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# taz.de -- Bahn und Pünktlichkeit: Lieber bequeme Bänke
> Die Bahn strebt 80 Prozent Pünktlichkeit an. Aber
> Pünktlichkeits-Prozentsätze sind inhaltsleeres und bedeutungsloses
> Benchmarking.
Bild: Einmal entspannt reisen – das wäre schön!
Der deutsche Gartenzwerg in mir ist ab einer Minute Verspätung bereit zur
Revolution. Dabei finde ich, Unpünktlichkeit der Bahn hin und her,
Langstreckenreisen mit dem Zug in aller Regel entspannter als den
[1][Bundespenisvergleich namens Autobahn]. Auf der es ja auch zu
Verspätungen kommt – redet nur niemand so leidenschaftlich drüber.
Trotzdem freut sich der Gartenzwerg in mir diebisch über jede
DB-Pünktlichkeitsstatistik. 80 Prozent pünktliche Züge verspricht
[2][Bahnchef Richard Lutz] fürs laufende Jahr. Und das, obwohl man mit
drei, vier Wetterextremen rechnen muss und viel gebaut wird, zum Beispiel
im Raum Köln. Lutz will aber künftig an den Baustellen mehr nachts arbeiten
lassen.
80 Prozent Pünktlichkeit, das beinhaltet erst Verspätungen ab fünf Minuten
– obgleich alles darunter auch schon ins Gewicht fällt, wenn die
Umsteigezeit knapp getaktet ist. Ausgefallene Züge zählen gar nicht. Und
selbst dann bedeuten 80 Prozent Pünktlichkeit, dass jeder fünfte Zug
verspätet ist. Alles zu schaffen, wenn man jung, fit und able-bodied ist,
sich ein Herz fasst, den Sprint übt („Achtung, Gleis 2 erreichen Sie im
Moment nur via Gleis 11 Süd“) und dabei Familien und Schwächere aus dem Weg
boxt. Und wenn nicht, dann ist halt für die nächsten zwei Stunden ein
Barhocker bei LeCrobag Ihr Zuhause.
Eine Verspätung oder ein verpasster Anschluss sind vor allem deshalb
schlimm, weil der Aufenthalt am Bahnhof verunmöglicht wird. Weil es an
Personal fehlt zur Betreuung mobilitätseingeschränkter Reisender.
## Immer noch besser
Weil die Informationspolitik hakt und die Quäktröte in Abschnitt F niemand
versteht. [3][Weil die Bahn] ihre „Lounges“ als Belohnung für brave
Vielfahrer*innen begreift. Es geht nicht um Ankunft 16.50 versus 16.35,
sondern ob man sich unterwegs als Mensch fühlen durfte.
Pünktlichkeits-Prozentsätze sind inhaltsleer. Bedeutungsloses Benchmarking
anstelle bequemer Bänke.
Immer noch besser, als mich acht Stunden lang zwischen Brummis und Porsches
einzufädeln. Kriegt man schon hin. Aber davon, als Grundversorgerin für
Mobilität in Deutschland attraktiv zu werden, ist die Bahn viel zu weit
entfernt. Vielleicht wäre es sinnvoll, würde das Management, statt
turnusmäßig Quantitätsversprechen auszublubbern, an einer qualitativen
Vision arbeiten. Die Bahn – reisen in schön. Schön wärs.
1 Feb 2022
## LINKS
[1] /ARD-Deutschlandtrend/!5811737
[2] /Ein-neuer-Chef-fuer-die-Deutsche-Bahn/!5388517
[3] /Ampel-Plaene-zur-Deutsche-Bahn/!5815270
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Deutsche Bahn
Mobilität
Cannabis
Deutsche Bahn
Tempolimit
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