# taz.de -- CDU in der Opposition: Ein milder Merz als Pausenmelodie | |
> Am Wochenende wählt die CDU beim digitalen Parteitag ihren neuen Chef. | |
> Noch ist unklar, von welcher Seite Friedrich Merz die Regierung angreifen | |
> will. | |
Bild: Wo will er mit der CDU hin? Friedrich Merz im Bundestag | |
Möglicherweise ist es schon Samstagnachmittag oder später, wenn Sie diese | |
Kolumne lesen. Dann wird die CDU auf einem digitalen Parteitag Friedrich | |
Merz zum Parteivorsitzenden gewählt haben – es sei denn, zwischen | |
Redaktionsschluss und Samstagmittag passiert noch etwas wirklich | |
Unerwartetes. | |
Mit dieser nachrichtlichen Unwägbarkeit jedoch kommt so ein Kolumnenplatz | |
wie dieser ganz gut zurecht. Schließlich sind die ChristdemokratInnen und | |
ihr neuer Chef insgesamt zu einer Unwägbarkeit geworden. Wer sind diese | |
Leute und wo wollen sie hin? Der bereits von der Basis, aber noch nicht vom | |
Parteitag gewählte Merz gab zuletzt Rätsel auf. Warum ließ er sich von | |
CSU-Chef Markus Söder fotografisch so vorführen? Wortlaut gab es kaum | |
[1][zu den Bildern], welche zu Jahresbeginn von den beiden | |
Unionsvorsitzenden verbreitet wurden – auf allen aber war Merz nur ein | |
aufmerksam blickender Assistent für Großpolitiker Söder. | |
Man hört bisher wenig von der neuen Oppositionspartei CDU, vielleicht | |
abgesehen von Norbert Röttgen being Norbert Röttgen – als Außenpolitiker | |
sowieso irgendwie auch Regierungsstimme. Es ist einfach noch nicht klar, | |
von welcher Seite die CDU die neue Koalition angreifen will. Ein | |
CDU-Umweltpolitiker ließ im [2][taz-Interview] verblüffenderweise erkennen, | |
dass ihm Robert Habecks Klimapläne nicht reichten. Die anderen warten | |
offenbar noch auf Inspiration vom antretenden Vorsitzenden. Schließlich ist | |
dies das Prinzip der Partei seit Gründung: sich hinter einer Führungsperson | |
zu sammeln, die dann KanzlerIn wird, weil der CDU die Macht eben zusteht. | |
Nur dass es dieses Mal anders war. Immerhin scheint die Niederlage bei der | |
Bundestagswahl bei Friedrich Merz etwas ausgelöst zu haben, das ihn | |
anschlussfähiger macht als die großmäulige 80er-Jahre-Figur, die er zuvor | |
abgab. Völlig offen zeigte Merz Mitte Dezember (wie gesagt, viele | |
Selbstzeugnisse jüngeren Datums haben wir nicht) im ARD-Interview, dass er | |
noch keinen Nerv auf Attacke hatte. Was ihn an der Ampel am meisten | |
aufrege? „Bis jetzt nichts“, sagte Merz und ergänzte geheimnisvoll, aber | |
doch wohlwollend: „Ich begleite sie kritisch und durchaus mit der Absicht, | |
dass wir dort eine gute Bundesregierung sehen.“ | |
Die FDP, die aus seiner Sicht doch eigentlich vom Pfad des Guten abgewichen | |
sein müsste, bekam extra Zuspruch: „Ermutigend“ sei es, dass viele junge | |
Leute FDP gewählt hätten. | |
Vielleicht aber war dies auch schon der erste Schritt der Großoperation | |
„Heimholung der FDP ins eigene Lager“, die der CDU ab sofort ein Anliegen | |
sein dürfte. Möglicherweise war der Respekt, den Merz zum Wahlergebnis und | |
zur Ampel bekundete, auch gar kein Zeichen demütiger Selbstfindung – | |
sondern bloß die Pausenmelodie, bis die Formalitäten des Parteitags | |
passiert sind. | |
Dann wäre auch das verbindliche Friedrich-Merz-Lächeln kein Versuch, neue | |
Sympathien für eine neue CDU zu gewinnen. Vielmehr wäre es das gleiche | |
Lächeln wie immer, das im veränderten Scheinwerferlicht neuer | |
Machtverhältnisse nur kurzfristig anders wirkte: der Ausweis der | |
überlegenen Freundlichkeit derer, die meinen, die Macht wachse ihnen quasi | |
naturgemäß zu – alles andere sei nur ein Betriebsunfall. Der neue Merz wäre | |
dann ganz der alte. Zweifellos würden wir ihn ab diesem Wochenende dann | |
auch schnell wiedererkennen. | |
22 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://www.br.de/nachrichten/bayern/cdu-und-csu-soeder-und-merz-demonstrie… | |
[2] /CDU-Klimasprecher-ueber-Energiewende/!5825788 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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