# taz.de -- Olympiareporter in der Fremde: Kuhäugiger Blick nach Hilfe | |
> Die westlichen Olympiareporter sind ein drolliges Grüppchen. Zum Glück | |
> gibt es Freiwillige, die sich um ihre Betreuung kümmern. | |
Bild: Hin- und herlaufende Journalisten warten auf den Olympia-Bus | |
Wir Journalisten aus dem Westen sind schon ein drolliges Völkchen hier in | |
Peking. Wir suchen einander, stehen immer eng beisammen, führen Gespräche | |
untereinander oder belauschen, wie die Kollegen gerade [1][über das Essen | |
in den Medienzentren] der verschiedenen Sportanlagen oder die Bierpreise in | |
den Hotelbars lästern. | |
Die Kolleginnen und Kollegen aus China, die sich wahrscheinlich über | |
ähnliche Dinge unterhalten, bleiben fremde Wesen für uns. Sie bilden an den | |
unzähligen Bushaltestellen vor dem Medienzentrum in Peking eine eigene | |
Gruppe. Und dann sind da noch die Volunteers, die freiwilligen Helfer. Sie | |
sollen uns die Angst nehmen in diesem fremden Land, freundlich sein und | |
dafür sorgen, dass wir nicht auf Abwege geraten. | |
Vor allem die jungen Frauen und Männer, die an den Haltestellen für | |
Orientierung sorgen sollen, müssen ein merkwürdiges Bild von uns Westlern | |
haben. Aufgeregt laufen wir zwischen den Haltepunkten hin und her, und wenn | |
wir dann von einer Freiwilligen angesprochen werden, sagen wir meist nicht | |
mehr als „Sliding Centre“ oder „Big Air“ oder „Wukesong Sports Centre… | |
Wenn der Bus, nach dem wir gefragt haben, ankommt, dann schauen wir mit | |
kuhäugiger Dämlichkeit noch einmal in Richtung der Helfer, bis uns eine | |
Geste oder ein Kopfnicken bestätigt, dass das schon der richtige Bus ist. | |
Oben in den Bergen in Zhangjiakou will uns einer der Helfer auf die Probe | |
stellen. „Rail Station? Rail Station?“, fragen wir. Er zeigt auf das | |
Haltestellenschild mit der Nummer unserer Buslinie. „When, when?“, fragen | |
wir. „Der Fahrplan hängt doch aus“, sagt er. Sein Kollege ist fassungslos. | |
Er läuft auf uns zu, führt uns zu der Tafel mit dem Fahrplan und sucht nach | |
der Abfahrtszeit. So wie wir uns verhalten, müssen wir uns wirklich nicht | |
wundern, dass er uns nicht zutraut, einen Busfahrplan lesen zu können. | |
Einmal müssen wir ganz lange auf einen Anschlussbus warten. Ein paar von | |
uns beginnen ein Gespräch mit den drei Freiwilligen, die mit uns warten | |
müssen. Sie erzählen uns, dass sie sich bei den Spielen erst kennengelernt | |
haben, dass sie für die Spiele das Neujahrsfest mit der Familie haben | |
sausen lassen, dass sie wie wir in einem Hotel wohnen, vor dem [2][sie | |
jeden Tag auf Corona getestet werden] und dass sie nach den Spielen erst | |
mal in Quarantäne müssen. Sie nehmen viel auf sich für uns. Ob sie sich | |
später wohl fragen werden, für welche Deppen sie sich das alles angetan | |
haben? | |
10 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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