Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neue Kämpfe im Osten Kongos: UN-Blauhelme sterben
> Die ostkongolesischen M23-Rebellen und Kongos Armee liefern sich schwere
> Kämpfe. Sogar die UN-Mission verliert einen Hubschrauber voller Soldaten.
Bild: UNO (links), Kongolesen (rechts): Im Bergdorf Rangepa am Rande des Kampfg…
Kampala taz | Den Kontakt zu ihrem Aufklärungshubschrauber verlor die
UN-Mission im Kongo (Monusco) gegen Dienstagmittag. Er hatte gerade einen
Erkundungsflug über dem umkämpften Waldgebiet im Dreiländereck zwischen der
Demokratischen Republik Kongo, Uganda und Ruanda unternommen. Dort herrscht
Chaos.
Über 13.000 Menschen in dem Gebiet rund hundert Kilometer nördlich der
Provinzhauptstadt Goma rafften am Dienstagmorgen erneut ihre Habseligkeiten
zusammen und rannten um ihr Leben. Die meisten Einwohner der kleinen
Grenzstadt Bunagana flüchteten sich ins Nachbarland Uganda, darunter
Grenzbeamte und Polizisten und verletzte Soldaten von Kongos Armee. Selbst
in Uganda war das Wummern der schweren Waffen zu hören.
Letztlich kamen die Gefechte so nahe, dass Kugeln über die Grenze flogen
und in ugandischen Vorgärten landeten. Die Rebellen der M23 (Bewegung des
23. März) liefern sich seit Montag erneut Gefechte mit Kongos Armee in den
Bergen zwischen [1][Bunagana] und der 40 Kilometer im Landesinneren
gelegenen Stadt [2][Rutshuru]. Die Tutsi-Kämpfer unter dem Kommando von
General [3][Sultani Makenga] versuchten erneut, die Militärbasen in den
Dörfern Chanzu und Jomba einzunehmen. Das hatten sie im Januar und Februar
bereits versucht.
Wenig später meldete die Monusco: Ihr Hubschrauber sei abgestürzt. Acht
UN-Blauhelme – sechs Pakistaner, der russische Pilot und der serbische
Copilot – sind tot. Kongos Armeesprecher beschuldigte die M23, den
Helikopter abgeschossen zu haben. M23-Sprecher Willy Ngoma streitet dies ab
und fordert eine unabhängige Untersuchung. Ein Monusco-Sprecher sagte am
Mittwoch, ersten Erkenntnissen zufolge habe ein „leuchtendes Objekt“ den
Hubschrauber getroffen, wollte sich aber nicht auf einen Abschuss
festlegen.
## Jahrelang war es ruhig gewesen
Es ist das dritte Mal in wenigen Monaten, dass die M23-Kämpfer im Ostkongo
erneut für Unsicherheit sorgen. Dabei war es jahrelang ruhig um die einst
stärkste Rebellengruppe im Ostkongo. Desertierte Tutsi-Soldaten aus Kongos
Armee hatten 2012 [4][die M23 gegründet], benannt nach dem Datum eines aus
ihrer Sicht von Kongos Regierung gebrochenen Friedensabkommens, und sogar
die Millionenstadt Goma eingenommen. Später zogen sie sich zurück und
wurden 2013 von Kongos Armee und UN-Blauhelmen geschlagen.
Seitdem saßen die Kämpfer in Uganda und Ruanda herum, bis M23-Anführer
Makenga 2017 aus Uganda floh und sich mit rund hundert Kämpfern in die
Berge im Dreiländereck zurückzog. Von dort aus startete er im November 2021
eine Offensive gegen Kongos Armee. Seitdem kam es mehrfach zu Gefechten.
Doch für die M23, deren Kämpfer sich jetzt „Kongolesische Revolutionäre
Armee“ nennen, hat sich der Wind gedreht. Anders als vor zehn Jahren
unterhält Kongos Regierung heute gute Beziehungen zu Uganda und Ruanda.
