| # taz.de -- Fifa-Kongress in Katar: Sportkamerad Russland | |
| > Die Weltfußballverband präsentiert sich als politische Macht: Sportler | |
| > werden sanktioniert, aber Kreml-nahe Funktionäre werden hofiert. | |
| Bild: Unpolitische Sportbegegnung: Fifa-Chef Gianni Infantino und Wladimir Puti… | |
| Russland bleibt Vollmitglied der Fifa. So hat es der Weltfußballverband auf | |
| seiner Konferenz in Katar beschlossen. Genauer gesagt: Er hat nicht | |
| [1][beschlossen], dass die fußballerische Vertretung dieser kriegsführenden | |
| Macht künftig wegbleiben muss. | |
| Als sei gerade sonst nichts los in der Welt, ist die russische Delegation | |
| ganz normal nach Katar gereist, hat sich vor dem Konferenzzentrum die dort | |
| inmitten der vielen anderen Fahnen wehende russische Staatsflagge | |
| angeschaut, und die Begründung, warum man Russland nicht ausschließen | |
| solle, hat praktischerweise Alexej Sorokin vorgetragen, der | |
| Organisationschef der WM 2018 und früheres Mitglied des Fifa-Councils. „Der | |
| russische Verband hat gegen nichts verstoßen“, hatte Sorokin schon vorab | |
| verkündet. | |
| Ja, klar, und das gilt ja wohl auch für die russischen Nationalmannschaften | |
| und die russischen Klubteams. Dabei sind diese derzeit sehr wohl | |
| suspendiert. Vermutlich, weil Fußballer bestrafen so eine schöne | |
| Symbolhandlung ist, die überall bemerkt wird, aber Sportfunktionäre aus | |
| ihrem natürlichen Habitat zwischen Luxushotels und Frühstücksbüffets zu | |
| vertreiben, das ginge dann doch zu weit. | |
| Man kann aber nicht sagen, dass die Fifa nichts entscheiden würde. Nein, | |
| der Weltfußballverband hat weitreichende sportpolitische Beschlüsse | |
| gefällt, zum Beispiel: Die Fußballverbände von Kenia, Pakistan und Simbabwe | |
| bleiben suspendiert. | |
| ## Putin regiert nicht in den Fußball hinein | |
| Weil sie einen Staat repräsentieren, der gerade einen Angriffskrieg führt? | |
| Nein, aus Fifa-Sicht ist da Schlimmeres passiert. | |
| In [2][Kenia] hatte das Sportministerium verfügt, den Fußballverband | |
| aufzulösen, weil der damalige – und mittlerweile zurückgetretene – | |
| Präsident Nick Mwendwa wegen mehrfachen Betrugs angeklagt worden war. | |
| In Simbabwe sind es gleich vier hohe Funktionäre des Fußballverbandes, | |
| Präsident Felton Kamambo gehört dazu, die sich vor Gericht verantworten | |
| müssen: Vermutlich wurden staatliche Gelder, die an den Verband gingen, | |
| veruntreut. Daher wurde auch in Simbabwe der Fußballverband aufgelöst. | |
| Und in [3][Pakistan] führten verbandsinterne Machtkämpfe dazu, dass der | |
| bisherige Fußballchef durch einen anderen ersetzt wurde. Einen, den die | |
| Fifa weniger mag als seinen Vorgänger. | |
| In allen drei Fällen bedeutet das: „unzulässige Beeinflussung durch einen | |
| Dritten“, etwas verständlicher formuliert: Einmischung fußballfremder, | |
| meist politischer Kräfte in den schönen, und unpolitischen Sport, dessen | |
| Reinheit die Fifa bewacht. | |
| Man mag ja Wladimir Putin und der aktuellen russischen politischen Führung | |
| viel vorwerfen, aber dass sie sich in einem Sinne, den die Fifa tadelig | |
| fände, in den Fußball einmische, nein, so schlimm ist Moskau nicht! | |
| Nicht anwesend auf der Konferenz in Katar sind übrigens Delegierte des | |
| Fifa-Mitglieds Ukraine. Immerhin eine Art, nennen wir es: Grußvideo wurde | |
| den Delegierten vorgespielt. Ukraines Verbandspräsident Andrij Pawelko | |
| stand in einer Schutzweste auf einem öffentlichen Platz und berichtete von | |
| Fußballern, die im Krieg getötet wurden. | |
| Dass Bomben, Schüsse und Raketen auf Fußballer etwas mit Politik zu tun | |
| haben könnten und dass die Fifa da irgendetwas machen sollte, das darf nun | |
| aber niemand ernsthaft behaupten. | |
| 1 Apr 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.sportschau.de/fussball/fifa-wm-2022/dpa-fifa-kongress-ohne-dire… | |
| [2] https://www.reuters.com/lifestyle/sports/kenya-zimbabwe-suspended-by-fifa-2… | |
| [3] https://www.fifa.com/about-fifa/organisation/fifa-council/media-releases/fi… | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Krauss | |
| ## TAGS | |
| Kolumne Frühsport | |
| Sportpolitik | |
| Fifa | |
| Russland | |
| Kolumne Press-Schlag | |
| Kolumne Olympyada-yada-yada | |
| Schwerpunkt Krieg in der Ukraine | |
| Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
| Fifa | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Protest gegen Trikots der Ukraine: Die Russen spielen noch immer mit | |
| Die Ukraine verpasst die Fußball-WM in Katar auf fast schon tragische | |
| Weise. In Russland ärgert man sich dennoch. | |
| Russische Mitglieder bleiben im IOC: Drinnen und draußen | |
| Das Internationale Olympische Komitee hat beschlossen: Sportler werden | |
| bestraft und ausgeschlossen. Funktionäre dürfen weitermachen. | |
| Historikerin über ukrainischen Fußball: „Sportler müssen laut sein“ | |
| Welche Rolle spielen Sportler in einem Land, in dem Krieg herrscht? | |
| Kateryna Chernii über Fußball, Social Media und enttäuschte Fans. | |
| Russland will Fußball-EM ausrichten: Zu Gast bei Feinden | |
| Die russische Bewerbung für die Fußball-EM folgt der Logik der vergangenen | |
| Jahre. Am Beispiel Katar sieht man, wie relativ Haltungen sind. | |
| Kolumne Press-Schlag: Fifafallera | |
| Wenn der Weltfußballverband ein durch und durch mieser Verein ist, warum | |
| sucht man dann für diesen Sauhaufen einen besseren Kopf? |