| # taz.de -- Schwangerschaftsabbruch in Guatemala: Anti-Abtreibungs-Gesetz gesto… | |
| > Das strikte Gesetz hatte Guatemalas Parlament am Frauentag erlassen. | |
| > Jetzt wurde es nach großem Druck zurückgenommen, doch Abbrüche bleiben | |
| > verboten. | |
| Bild: Mein Körper, meine Entscheidung: Eine junge Frau protestiert in Guatemal… | |
| Berlin taz | Im zentralamerikanischen Guatemala ist überraschend ein Gesetz | |
| zurückgezogen worden, das die Strafen für Abtreibungen drastisch erhöht, | |
| gleichgeschlechtliche Ehen kategorisch ausgeschlossen und jegliche | |
| Behandlung nicht-heteronormativer Sexualität im Unterricht unter Strafe | |
| gestellt hätte. Das Gesetz hatte ausgerechnet am Internationalen Frauentag, | |
| dem 8. März, mit konservativer Mehrheit das Parlament passiert. | |
| Nach dem Gesetz wären Frauen, die Abtreibungen an sich selbst vornehmen | |
| oder vornehmen lassen, mit Haftstrafen von mindestens fünf bis maximal zehn | |
| Jahren belegt worden. Frauenorganisationen kritisierten, das Gesetz öffne | |
| auch die Türen für die Kriminalisierung von Frauen, die ohne Eingriff eine | |
| Fehlgeburt erlitten. | |
| Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare sollten grundsätzlich | |
| ausgeschlossen und gleichgeschlechtlichen Partnerschaften jede Möglichkeit | |
| zur Adoption von Kindern genommen werden. Partnerschaft sollte | |
| ausschließlich als Lebensgemeinschaft zwischen Mann und Frau definiert | |
| werden. Damit ermuntere das Gesetz indirekt zu Gewalttaten gegen queere | |
| Menschen, kritisierten Menschenrechtsorganisationen. | |
| Schon am 8. März selbst und seit der Verabschiedung des Gesetzes hatte es | |
| in Guatemala-Stadt mehrere Demonstrationen von Frauenorganisationen und | |
| queeren Bewegungen gegeben. Mehrere internationale Organisationen | |
| verurteilten das Gesetz – Amnesty International forderte sein sofortiges | |
| Fallenlassen. Die oppositionelle Minderheit im Parlament zweifelte an der | |
| Verfassungskonformität, und der staatliche Menschenrechtsobmann Jordán | |
| Rodas nannte das Gesetz eine Verletzung verschiedener Rechte und einen | |
| „Rückschritt für die Freiheit“. | |
| ## Erfolg für Zivilgesellschaft | |
| Das Gesetz war mit 101 von 160 Stimmen im Parlament angenommen worden – | |
| fast alle Abgeordneten der Vamos-Partei von [1][Präsident Alejandro | |
| Giammatei] hatten dafür gestimmt. Im Text hieß es, es gebe in Guatemala | |
| minoritäre Gruppen, die Lebensentwürfe propagieren würden, die „der | |
| natürlichen Ordnung der Ehe und Familie und der christlichen Moral | |
| zuwiderlaufen, die gesellschaftliche Moral untergraben und damit den | |
| Frieden gefährden“. Einen Tag später ließ sich Giammatei bei einem großen | |
| Treffen christlicher „Lebensschützer*innen“ feiern, die Guatemala zur | |
| „Lebensschutz-Hauptstadt Iberoamerikas“ erklärten. | |
| Umso überraschender kam der Aufruf Giammateis am 10. März, das Gesetz auf | |
| Eis zu legen. Sollte es ihm zur Unterschrift vorgelegt werden, werde er es | |
| per Veto stoppen, erklärte der konservative Präsident. Es verstoße gegen | |
| Guatemalas Verfassung, verletzte internationale Abkommen, die Guatemala | |
| unterzeichnet habe, und verletze wesentliche Rechte. Am Dienstag stimmte | |
| der Kongress nunmehr darüber ab, das Gesetz zurückzuziehen – eine Debatte | |
| wurde nicht zugelassen, aber 119 Abgeordnete stimmten für die Einmottung. | |
| Erneut hatten Hunderte Personen vor dem Parlamentsgebäude in der Hauptstadt | |
| [2][gegen das Gesetz protestiert]. „Dieses Gesetz war einfach zu | |
| faschistisch gestaltet“, sagte Alma Chacón vom Rat für Sexuelle und | |
| Reproduktive Rechte der Agentur AFP, „es schien aus dem Mittelalter zu | |
| kommen.“ Allerdings, warnte sie, bedeute seine Rücknahme nicht das Ende | |
| konservativer Anti-Abtreibungs-Politik. | |
| Tatsächlich hätte das neue Gesetz zwar höhere Haftstrafen und die | |
| Verurteilung von Frauen mit Fehlgeburten ermöglicht – aber außer bei Gefahr | |
| für das Leben der Mutter sind Abtreibungen auch weiterhin grundsätzlich | |
| verboten. | |
| 16 Mar 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernd Pickert | |
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