| # taz.de -- Alleinreise im Olympiagebiet: Mal raus, aber nicht so ganz | |
| > Wer aus Peking zur Rodelbahn möchte, muss mit Bahn und mehreren Bussen | |
| > anreisen. Und dann darf man noch 300 Meter zu Fuß gehen. Endlich. | |
| Bild: Wachleute am Rande der Route für den Bus, der Medienleute nach Yanqing b… | |
| Einfach mal rausfahren. In die Berge. Zuschauen, wie die Rodler rodeln. Ein | |
| bisschen Bergluft schnuppern. Die Grenzen der Blase ein wenig austesten. | |
| Mal was unternehmen. Viel darf ich ja nicht machen. Manchmal würde ich etwa | |
| einfach mal über die Straße, in das Geschäft, das ich aus meinem | |
| [1][Hotelzimmer] sehe. Da gibt es Lebensmittel. Durchs Fenster sehe ich | |
| frisches Obst. Wie schön! Auch wenn ich mich eher für Chips oder Schokolade | |
| interessiere. Oder Sachen, die es nur in China gibt, für China überhaupt. | |
| Geht nicht. Ist draußen. Da, wo ich nicht hin darf. | |
| Ich muss also drinnen bleiben in meiner Olympiawelt. Die geht immerhin bis | |
| in die Bergorte Yanqing und Zhangjiakou. Ersterer soll ja gar nicht so weit | |
| weg sein. Vielleicht kann man ja auf dem Weg dahin mit dem | |
| Hochgeschwindigkeitszug etwas erleben. Vielleicht treffe ich ja mal | |
| jemanden, einen Kollegen. Ich sitze dann mutterseelenallein im Wagen. Beim | |
| Aussteigen stelle ich fest, dass ein Kollege aus Korea mit im Zug war. Wo | |
| ich hin wolle, zur Rodelbahn? Er warnt mich. Das seien noch eineinhalb | |
| Stunden Fahrt mit dem Bus. | |
| Egal. Vielleicht sehe ich ja etwas Interessantes aus dem Fenster. Doch da | |
| ist nichts Interessantes. Der Bus fährt über nagelneue Alleen an dem Ort | |
| vorbei, an dem der Zug an einem ebenso futuristischen wie menschenleeren | |
| Bahnhof angekommen ist. Niemand ist auf den Straßen unterwegs. Da, eine | |
| militärische Einrichtung. Jemand steht davor und passt auf. Ein Mensch! Den | |
| Gedanken, dass die Gegend nach einem Chemieunfall evakuiert werden musste, | |
| kann ich wieder verwerfen. Da bin ich aber froh. | |
| Der Bus hält unter einem riesigen Autobahnviadukt, über das kein einziges | |
| Auto fährt. Ich soll aussteigen. Ich stehe in einer riesigen Asphaltwüste. | |
| Dutzende Olympiabusse sind zu sehen und drei freiwillige Olympiahelfer, die | |
| man an diesen trostlosen Ort gebracht hat, damit sie Leuten wie mir | |
| erklären, mit welchem Bus man zur Rodelbahn kommt. Ich müsse dann aber noch | |
| mal umsteigen. So richtig gut miteinander verbunden sind die Olympiaorte | |
| nicht. | |
| Am nächsten Umsteigepunkt frage ich, wo die [2][Rodelbahn] ist. Eine | |
| Helferin zeigt mit dem Finger auf ein geschwungenes Gebäude. Ob ich da zu | |
| Fuß hingehen dürfe, frage ich. Zu Fuß? Sie warnt mich. Das sei sehr steil. | |
| Ich entscheide dennoch, nicht den Bus zu nehmen. Nach 300 Metern bin ich | |
| da. So weit bin ich schon lange nicht mehr im Freien zu Fuß gegangen. Ob | |
| das jetzt schon ein Erlebnis ist? | |
| 8 Feb 2022 | |
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| ## AUTOREN | |
| Andreas Rüttenauer | |
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