# taz.de -- Geplante Erhöhung des Mindestlohns: 12 Euro gegen Armut | |
> Im Oktober soll der Mindestlohn auf 12 Euro erhöht werden. Gewerkschaften | |
> begrüßen das, die CDU warnt vor mehr Schwarzarbeit. | |
Bild: Freuen dürfen sich auch die Kuriere: Lieferando zahlt derzeit einen Stun… | |
BERLIN taz | Es war das Wahlkampfversprechen von Kanzler Olaf Scholz: ein | |
Mindestlohn von 12 Euro. Nun soll er ab Oktober Wirklichkeit werden. | |
Verkünden durfte die frohe Botschaft Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. | |
„Wir halten Wort, der Mindestlohn wird noch in diesem Jahr auf 12 Euro | |
steigen“, sagte er am Freitagabend in einem Videostatement auf Twitter. Das | |
sei eine Frage „der Leistungsgerechtigkeit und des Respekts vor fleißigen | |
Menschen“. Millionen Menschen würden davon profitieren, „vor allen Dingen | |
Frauen und viele Beschäftigte in Ostdeutschland“, so Heil. | |
Derzeit liegt der Mindestlohn bei 9,82 Euro pro Stunde. Turnusmäßig soll er | |
ab dem 1. Juli 2022 auf 10,45 Euro erhöht werden. Ab Oktober soll dann der | |
Sprung auf 12 Euro erfolgen – das ist eine Steigerung um knapp 15 Prozent. | |
Der entsprechende Gesetzentwurf, der der taz vorliegt, wurde am Freitag zur | |
Abstimmung an die anderen Bundesministerien verschickt. 6,2 Millionen | |
Arbeitnehmer:innen würden laut Bundesarbeitsministerium davon | |
profitieren. | |
Begründet wird die Erhöhung in dem Entwurf mit steigenden | |
Lebenshaltungskosten und damit, dass der [1][deutsche Mindestlohn im | |
europäischen Vergleich] „gemessen am prozentualen Anteil des nationalen | |
Medianlohns, unterdurchschnittlich gering“ ausfalle. Die Weiterentwicklung | |
sei „sozialstaatlich geboten“. Zudem sei die Erhöhung „ein zusätzlicher | |
Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit“. | |
## Deutscher Gewerkschaftsbund zufrieden | |
Das Bundesarbeitsministerium schätzt, dass die Erhöhung bei betroffenen | |
Arbeitgeber:innen 2022 zu rund 1,63 Milliarden Euro höheren Lohnkosten | |
führen wird, also für die Monate Oktober bis Dezember. Staatlicherseits | |
könnte es Entlastungen bei den Sozialausgaben geben. Denn die Zahl derer, | |
die Vollzeit arbeiten, aber dennoch durch Sozialleistungen aufgestockt | |
werden müssen, wird sich mit den 12 Euro Mindestlohn verringern. In der | |
Sozialversicherung sei mit Mehreinnahmen von etwa 700 Millionen Euro zu | |
rechnen. | |
Die Gewerkschaft Verdi begrüßte den Gesetzentwurf von Heil. „Die Regierung | |
setzt damit ein wichtiges Zeichen, zieht eine Haltelinie für Beschäftigte | |
im Niedriglohnsektor ein und liefert auf lange Sicht einen wichtigen | |
Beitrag zur Bekämpfung der Altersarmut“, sagte Verdi-Chef Frank Werneke. | |
Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund reagierte zufrieden. „Der Entwertung | |
von Arbeit wird damit ein wirksamer Riegel vorgeschoben und Millionen | |
Beschäftigte bekommen künftig mehr Anerkennung für ihren täglichen | |
Einsatz“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell. | |
## CDU warnt vor Schwarzarbeit | |
Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen | |
Arbeitgeberverbände (BDA), [2][hatte sich schon im Dezember 2021 über die | |
Regierungspläne] echauffiert. Diese bezeichnete er als „eine grobe | |
Verletzung der Tarifautonomie“. Die BDA erwägt daher, dagegen zu klagen. | |
Kritik kam auch aus der CDU. „Ich gönne jedem die zwölf Euro“, sagte der | |
nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) dem | |
Tagesspiegel. Er befürchte aber durch den sprunghaften Anstieg mehr | |
Schwarzarbeit. Ähnliche Argumente wurden auch angeführt, als der allgemeine | |
Mindestlohn 2015 mit 8,50 Euro eingeführt wurde. Diese Befürchtungen haben | |
sich aber nicht bewahrheitet. | |
Normalerweise wird der Mindestlohn durch eine Kommission festgelegt, in der | |
Arbeitgeber:innen und Gewerkschaften paritätisch vertreten sind. Der | |
Eingriff des Gesetzgebers soll daher auch eine Ausnahme bleiben. „Über | |
künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns entscheidet weiterhin die | |
Mindestlohnkommission“, heißt es im Entwurf. Konkret heißt das: Die nächste | |
Erhöhung nach dem Sprung auf 12 Euro ist erst im Jahr 2024 zu erwarten. | |
Über die Höhe soll die Mindestlohnkommission bis zum 30. Juni 2023 | |
entscheiden. | |
23 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.destatis.de/Europa/DE/Thema/Bevoelkerung-Arbeit-Soziales/Arbeit… | |
[2] /Mindestlohn-und-Tarifpartner/!5824781 | |
## AUTOREN | |
Jasmin Kalarickal | |
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