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# taz.de -- Gewalt im Ostkongo: Botschaftermord bleibt mysteriös
> Am 22. Februar 2021 starb Italiens Botschafter in der Demokratischen
> Republik Kongo bei einer missglückten Entführung. Was steckte dahinter?
Bild: Aufbahrung des im Kongo getöteten italienischen Diplomaten: Limbiate, 26…
Kampala taz | Barfuß und in Handschellen sitzen die sechs Gefangenen im
Gras am Ufer des Kivusees im Osten der Demokratischen Republik Kongo.
Hinter ihnen stehen Polizisten in Habachtstellung, die Maschinengewehre im
Anschlag.
„Sie haben eine Million Dollar versprochen bekommen für das Attentat“, so
der Polizeichef der ostkongolesischen Provinz Nord-Kivu, General
François-Xavier Aba Van Ang. Stolz führt er dem Provinzgouverneur
Constant Ndima Kongba seine Gefangenen vor. Nord-Kivu wird derzeit ebenso
wie die nördliche Nachbarprovinz Ituri aufgrund der andauernden
Unsicherheit unter Ausnahmezustand regiert, das Militär hat das alleinige
Sagen.
An diesem Dienstag vor einem Jahr wurde nördlich von Nord-Kivus
Provinzhauptstadt Goma [1][der italienische Botschafter im Kongo ermordet].
Luca Attanasio war in einem Konvoi des UN-Welternährungsprogramms (WFP)
unterwegs, um nördlich von Goma eine Schule im Distrikt Rutshuru zu
besuchen, die von WFP mit Lebensmitteln unterstützt wird.
Rund 15 Kilometer außerhalb der Millionenstadt, genau an der Stelle, an
welcher der Virunga-Nationalpark beginnt, gerieten die Fahrzeuge in einen
Hinterhalt.
Die Angreifer feuerten Kugeln, stoppten die Fahrzeuge und verschleppten die
Insassen in den Busch. Dort kam es zu einem Feuergefecht: Schwer bewaffnete
Wildhüter des Virunga-Parks griffen ein. An dieser Stelle war es bereits
mehrfach zu Entführungen gekommen; 2018 wurden zwei britische Touristen
dort verschleppt.
Im Feuergefecht traf eine Kugel den 43-jährigen Botschafter und Vater von
drei Kindern in den Bauch. Blutend wurde er von den Wildhütern auf ihr
Fahrzeug gehievt und ins Krankenhaus nach Goma gebracht. Er verstarb
unterwegs an seinen Verletzungen. Sein italienischer Leibwächter Vittorio
Iacovacci und der kongolesische WFP-Fahrer Mustapha Milambo wurden
ebenfalls getötet.
## „Von jemandem im WFP verraten“
Im Juni 2021 leitete die italienische Justiz Ermittlungen gegen einen
kongolesischen WFP-Beamten ein, der sich laut italienischen Medien während
dieser Reise um Sicherheitsmaßnahmen gekümmert hatte. „Es war das erste
Mal, dass mein Mann ohne bewaffnete Eskorte aus Kinshasa angereist war.
Aber wir hatten Vertrauen in diese UN-Organisation“, sagt dessen Witwe
Zakia Seddiki im Interview. „Luca wurde sicherlich von jemandem im WFP
verraten, der wusste, dass die Sicherheitsmittel nicht an die Situation
angepasst waren.“
Die Staatsanwaltschaft in Rom hat laut italienischer Presse Ermittlungen
wegen „Entführung von Menschen zu terroristischen Zwecken“ eingeleitet.
Italiens Regierung forderte die UN-Mission im Kongo (Monusco) auf, das
Attentat zu untersuchen.
Laut Kongos Polizeiermittlungen ist der Hauptverdächtige, der die Kugel auf
den Botschafter abgefeuert hatte, auf der Flucht. Sein Alias-Name sei
„Aspirant“, sagte Polizeichef Aba bei der Vorführung seiner Häftlinge: �…
wissen, wo Aspirant ist, wir hoffen, ihn zu finden.“
Über die Ermittlungen und Verhaftungen der sechs Bandenmitglieder gab er
keine Auskunft. Die verhafteten Kriminellen hätten es bedauert, dass ihnen
durch die Ermordung das versprochene Lösegeld entgangen war, sagte er.
Bei den Verhafteten handelt es sich um Kongolesen und einen ruandischen
Hutu. Sie sind keiner bekannten Miliz zugehörig. Kongos Regierung hatte
zuerst die ruandische Hutu-Miliz FDLR (Demokratische Kräfte zur Befreiung
Ruandas) verdächtigt. Diese hatten zuvor Hinterhalte in diesem Gebiet
ausgeführt. Die FDLR bestritt jedoch, die Attacke ausgeführt zu haben.
In den vergangenen Jahren gab es rund um Goma und im Gebiet Rutshuru immer
wieder Entführungen, nicht nur von Kongolesen, sondern auch von
internationalen Angestellten von Nichtregierungsorganisationen.
[2][Nach dem Attentat] auf den italienischen Botschafter entschieden die
kongolesischen Behörden, dass alle in Kinshasa akkreditierten Diplomaten
nun die Regierung im Voraus über ihre Bewegungen innerhalb des Landes
informieren müssen.
22 Feb 2022
## LINKS
[1] /Ueberfall-auf-offener-Strasse/!5753563
[2] https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Incident-Analysis…
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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