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# taz.de -- Ukraine-Krise, Corona und AfD: Festival der Phantomschmerzen
> Politiker:innen grübeln über mögliche Fehler bei ihrer Außenpolitik.
> Schröder soll Weltfrieden liefern. Und der BVB trägt blaugelb.
Bild: Zum Paria runtergeschrieben: Altkanzler Gerhard Schröder
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Okay, das ist seit 19 Jahren das erste Mal: Fast
alles.
Und was wird besser in dieser?
Wir ändern die Fragen? Oder die Welt.
Ex-Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer wirft sich in Sachen
Ukraine rückblickend Versagen vor. Ihr Vorvorgänger [1][Thomas de Maizière
hingegen will im taz-Interview] von zurückblickender „Rechthaberei“ nichts
wissen. Sie als hauptberuflicher Rechthaber, wohin gucken Sie? Zurück,
voraus, in die Röhre?
Ein auch in dieser Höhe verdientes null zu null. Beide grübeln über das
rechte Maß zwischen „Abschreckung und Diplomatie“. AKK wäre gern
abschreckender gewesen, de Maizière mag die Diplomatie nicht reuen: Ein
Festival der Phantomschmerzen. Denn die Bundeswehr hat sich in einem guten
Dutzend Auslandseinsätzen verzettelt, statt ihrem Verfassungsauftrag zu
entsprechen, Landesverteidigung vorzubereiten. Und als Diplomatie gab’s
Merkelmus – flicken, kleben, basteln statt einer Vision. So gab es weder
einen Entwurf für eine Entspannungspolitik noch eine ausreichend
bedrohliche Alternative. Konkurseröffnung der Zauderlehrlinge.
Aus der Ukraine flüchtende Menschen werden an den Grenze zu Deutschland mit
einem Papierkrieg ausgebremst. Begründung ist eine Angst vor
„Trittbrettfahrern“. Schikane? Oder muss nun mal alles seine Richtigkeit
haben?
Ein Selfie und ukrainische Sprachbrocken reichen nach Polizeiangaben aus,
um schnell aufgenommen zu werden. Das klingt eher nach dem Glücksfall, dass
im Innenministerium kein Vollneurotiker wie Horst Seehofer mehr agiert. Um
den infamen Gedanken aber auszuschreiben: In genau diese Situation hinein
würde ich Irre, IS-Kämpfer, russische Agenten und einen privat eher
kriegsmüden Putin mit Toupet schmuggeln. Die Praxis der Kontrollen ist sehr
ärgerlich, die Ausstrahlung der Meldung aber in Ordnung.
Gerhard Schröder betätigt sich als Vermittler. Berichten zufolge soll sich
der Altkanzler mit Putin getroffen haben. Dürfen wir auf alte Männerbande
hoffen?
[2][Schröder ist zum Paria runtergeschrieben], soll jetzt aber mal fix den
Weltfrieden liefern. Realistisch wäre, Maß zu nehmen an seinem Beitrag zur
Befreiung von Peter Steudtner und Deniz Yücel aus der Türkei 2017. Also
etwas wie ein humanitärer Akt im Kriegsgrauen. Schröder (174 cm) hat aus
dem Jugoslawien-Krieg und der Nichtteilnahme am Irak-Krieg eine solide
Abneigung gegen die USA davongetragen. Vielleicht verbindet ihn auch das
mit Putin (170 cm) – Gespräch auf Augenhöhe.
Ach und, ganz ohne Zusammenhang: Womit heizen Sie demnächst so?
Ich drehe die Thermostate runter und flüstere „Nimm das, Putin!“.
Am Samstag enden die meisten Coronamaßnahmen. Ab dann wird es im
Alltagsleben der Bürger:innen „so gut wie keine Einschränkungen mehr
geben“, verkündet Justizminister Marco Buschmann. Maskenpflicht bleibe nur
dort, wo viele vulnerable Menschen seien, also in der Pflege oder in
Krankenhäusern. Prima, denn woanders halten sich vulnerable Menschen ja
nicht auf, korrekt?
FDP und mehr noch AfD heimsen Umfragewerte ein mit Corona-Laxheit. Bei der
nächsten Bundestagswahl werden nicht nur die Stimmen ausgewiesen, sondern
auch: FDP 8 Prozent, davon genesen, geimpft oder verstorben xx Prozent.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz [3][darf die AfD als rechtsextremen
„Verdachtsfall“ einstufen], urteilt das Kölner Verwaltungsgericht. Die
Partei darf jetzt in Gänze vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Wie
sieht das Best-Case-Szenario aus, das daraus folgen könnte?
Es ist eine Geste des Rechtsstaates. In der Partei mögen sich manche
vermeuthen. Außerhalb weiß nun jeder, welchen Verein er da womöglich
unterstützt. Das Höcketum braucht die spießige Fassade, um über 5 Prozent
zu kommen. Bei Corona fand die AfD lange keine Linie, dann aber treffsicher
die bescheuertste; als Nationalisten müssen sie nun patriotische Ukrainer
empfangen, während sie es eigentlich mit dem Nationalisten Putin halten.
Also Hoffnung, dass sie der Linkspartei mal zeigen, wie 4,9 Prozent geht.
Und was machen die Borussen?
Trägt gegen Bielefeld ein „Sondertrikot“, in dem das Sponsorenlogo mit
ukrainischen Farben hinterlegt ist. Botschaft ungefähr: Selbst bei dieser
Katastrophe denkt der Sponsor zuerst an sich. Empfehlung: nicht kaufen.
Fragen: Anna Meyer-Oldenburg, Peter Weissenburger
13 Mar 2022
## LINKS
[1] /Thomas-de-Maiziere-zur-Russlandpolitik/!5836767
[2] /Kritik-an-Ex-Kanzler-Schroeder/!5834135
[3] /Verwaltungsgericht-Koeln-zur-AfD/!5839803
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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