| # taz.de -- Sky-Serie „Funeral for a Dog“: Wer von den beiden? | |
| > Die Serie „Funeral for a Dog“ erzählt von einer Dreiecksbeziehung. Dabei | |
| > nutzt sie Referenzen auf thematische Vorbilder. | |
| Bild: Friedrich Mücke (M.), Alina Tomnikov und Daniel Sträßer in „Funeral … | |
| Serien über Serien. In „Vikings: Valhalla“ leidet der arme Leif Erikson arg | |
| darunter, sich noch nicht selbst einen Namen (als metzelnder Wikinger) | |
| gemacht zu haben, sondern immer nur darauf reduziert zu werden, „Sohn von“ | |
| (Erik dem Roten) zu sein. Die Regie der neuen Sky-Serie „Funeral for a Dog“ | |
| besorgt haben je zur Hälfte, also jeweils bei vier von acht Folgen, Barbara | |
| Albert (Licht) und David Dietl. | |
| David Dietl [1][ist der „Sohn von“: Helmut Dietl.] Man kann über ihn nicht | |
| schreiben, ohne den im gleichen Job viel namhafteren Vater zu erwähnen. | |
| David Dietl ist inzwischen auch schon über vierzig, seine bisher vier | |
| Regiearbeiten lassen noch keine eigene Handschrift erkennen. Mit dem | |
| meisten Wohlwollen wurde ausgerechnet sein einziger Dokumentarfilm „Berlin | |
| Bouncer“ aufgenommen. Das könnte sich jetzt ändern. | |
| „Funeral for a Dog“ fühlt sich in absolut jeder Hinsicht wie das genaue | |
| Gegenteil von „Vikings“ an: Erwachsen. Echt. Berührend. Die Handlung | |
| erstreckt sich über einen Zeitraum von mehr als zehn Jahren, ihre Orte | |
| reichen von Kolumbien über Oberitalien und Nordfinnland, München und New | |
| York sogar bis nach Berlin. In der Rahmenhandlung reist der Journalist | |
| Mandelkern (Albrecht Schuch) nach Italien, um dort den Autor des | |
| Erfolgsromans „Astroland“, Mark Svensson (Friedrich Mücke), „Svensson“ | |
| genannt, an seinem Domizil, einer malerisch schön verwahrlosten alten Villa | |
| zu interviewen. Der hat darauf natürlich überhaupt keine Lust. Mandelkern | |
| steckt in einer Lebenskrise und hat es nicht eilig. Die Serie auch nicht. | |
| ## Selbstironie muss sein | |
| Nach allen Regeln des nicht chronologischen und horizontalen Erzählens | |
| entfaltet sich die Geschichte einer ménage à trois … nein, nicht, wie man | |
| sie seit François Truffauts „Jules et Jim“ (1962) nicht mehr gesehen hat. | |
| Es gab da schließlich auch noch Jacques Derays (in Deutschland sträflich | |
| unterschätzten) „La Piscine“ (1969), in dem die Konkurrenz Alain Delons und | |
| Maurice Ronets miteinander und um Romy Schneider im Ertrinken eines der | |
| Männer im titelgebenden Pool (deutscher Titel: „Der Swimmingpool“) mündet. | |
| Es gab (ab 2014) Hagai Levis [2][virtuos multiperspektivisch erzählte Serie | |
| „The Affair“] über einen Mann zwischen zwei Frauen. Auf alle diese | |
| Vorbilder referiert „Funeral“, wie die Serie übrigens auch Helmut Dietl | |
| zitiert, soviel (Selbst-)Ironie darf, muss offenbar sein, mit dem legendär | |
| gewordenen Motto des „Monaco Franze“. | |
| Das Multiperspektivische: Eine Szene, Mandelkerns und Svenssons erstes | |
| Aufeinandertreffen nach einer Lesung Svenssons in München, wird zweimal | |
| erzählt, einmal wie der Journalist es erlebt, viel später dann aus der | |
| Sicht des Schriftstellers. „Danke fürs Kommen“, sagt Svensson, signiert | |
| sein Buch und lässt den stammelnden Mandelkern einfach stehen: fahrig, | |
| arrogant, wie Menschen eben sind, wenn ihnen der Erfolg zu Kopf gestiegen | |
| ist. Oder? | |
| Dass Svensson zuvor im Publikum Tuuli (Alina Tomnikov) entdeckt hat, nach | |
| Jahren ohne jeden Kontakt, können zu diesem Zeitpunkt weder Mandelkern noch | |
| wir Zuschauer wissen. Es hatte einst alles damit angefangen, im Jahr 1998, | |
| als die beiden besten Freunde Svensson und Felix (Daniel Sträßer) die | |
| angehende Ärztin Tuuli in Kolumbien vom Flughafen abgeholt hatten. „Wer von | |
| den beiden ist es?“, wird Tuuli später von ihrer Mutter gefragt, nach der | |
| Sauna. „Ach, keiner von beiden. Beide. Ich weiß es nicht. Muss ich es | |
| wissen?“, fragt Tuuli zurück. „Nein, musst du nicht“, antwortet die Mutt… | |
| ## Die Dietls und die Serien | |
| Sagt die Serie. Sollte „Funeral for a Dog“ doch nicht der große | |
| Befreiungsschlag für David Dietl werden, dann vielleicht nur deshalb nicht, | |
| weil er sich den Erfolg mit anderen wird teilen müssen. Nicht nur mit der | |
| Co-Regisseurin, sondern auch mit den [3][Co-Autoren Hanno Hackfort und Bob | |
| Konrad (beide: „4 Blocks“)] und Thomas Pletzinger, der nicht lediglich am | |
| Drehbuch mitgeschrieben hat, sondern auch für die der Serie zugrunde | |
| liegende Romanvorlage verantwortlich zeichnet. „Bestattung eines Hundes“ | |
| ist 2008 erschienen und sein bislang einziger Roman geblieben. Pletzingers | |
| „The Great Nowitzki“ (2019) ist in der Sachbuchschublade allerdings auch | |
| nicht richtig aufgehoben. | |
| Noch so ein Gedanke zu den Dietls: Helmut Dietls „Schtonk“ und „Rossini“ | |
| waren wirklich großartige (Kino-)Filme. Aber so groß wie seine | |
| Fernsehserien waren sie nicht: Auch nach 36 Jahren ist und bleibt „Kir | |
| Royal“ die beste Serie, die je im deutschen Fernsehen gelaufen ist. Der | |
| Gedanke also: Vielleicht können die Dietls Serien einfach besser als Filme? | |
| Den Gedanken zu äußern, heißt natürlich, es bleibt dabei. David ist der | |
| „Sohn von“. Oje. | |
| 17 Mar 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Jens Müller | |
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