# taz.de -- Berliner Linke berät zu Ukraine: Arbeit im Ausnahmezustand | |
> Auf der Klausur der Linksfraktion berichtet Sozialsenatorin Kipping von | |
> der Ankunft von Flüchtlingen aus der Ukraine. Petition einstimmig | |
> beschlossen. | |
Bild: Katja Kipping spricht mit DRK-Mitarbeitern, die ukrainischen Flüchtlinge… | |
BERLIN taz | Die Berliner Linksfraktion hat ihre dreitägige Klausur am | |
Freitag mit einer Debatte über den [1][Ukraine-Krieg] und die Auswirkungen | |
auf die Stadt begonnen. Einstimmig beschlossen die 24 Abgeordneten eine | |
Resolution, die Putins Angriffskrieg „aufs Schärfste“ verurteilt. | |
Ausgesprochen wird sich darin für „gezielte Sanktionen gegen Putin, die ihn | |
unterstützenden Oligarchen und die russische Militärindustrie“. Geflüchtete | |
sollen unabhängig von ihrer Staatsbürgerschaft aufgenommen werden, ebenso | |
Kriegsdienstverweigerer und Deserteure. Abschiebungen in die Ukraine, nach | |
Belarus, Moldawien oder Russland ausgeschlossen werden. | |
[2][Sozialsenatorin Katja Kipping] berichtete, dass es in den vergangenen | |
Tagen gelungen sei, alle in Berlin ankommenden Flüchtlinge [3][mit einer | |
Unterkunft zu versorgen], auch mit Unterstützung von vielen freiwilligen | |
Helfer:innen. Am Donnerstag seien mindestens 6.000 Menschen allein in Zügen | |
in Berlin angekommen, diesen Freitag könnten es bereits 10.000 sein. Auch | |
wenn etwa zwei Drittel der Geflüchteten direkt weiterreisen, arbeite man | |
derzeit im „totalen Ausnahmezustand“. | |
Es handele sich um die „größte Fluchtbewegung seit Ende des zweiten | |
Weltkrieges in Europa“. Kipping kritisierte den Bund, der „die Dimension, | |
die auf uns zukommt, überhaupt nicht registriert“ habe. Anders als die | |
„Massenzustrom-Richtlinie“, die ukrainischen Geflüchteten den Asylstatus | |
gewährt, unterscheide Berlin nicht zwischen Geflüchteten mit ukrainischer | |
Staatsbürgerschaft oder ohne. Auch viele etwa georgische oder belarussische | |
Arbeitsmigranten oder syrische Flüchtlinge aus der Ukraine würden derzeit | |
in Berlin ankommen. | |
Bereits Anfang nächster Woche will das Land seine Strukturen am | |
Hauptbahnhof stärken. In einem großen Messezelt, das von der Stadtmission | |
betrieben werden wird, sollen die Ankunft organisiert und alle | |
Hilfsangebote gebündelt werden; Kipping sprach zudem von Plänen für ein | |
„großes Ukraine-Ankunftszentrum“. Riesige Herausforderungen sieht die Linke | |
bei der Unterbringung aller Kinder in den Schulen und Willkommensklassen. | |
Die ärztliche Versorgung mit einem Erst-Check und Corona-Impfungen wird | |
derzeit organisiert; womöglich müsse dies auch um Schutzimpfungen für | |
Kinder erweitert werden. | |
## Selbstkritische Linke | |
Kipping warb für eine unzweifelhafte Position innerhalb der Partei: „Es | |
gibt keine Verharmlosung mehr und keine Relativierung mehr von Putin. Putin | |
ist ein Feind der Linken.“ Auch eine Reihe weiterer Redner:innen warben | |
für [4][selbstkritische Aufarbeitung] früherer Positionen. Dazu gehöre laut | |
Kultursenator Klaus Lederer auch, „nicht Leute zu beschimpfen, die sagen, | |
man muss den Preis für Putin in die Höhe treiben“. Gleichzeitig war man | |
sich einig: Die von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigte | |
[5][Aufrüstung der Bundeswehr], die grundgesetzliche Festschreibung eines | |
Verteidigungsetats über zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes sei „nicht | |
akzeptabel“, wie Lederer es formulierte. | |
Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin Katalin Gennburg warb für eine | |
Sanktionierung russischen Immobilienkapitals in Berlin. Die Beschlagnahmung | |
von Immobilien könne ein geeignetes Mittel gegen russische Eliten und | |
Oligarchen sein. Gennburg forderte eine Prüfung. Über eine am Freitag | |
eingereichte Kleine Anfrage an den Senat sollen Immobilien im Besitz | |
russischer Unternehmen ermittelt werden. | |
Am späten Nachmittag will die Linksfraktion über ihre Schwerpunkte für die | |
kommenden Arbeit in der rot-grün-roten Regierung beraten. Am Samstag steht | |
die Debatte zum weiteren Umgang mit dem Volksentscheid Deutsche Wohnen & Co | |
enteignen auf den Programm. | |
4 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150 | |
[2] /Berlins-Sozialsenatorin-Katja-Kipping/!5826975 | |
[3] /Fluechtlinge-aus-der-Ukraine/!5835661 | |
[4] /Gysi-attackiert-Wagenknecht--Co/!5838062 | |
[5] /Kanzler-will-Bundeswehr-aufruesten/!5835419 | |
## AUTOREN | |
Erik Peter | |
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