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# taz.de -- Streit um Baumfällungen in Berlin: Pflegen oder umhauen?
> Das Bezirksamt Pankow will 21 Weiden fällen. Die Bäume faulen, heißt es.
> Doch nicht alle glauben das. Handelt es sich nur um eine Sparmaßnahme?
Bild: Noch steht sie: Eine der 21 Weiden in der Seelower Straße, die kommende …
Berlin taz | Kommende Woche will das Bezirksamt Pankow in Prenzlauer Berg
21 Weiden fällen lassen. Vor über 40 Jahren wurden die Bäume in der
Seelower Straße gepflanzt. Nun würden sie faulen, begründet die zuständige
Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) die Entscheidung. Einen
„Kahlschlag“ nennt der Grünen-Abgeordnete Andreas Otto das Vorhaben. Er und
andere Grünen-Politiker*innen fordern Einsicht in das Baumgutachten.
Im Streit um die Weiden in Pankow geht es um eine grundsätzliche Frage im
Umgang mit Stadtbäumen: Ist es im Sinne des Klimaschutzes der beste Weg,
angeschlagene Bäume so schnell wie möglich zu ersetzen? Oder sollte man in
ihren Erhalt investieren?
Anfang Februar hatte das Bezirksamt Pankow angekündigt, die 21 Weiden in
der Straße neben dem Arnimplatz zu fällen. Man habe Fäule festgestellt; die
Bäume seien daher „nicht mehr ausreichend stand- und verkehrssicher“.
Ersetzt werden sollen sie durch junge Bäume, „die nach dem aktuellen Stand
der Forschung möglichst gut an die stadtklimatischen Bedingungen angepasst
sind“, erklärte Anders-Granitzki in einer [1][Pressemitteilung]. Im
Frühjahr will das Bezirksamt zunächst acht Feldahorn und sieben Stieleichen
pflanzen lassen.
## Man kann nicht einfach nachpflanzen
„Die Bäume, die gepflanzt werden sollen, sind deutlich kleiner als die
Weiden, die hier stehen“, kritisiert Axel Lüssow, Bezirksverordneter der
Grünen in Pankow bei einem Ortstermin am Freitagvormittag. Zudem brauche es
ein paar Jahre, bis sie auf ihre volle Größe herangewachsen sind. „Die
werden hier in den [2][Hitzesommern, die uns erwarten,] nicht genug
Schatten werfen können.“
Für Schwierigkeiten bei der Aufforstung sorgen auch die Lieferengpässe bei
Jungbäumen: Fünf Amberbäume, die künftig statt der Weiden in Pankow stehen
sollen, sind derzeit Mangelware und können erst im Herbst geliefert werden.
Zudem machen die extremen Sommer den nachwachsenden Bäumen zu schaffen: Der
Boden ist häufig zu trocken, um das Regenwasser aufzunehmen, und um ans
Grundwasser heranzukommen, sind ihre Wurzeln zu flach. Sie sind deshalb auf
zusätzliche Wasserversorgung angewiesen.
„Auch deshalb sollten wir um jeden funktionierenden Baum kämpfen“, sagt
Christian Hönig, Fachreferent für Baumschutz beim BUND. „Die Bäume sind die
Klimaanlagen der Stadt.“ Ob die Weiden wirklich faul sind, kann er von
außen nicht erkennen. „Aber man sieht, dass sie oft zurückgeschnitten
wurden“, sagt er und zeigt auf die Baumkrone, „und das macht anfällig für
Fäule und Brüchigkeit.“
## Gutachten unter Verschluss
Hönig vermutet dennoch einen anderen Grund für die Baumfällung. Die Weiden
stehen sehr nah an den Hausfassaden, daher müssen sie regelmäßig gestutzt
werden: „Das ist ein hoher Pflegeaufwand, das kostet“, sagt der Experte.
Dass die Fäule nur ein vorgeschobener Grund sein könnte, vermutet auch
Andreas Otto: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass 21 Bäume auf einen Schlag
nicht mehr standsicher sein sollen.“ Er und seine Mitstreiter*innen
fordern, dass das Bezirksamt das Gutachten, das die Fällung rechtfertigen
soll, vorab veröffentlicht.
„Bei Gutachten ist ja auch immer interessant: Wer beauftragt sie und mit
welchem Ziel?“, sagt Andreas Otto. Es mache einen Unterschied, ob man
Gutachter*innen damit beauftrage, möglichst viele Maßnahmen zum Erhalt
der Bäume vorzuschlagen, oder damit, möglichst viele Schwachstellen zu
finden. Doch Stadträtin Anders-Granitzki hält das Gutachten des
Sachverständigen zurück. Damit widersetze sie sich einem Beschluss der
Bezirksverordnetenversammlung, [3][kritisieren Otto und Lüssow]. Der sehe
vor, dass Baumgutachten veröffentlicht werden, damit Entscheidungen wie
diese nachvollzogen werden können.
Dass sie das Gutachten rechtzeitig zu sehen bekommen, geschweige denn die
Fällung der Weiden noch verhindern können, glaubt Andreas Otto nicht mehr.
Die Halteverbotsschilder in der Seelower Straße stehen schon.
11 Feb 2022
## LINKS
[1] https://www.berlin.de/ba-pankow/aktuelles/pressemitteilungen/2022/pressemit…
[2] /Hitzerekord-und-extremes-Wetter/!5827091
[3] https://twitter.com/AxelLuessow/status/1492086056530980864?s=20&t=qCF43…
## AUTOREN
Johanna Jürgens
## TAGS
Berlin-Pankow
Schwerpunkt Klimawandel
Pankow
Naturschutz
Bäume
Blockade
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