Uganda hat jegliche Unterstützung für die M23 eingestellt. M23-Präsident
Bertrand Bisimwa wurde nach eigenen Angaben im Februar aus Uganda
vertrieben. Seit November führen Uganda und Kongo gemeinsame
Militäroperationen etwas weiter nördlich im Ostkongo gegen die muslimische
Rebellenbewegung ADF (Vereinigte Demokratische Kräfte).
Als die M23 am Dienstag die Grenzstadt Bunagana bedrohte, entschied sich
Ugandas Armee prompt, den Kongolesen auch hier zur Hilfe zu kommen: Ugandas
Kampfjets bombardierten M23-Stellungen in den Bergen, Bodentruppen
marschierten ein. Stolz präsentierte Ugandas Armee am Dienstag gefangene
M23-Kämpfer, die sich über die Grenze verirrt hatten. Am Mittwoch war die
Lage vorerst wieder ruhig. Die Rebellen zogen sich in die Berge zurück.
## Vorwürfe gegen Ruanda
Doch die neue Freundschaft zwischen den Nachbarn steht auf wackeligen
Beinen. Kongos Armee wirft Ruanda vor, die M23 zu unterstützen, so wie
bereits 2012–13. Angeblich, so Kongos Armeesprecher Silvain Ekenge, habe
man zwei M23-Kämpfer gefangengenommen, die Mitglieder der ruandischen Armee
seien. Ruanda streitet dies „kategorisch“ ab, so eine offizielle Erklärung.
Die M23 versichert ebenso, keinerlei Hilfe aus anderen Ländern zu erhalten.
Am Mittwoch gab es Gespräche zwischen Kongo und Ruanda, um die Lage zu
klären.
Die Frage bleibt, welche Ziele die M23 mit ihren Angriffen verfolgt. Mit
ihren politischen Forderungen sind sie in Kinshasa gescheitert. Militärisch
können die nur knapp 100 Kämpfer nicht viel erreichen. Ein ehemaliger
M23-Offizier erklärte der taz auf Anfrage: „Es scheint, als sei Makenga
verrückt geworden. Oder er will in seiner letzten Schlacht zumindest in
seiner Heimat sterben.“
30 Mar 2022
## LINKS
[1] /Krieg-im-Kongo/!5075169
[2] /Rebellenarmee-in-Nord-Kivu/!5089439
[3] /M23-Chef-Sultani-Makenga/!5056044
[4] /Konflikt-im-Ostkongo/!5086945
## AUTOREN
Simone Schlindwein
## TAGS
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Ostkongo
M23-Rebellen
Uganda
Uganda
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
Uganda
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
## ARTIKEL ZUM THEMA
Demokratische Republik Kongo: Dialog mit Pistole auf der Brust
Die Ostafrikanische Gemeinschaft fordert Rebellengruppen im Osten des Kongo
zu Verhandlungen auf, sonst drohe eine militärische Eingreiftruppe.
M23-Rebellen im Kongo: Sie suchen den Königsweg
Regionale Militärkooperation hat die Gewalt im Osten Kongos nicht beendet.
Jetzt probiert die Regierung es mit regionaler Wirtschaftsintegration.
Gewalt im Ostkongo: Botschaftermord bleibt mysteriös
Am 22. Februar 2021 starb Italiens Botschafter in der Demokratischen
Republik Kongo bei einer missglückten Entführung. Was steckte dahinter?
Militäroperation gegen Rebellen: Im kongolesischen Kriegsgestrüpp
Ugandas Armee dringt immer tiefer vor und jagt die islamistischen
ADF-Rebellen in der Provinz Ituri. Dort wüten schon andere Milizen.
Heftige Kämpfe im Ostkongo: Marodierende Rebellen
Die einst mächtige Rebellenarmee Ostkongos hat kein Asylland mehr. Sie
verwickelt sie Kongos Armee in schwere Kämpfe.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.