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# taz.de -- Petition zum Fatigue-Syndrom: Für mehr Aufmerksamkeit
> 90.000 Menschen unterschrieben für mehr Forschung zur Krankheit ME/CFS.
> Nun hat sich der Petitionsausschuss des Bundestages erstmals damit
> befasst.
Bild: An ME/CFS Erkrankte leiden unter anderem unter schwerer Erschöpfung
„Diese Petition ist ein Hilferuf“, sagte Daniel Loy von der Initiative
SIGNforMECFS am Montag im Petitionsausschuss des Bundestages. In der ersten
öffentlichen Sitzung der Legislaturperiode beschäftigten sich die
Abgeordneten mit der Situation und der medizinischen Versorgung von
ME/CFS-Patient:innen. Eine [1][Petition von vier Erkrankten] hatte im
vergangenen Jahr innerhalb der 28-tägigen Frist über 90.000 Unterschriften
gesammelt.
ME/CFS steht für Myalgische Enzephalomyelitis und ist auch als Chronisches
Fatigue-Syndrom bekannt. Obwohl die WHO die Erkrankung bereits seit 1969
als schwere neuroimmunologische Multisystemerkrankung mit zahlreichen
Symptomen von ausgeprägter Erschöpfung bis starken Muskelschmerzen führt,
ist sie bislang kaum erforscht. Mit ihrer Petition [2][wollen die
Betroffenen auf ihre Lage] aufmerksam machen und fordern die
Bundesregierung unter anderem dazu auf, eine Aufklärungskampagne bei
Ärzt:innen und Gesellschaft zu starten sowie in Forschung zu Medikamenten
und Therapieansätzen zu investieren.
„Die Bedeutung dieser Anhörung für die vielen Erkrankten in Deutschland
lässt sich kaum ermessen“, sagte Daniel Loy. Er selbst habe zwölf Jahre
lang um eine Diagnose kämpfen müssen. Das Problem bestehe vor allem darin,
dass die Betroffenen nicht ernst genommen würden. Vielen Ärzt:innen sei
das Krankheitsbild gar nicht bekannt, Symptome würden häufig als
psychosomatisch abgetan.
## Wissensstand hinkt 30 Jahre hinterher
Dies bestätigte auch Professorin Carmen Scheibenbogen von der Berliner
Charité, die als Expertin an der Ausschusssitzung teilnahm. Der
Kenntnisstand über ME sei kaum vergleichbar mit anderen Krankheiten von
ähnlicher Schwere oder Häufigkeit. „Wir wissen heute in etwa so viel wie
bei anderen Erkrankungen vor circa 30 Jahren“, sagte sie. Prinzipiell gehe
sie davon aus, dass bei entsprechender Forschung relativ zeitnah
Medikamente zugelassen werden könnten. Für größere klinische Studien
fehlten allerdings sowohl Expert:innen als auch umfassende finanzielle
Investitionen.
Sie wisse, mit welchen Herausforderungen die Betroffenen konfrontiert
seien, versicherte die Parlamentarische Staatssekretärin für Gesundheit,
Sabine Dittmar (SPD), die als Vertreterin der Bundesregierung teilnahm. Sie
wies darauf hin, dass Teile der Forderungen der Petition bereits im
Koalitionsvertrag festgehalten seien. Dort heißt es, die Bundesregierung
wolle zur Erforschung von [3][Krankheiten wie Long Covid,] aber auch
ME/CFS, ein deutschlandweites Kompetenznetzwerk mit interdisziplinären
Ambulanzen aufbauen. Bislang gibt es solche Anlaufstellen nur in München
und an der Berliner Charité. Eine Aufnahme der Erkrankung in den
Paragraphen §116b SGB V, welcher die interdisziplinäre Zusammenarbeit von
Fachärzt:innen bei schweren Erkrankungen ermöglichen soll, halte sie
dagegen nicht für notwendig.
## Zirka 250.000 Betroffene in Deutschland
Ein Beschluss über die Petition wurde am Montag nicht gefasst. Die
Initiative hat dennoch allen Grund, optimistisch zu sein. Aufgrund der
Ähnlichkeiten mit Long Covid rückte die Erkrankung zunehmend in die
Öffentlichkeit. Auch in den Ländern bekommt das Thema ME/CFS zunehmend
Aufmerksamkeit. So arbeitete zum Beispiel die Thüringer Landtagsfraktion
der FDP ein Konzept aus, von dem Scheibenbogen sagte, dass sie es „für gut
befunden“ habe.
Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS schätzt die Zahl der Betroffenen in
Deutschland auf 250.000. Laut Scheibenbogen handle es sich dabei in 10 bis
20 Prozent der Fälle um Minderjährige. Aufgrund der Unbekanntheit der
Erkrankung müsse aber zusätzlich von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen
werden.
„Wir sehen die Anhörung vor allem als Auftakt. Uns war bewusst, dass man
die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte nicht in einer Sitzung aufarbeiten
kann“, sagte eine der Initiatorinnen der Petition im Anschluss der
Anhörung. Von der Bundesregierung erhoffe sie sich nun „eine breite
Aufklärungskampagne über die Krankheit und eine dauerhafte Unterstützung
der Betroffenen.“
14 Feb 2022
## LINKS
[1] /Petition-der-Woche/!5808848
[2] /Gespraech-mit-Marina-Weisband/!5816151
[3] /Spaetfolgen-von-Covid-19/!5777303
## AUTOREN
Kathrin Becker
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