# taz.de -- Selenskis Rede im Bundestag: Beschämend | |
> Der Bundestag reagierte würdelos auf die Rede des ukrainischen | |
> Präsidenten. Die Regierungskoalition hat sich lieber weggeduckt. | |
Bild: Selfies im Bundestag: CDU-Abgeordnete während Selenskis Rede | |
Es gibt historische Momente im Bundestag, wie die Regierungserklärung von | |
Bundeskanzler Olaf Scholz vor zwei Wochen, und es gibt Sternstunden des | |
Parlaments, in denen die Abgeordneten ehrlich und engagiert debattieren und | |
um die richtige Politik, manchmal auch um die richtige Haltung ringen. | |
Die Rede, mit der [1][Ukraines Präsident Wolodimir Selenski am | |
Donnerstagmorgen] in den Bundestag zugeschaltet wurde, bot die Chance für | |
beides. Doch das Parlament wandte sich nach Selenskis Ansprache nach dem | |
Willen der Ampel-Koalition routinemäßig der Tagungsordnung zu. Debattiert | |
wurden nicht der Krieg in der Ukraine, die Verantwortung Deutschlands und | |
die Frage, was wir gegen den Krieg zu tun bereit sind, sondern die | |
Impfpflicht. Das ist würdelos. | |
Selenski hat in seiner [2][beeindruckenden Rede] den Deutschen den Spiegel | |
vorgehalten: Er prangerte an, wie lange Deutschland bereit war, mit | |
Russland zusammenzuarbeiten, und dass es das weiter ist. Und dass man | |
wegsah, bis es nicht mehr anders ging. „Wirtschaft, Wirtschaft, Wirtschaft“ | |
sei alles gewesen, was er von den Deutschen gehört habe. Der ukrainische | |
Präsident warf Deutschland vor, an der neuen Mauer zwischen Freiheit und | |
Unfreiheit, die Russland in Europa errichte, beteiligt zu sein. Scholz | |
sprach er direkt an. | |
Es wäre nicht leicht gewesen, sich dieser Rede zu stellen. Doch dass weder | |
der Bundeskanzler noch eine der Minister:innen danach das Wort ergriff, | |
ist beschämend. | |
Nun ist es richtig, nicht einfach den Emotionen, die Selenskis stets auf | |
das jeweilige Publikum gut abgestimmte Reden auslösen, zu folgen. Es ist | |
die Aufgabe der Bundesregierung, sachlich abzuwägen, was zur Unterstützung | |
der Ukraine wirklich hilft und welche Risiken sich dahinter verbergen. | |
Das Nein zu Selenskis Forderung, dass die Nato über der Ukraine eine | |
Flugverbotszone einsetzt, ist ebenso richtig wie das Nein zu einer | |
[3][„Friedensmission“] des Bündnisses, wie es Polen gerade vorgeschlagen | |
hat. Die Gefahr, dass die Nato dadurch zum Kriegsbeteiligten wird und ein | |
dritter Weltkrieg ausbricht, ist groß. Auch ob und in welcher Form ein | |
Energieembargo, möglicherweise schrittweise, am Ende wirklich hilfreich | |
ist, muss nüchtern geprüft werden. | |
Doch gerade wer in den Augen der Ukraine und auch mancher Verbündeter als | |
zaudernd und zögerlich dasteht, muss Empathie und Respekt zeigen und die | |
eigenen Dilemmata formulieren. Wer nach einer solchen Rede, auf die die | |
Welt schaut, zum business as usual übergeht, tut genau das nicht. Union und | |
Linke haben eine Debatte gefordert. Die Ampel hätte besser auf sie gehört. | |
17 Mar 2022 | |
## LINKS | |
[1] /Selenski-im-Bundestag/!5840674 | |
[2] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw11-de-selenskyj-883826 | |
[3] /Krieg-in-der-Ukraine/!5837042 | |
## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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