen Emmanuel Macron, um Europa und das deutsch-französische Paar | |
| zu stärken. Die anderen wollen alle die deutsch-französische Beziehung | |
| kaputt machen“, sagte Gabriel Rafaty, ein 44-jähriger Unternehmer mit | |
| Europafahne in der Hand. Zusammen mit seiner Partnerin ist er erst vor | |
| Kurzem in Macrons Partei eingetreten. „Weil die Extremisten zu stark | |
| werden.“ | |
| Jene Extremisten griff Macron in seiner Rede an, ohne ihre Namen zu nennen. | |
| „Frankreich ist ein Block, wo man nicht sortiert, nicht auswählt, sondern | |
| wo man alle liebt“, sagte er an die Adresse seiner größten Rivalin, der | |
| Rechtspopulistin [2][Marine Le Pen], die eine „nationale Priorität“ | |
| beispielsweise bei der Sozialhilfe und der Wohnungsvergabe einführen will. | |
| Eindringlich warnte Macron davor, die Wahlen bereits für gewonnen zu | |
| halten. „Die extremistische Gefahr ist in den vergangenen Jahren noch | |
| größer geworden, denn der Hass wurde in der öffentlichen Debatte | |
| banalisiert.“ Antisemiten und Rassisten seien inzwischen regelmäßig im | |
| Fernsehen zu sehen. „Wir haben uns an ihre schmutzigen Behauptungen und | |
| ihre übel erregenden Theorien gewöhnt.“ Der Satz dürfte dem rechtsextremen | |
| Kandidaten und früheren Fernsehkommentator [3][Éric Zemmour] gegolten | |
| haben, der wegen Volksverhetzung bereits mehrmals verurteilt wurde. | |
| Macron hatte seine [4][Kandidatur erst spät erklärt] und seither nur einige | |
| kleine Auftritte absolviert. Statt dessen widmete er seine Zeit dem | |
| Ukraine-Krieg und telefonierte regelmäßig mit dem russischen Präsidenten | |
| Wladimir Putin und seinem ukrainischen Kollegen Wolodimir Selenski. | |
| ## Umfragen sehen eine knappe Stichwahl am 24. April | |
| Die hohen Umfragewerte, die ihm die Rolle als Krisenmanager anfangs | |
| einbrachte, schrumpften zuletzt deutlich zusammen. Dem Amtsinhaber werden | |
| nun in der ersten Runde 27 Prozent vorausgesagt, seiner Rivalin Le Pen 22 | |
| Prozent. Dahinter folgen der Linksaußen [5][Jean-Luc Melenchon] mit 15, | |
| Zemmour mit 11,5 und die Konservative [6][Valérie Pécresse] mit 9 Prozent. | |
| In Umfragen zur Stichwahl am 24. April liegt Macron mit 53 Prozent nur noch | |
| knapp vor Le Pen, die er vor fünf Jahren noch deutlich hinter sich lassen | |
| konnte. Seine größte Attacke galt deshalb auch der Rechtspopulistin und | |
| ihren Leuten: „Sie nennen sich Patrioten und lassen ihre Partei aus dem | |
| Ausland finanzieren“, kritisierte er die Wahlkampffinanzierung, die Le Pens | |
| Partei 2017 von einer russischen Bank erhalten hatte. „Sie wollen morgens | |
| aus dem Euro aussteigen und abends nach Europa zurückkehren“, bemerkte er | |
| zum Schwenk Le Pens in der Europapolitik. | |
| Nur am Rande ging der Kandidat auf die McKinsey-Affäre ein, die nach der | |
| Veröffentlichung eines Senatsberichts vor zwei Wochen aufgekommen war. | |
| Demnach verdoppelten sich unter Macron die Ausgaben für Beratungsfirmen wie | |
| dem US-Unternehmen McKinsey 2021 auf fast 900 Millionen Euro. Gleichzeitig | |
| zahlte McKinsey zwischen 2011 und 2020 keine Steuern in Frankreich. Heikel | |
| für den Präsidenten ist, dass einige Mitglieder seiner Partei LREM zwischen | |
| McKinsey und Partei hin und her wechselten. Le Pen sprach von einem | |
| „Skandal“, der den Staat schwäche. | |
| Macron verwies darauf, dass sowohl frühere Regierungen als auch Kommunen | |
| regelmäßig externe Berater nutzten. Er zog es vor, zur Einigkeit | |
| aufzurufen. Sozialdemokraten, Konservative und Grüne sollten sich ihm | |
| anschließen. „Denn wir haben nur eine Partei: unser Land.“ | |
| 3 Apr 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christine Longin | |
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