# taz.de -- Kolumnist Richard Nimmerrichter ist tot: Die Stimme der Hausbesorger | |
> Der österreichische Journalist Richard Nimmerrichter ist tot. Als | |
> hetzender „Staberl“ wurde er mit seiner Kolumne der Kronen Zeitung | |
> berühmt. | |
Bild: Kronen-Kolumnist Richard „Staberl“ Nimmerrichter | |
Der Großmeister der publizistischen Hetze in Österreich ist tot. Richard | |
Nimmerrichter rühmte sich einst, stets das Ohr an der [1][Stimme des | |
Volkes] zu haben. Er verbrachte Stunden in schmierigen Lokalen und im | |
Umkreis von Stammtischen, wo die Menschen ihren Ressentiments Luft machten: | |
gegen „die da oben“, gegen Ausländer, gegen die Juden. | |
Seit 1964 [2][schrieb er in der Kronen Zeitung eine tägliche Kolumne unter | |
dem Pseudonym „Staberl“,] einer Figur aus dem Wiener Volkstheater. In | |
Anspielung auf die oft dumpfe politische Gedankenwelt der Wiener | |
Hausbesorger bekam Nimmerrichter auch den Namen „His housemaster’s voice“ | |
verpasst. | |
Armin Thurnher, Herausgeber der kritischen Wochenzeitung Falter, der sich | |
bemühte, ihm nicht ins Grab nachzuspucken, beschreibt Staberl als „eine Art | |
publizistischen Kettenhund, der sich später gebärdete, als wäre er Jörg | |
Haiders Pressesprecher“. | |
Nimmerrichter war stolz auf seine Provokationen. In einem Interview mit der | |
Jungen Freiheit im Jahr 2000 wetterte er gegen den österreichischen | |
Sozialstaat: „Das soziale Netz ist derart geknüpft, daß es jedem asozialen | |
Haderlumpen möglich ist, ohne Arbeit zu leben.“ | |
## Verklagt wegen übler Nachrede | |
Nach vier Jahren in der Wehrmacht und zwei Jahren in sowjetischer | |
Gefangenschaft fand „Staberl“ seine Berufung [3][in der Kronen Zeitung], | |
der im Verhältnis zur Einwohnerzahl [4][größten Tageszeitung] der Welt. | |
Entsprechend groß war sein Einfluss, [5][auch wenn er den Holocaust | |
verharmloste]: „Nur verhältnismäßig wenige der jüdischen Opfer sind verga… | |
worden.“ | |
Elfriede Jelinek wob aus Staberl-Zitaten [6][ihr Stück Stecken, Stab und | |
Stangl,] in dem sie die Kolumnen indirekt für das rechtsextreme Attentat | |
auf Angehörige einer Roma-Siedlung im Jahr 1995 verantwortlich machte. | |
Dutzende Male wurde Nimmerrichter wegen übler Nachrede verklagt. Seine 58 | |
Verurteilungen trug er wie Orden. Erst mit 80 Jahren ging er in Pension. | |
Nimmerrichter starb am Sonntag, kurz nach seinem 101. Geburtstag. | |
7 Feb 2022 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
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