# taz.de -- Flüchtlingsunterkunft in Berlin: Wohnen auf dem Feld | |
> Die Container auf dem Tempelhofer Feld sollten längst abgebaut sein. Weil | |
> aber wieder mehr Menschen nach Berlin kommen, ziehen erneut Geflüchtete | |
> ein. | |
Bild: Dauerhafte Übergangslösung: Das Containerdorf auf dem Tempelhofer Feld | |
Die Container auf dem Tempelhofer Feld sind wieder bewohnt. Wie das | |
Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) bestätigte, sind am Mittwoch | |
rund 20 Geflüchtete dort eingezogen. In den nächsten Tagen sollen es | |
jeweils genau so viele sein, „um eine angemessene und zugewandte Begrüßung | |
und Begleitung der neu nach Berlin kommenden Geflüchteten dort zu | |
gewährleisten“, sagt Sascha Langenbach vom LAF. Insgesamt sei Platz für 280 | |
Menschen. | |
Die Container auf dem Tempelhofer Feld waren 2017 aufgestellt worden, | |
Anfang Dezember desselben Jahres [1][zogen die ersten Flüchtlinge ein] – | |
teils hatten sie vorher in den Hangars im Flughafengebäude gelebt. In den | |
sogenannten Tempohomes teilten sich jeweils vier Menschen ein | |
Container-Ensemble mit zwei Betten pro Zimmer, Kochnische, Dusche und | |
Toilette. Auf dem Feld waren zu der Zeit Plätze für rund 1.000 Menschen | |
vorgesehen. Damit war es das größte Containerdorf der Stadt. | |
Die Dauer der Nutzung war dort eigentlich auf zwei Jahre befristet, schon | |
Ende 2019 sollten alle wieder ausziehen. Diese Frist hing mit dem Gesetz | |
zum Erhalt des Tempelhofer Feldes zusammen, nach dem keine Bauwerke | |
dauerhaft auf dem Feld errichtet werden dürfen. Die Container hätten 2020 | |
wieder abgebaut werden sollen. Doch der Senat behielt sie als Reserve. | |
Nutzbar waren sie lange nicht, es gab Probleme mit der Wasserversorgung. | |
Diese Probleme sollen inzwischen behoben sein, die jüngsten Wasserproben | |
sind laut LAF alle einwandfrei. Das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg hat | |
die Nutzung dennoch nur unter Auflagen genehmigt, so dürfen aktuell keine | |
Schwangeren und Kinder einziehen. Bei den neuen Bewohner:innen handelt | |
es sich nach Angaben des LAF vor allem um Menschen aus Afghanistan, Syrien, | |
Somalia, Serbien, Iran und Burkina Faso, die nach einigen Wochen im | |
„Ankunftszentrum“ in die Tempohomes ziehen. | |
Schon vor Baubeginn hatte die Initiative 100 Prozent Tempelhofer Feld das | |
Projekt kritisiert: Rund 17 Millionen Euro soll es insgesamt gekostet | |
haben, die Container aufzustellen. Dazu kommen nun noch die Kosten für den | |
Umbau. „Aus unserer Sicht spricht nichts dafür, die Container wieder in | |
Betrieb zu nehmen“, sagt Mareike Witt von der Initiative. Das Geld für die | |
Umbaumaßnahmen hätte besser in Renovierungsarbeiten in den | |
Flughafengebäuden fließen sollen, findet Witt. „Wir haben direkt neben dem | |
Containerdorf den Gebäudekomplex des alten Flughafens, der eh saniert | |
werden muss. Dort könnten Menschen würdiger untergebracht werden – | |
natürlich nicht in den Hangars, sondern in kleineren Einheiten“, sagt sie. | |
„Das wäre ökonomisch und ökologisch sinnvoller.“ | |
Beim LAF habe man dagegen vor allem positive Erfahrungen mit den Tempohomes | |
gemacht. Die Nähe zu Neukölln, Kreuzberg und Tempelhof sei von den | |
Bewohnerinnen sehr geschätzt worden. „Eine Unterbringung in den Containern | |
mit ihren innenliegenden Sanitäreinrichtungen wurde von vielen Geflüchteten | |
gegenüber Gemeinschaftswaschräumen eindeutig bevorzugt“, sagt Langenbach. | |
Die Tempohomes werden nicht die letzte Unterkunft sein, die jetzt (wieder) | |
in Betrieb genommen wird. Noch im Februar soll eine Einrichtung in | |
Pankow-Buch mit 490 Plätzen wiedereröffnen. Im März kommen Modulare | |
Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) in Charlottenburg-Wilmersdorf hinzu. | |
Angesichts der etwa im Rahmen von humanitären Sonderaufnahmeprogrammen aus | |
Afghanistan oder der Türkei erwarteten Menschen müsse man in den kommenden | |
Wochen und Monaten weitere Plätze akquirieren. | |
2 Feb 2022 | |
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[1] /Umstrittene-Unterkunft-fuer-Gefluechtete/!5463782 | |
## AUTOREN | |
Manuela Heim | |
Uta Schleiermacher | |
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