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# taz.de -- Ausstellungsempfehlung für Berlin: Tüten von Welt
> Jac Leirner entpuppt sich als Plastiktütensammlerin. Bei Esther Schipper
> setzt sie die Funde in Szene; die Besucher:innen versetzt sie in
> Staunen.
Bild: Es tütet sehr: Jac Leirner, Us Horizon, Esther Schipper, Berlin, 2022, A…
„Us Horizon“ tritt konzeptuell schlicht auf: Für ihre erste
Einzelausstellung in der Galerie [1][Esther Schipper] hat die Künstlerin
Jac Leirner auf Augenhöhe eine Doppelreihe von rund 200 Plastiktüten an den
drei Wänden des Galeriehauptraums angebracht, wobei sie die untere Reihe
kopfüber gehängt hat. Die Tüten stammen aus den 1980er Jahren bis heute und
sind nach ihren formalen Eigenschaften wie Schriftart, Farbe und
Grafikdesign geordnet.
Geht man der in Panoramasicht ausgesprochen nüchtern wirkenden, in der
Nahsicht freilich voller interessanter Details steckenden und ausgesprochen
lebendigen Reihe entlang, erfährt man von einem Leben, das nicht nur für
die Künstlerin typisch ist, sondern für alle im Raum. Für ihre Galeristin
und deren Mitarbeiter:innen, für ihre Sammler:innen und für die
Besucher:innen ihrer Ausstellung.
Da sind die Tüten der Fluggesellschaften, mit denen man fliegt oder flog,
die Tüten der internationalen Museen, in denen Jac Leirner ausgestellt hat
und die wir alle kennen, große, bedeutende Häuser; da sind die
Buchhandlungen und Plattenläden in aller Welt, in denen wir einkaufen oder
eingekauft haben wie bei Tower Records, die 2006 pleitegingen.
Und schon diskutieren wir darüber, ob ‚unser Laden‘ der am Sunset Boulevard
in West Hollywood war oder einer der Läden in Greenwich Village in New
York. Die Frage: „Sind wir wirklich solche Snobs?“ taucht kurz auf. Denn
glücklicherweise hat man keine Ahnung, was diese lustigen bunten, zwei-
oder dreistellige Nummern tragenden Plastikbeutel bedeuten, die die
brasilianische Künstlerin (*1961) auf einen eisernen T-Träger angeordnet
hat, der am Boden den Raum quert. So weltläufig ist man doch nicht, dass
man wüsste, sie werden in São Paolo beim Valet Parking verwendet.
„Us Horizon“, das merkt man spätestens jetzt, ist vielschichtiger – form…
dockt er an die Arte Povera genauso an wie an Pop oder Konzeptkunst und
Punk – und viel kritischer, als es auf den ersten Blick erscheint. Denn
jede der Tüten repräsentiert unsere Ansprüche an das Leben, so richtig wie
sie auch falsch sind.
26 Mar 2022
## LINKS
[1] https://www.estherschipper.com/exhibitions/current/
## AUTOREN
Brigitte Werneburg
## TAGS
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Kunst Berlin
zeitgenössische Kunst
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