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# taz.de -- AfD-Fraktion verliert Abgeordneten: Witt wechselt zur Zentrumspartei
> Dem AfD-Abgeordneten Uwe Witt wurde seine Partei zu radikal, behauptet
> er. Jetzt verhilft er der Zentrumspartei zum ersten Mandat seit 1959.
Bild: Uwe Witt wechselt von der AfD zur Zentrumspartei
Berlin taz | Die Deutsche Zentrumspartei hat erstmals seit 1959 ein
Bundestagsmandat inne: Der aus AfD-Fraktion und Partei ausgetretene
Abgeordnete Uwe Witt ist Mitte Januar in die Kleinpartei eingetreten. Das
gab er bei einer Pressekonferenz am Dienstag im Beisein von
Zentrumspolitikern bekannt.
Witt begründete seinen Austritt aus der extrem rechten AfD mit der
fortschreitenden Radikalisierung sowie Problemen mit der Zusammensetzung
der neuen Bundestagsfraktion. Die weitere Radikalisierung seiner bisherigen
Partei dürfte Witt aber schon vor seiner Wiederwahl in den Bundestag
bekannt gewesen sein – schließlich hat die völkische Strömung der AfD in
Person von Björn Höcke am Wahlprogramm wesentlich mitgeschrieben.
Ebenso erodierte vor der Wahl im Bundesvorstand die Mehrheit von Parteichef
Jörg Meuthen, der innerhalb der AfD als gemäßigt gilt. Gut ablesen ließ
sich das daran, dass gegen den damaligen AfD-Bundestagskandidaten Matthias
Helferich kein Parteiausschlussverfahren erfolgte – obwohl bekannt wurde,
dass dieser [1][sich selbst als das „freundliche Gesicht des NS“ bezeichnet
hatte] und dem NS-Richter Roland Freisler huldigte.
Die Personalie Helferich sei dann auch einer der Gründe gewesen, aus der
AfD auszutreten, so Witt am Mittwoch. Witt hatte bei der konstituierenden
Fraktionssitzung beantragt, Helferich auszuschließen, was jedoch viele
Kollegen abgelehnt hätten – unter anderem NRW-Landeschef Rüdiger Lucassen.
## Auffangbecken für frustrierte AfDler?
Zur Abstimmung kam es allerdings nicht, Helferich hatte nach ausufernder
Debatte von sich aus darauf verzichtet, der Fraktion beizutreten. Ebenso
beschrieb Witt, dass ein AfD-Abgeordneter ein Abzeichen einer
rechtsextremen Organisation am Revers getragen habe – ohne nähere Details
zu nennen.
Zudem hätten Witt die zuletzt [2][aus dem Landesverband Bayern bekannt
gewordenen Chats] beunruhigt, in denen auch prominente AfD-Mitglieder einen
Bürgerkrieg herbeisehnten. Dazu ermittelt mittlerweile auch die
Staatsanwaltschaft, weswegen auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes
Huber kürzlich aus der Fraktion ausgetreten ist. Witt sagte resümierend:
„Es haben sich gravierende Dinge in der Partei geändert, meine
Vorstellungen von politischer Akzeptanz sind überschritten.“
Die Zentrumspartei war im Kaiserreich und der Weimarer Republik eine
etablierte Partei und Vertreterin des politischen Katholizismus. Nach dem
Zweiten Weltkrieg und der Gründung der überkonfessionellen CDU verlor sie
jedoch an Bedeutung. Dennoch war das Zentrum auch in der Nachkriegszeit von
1949 bis 1959 im Bundestag vertreten. Danach schrumpfte sie zur
Kleinpartei.
Heute hat die Zentrumspartei rund 300 Mitglieder, wie Bundesschatzmeister
Hans-Joachim Woitzik sagte. Mitglieder habe die Partei fast nur in
Nordrhein-Westfalen (150) und Niedersachsen (50). Zur Bundestagswahl 2021
war die Zentrumspartei nicht zugelassen.
Zum Auffangbecken für frustrierte AfDler wolle man nun aber nicht werden.
Man wolle im Einzelfall über Aufnahmeanträge entscheiden. Zuletzt waren
wegen Radikalisierung ausgetretene AfD-Politiker häufig zu den
liberal-konservativen Reformern um AfD-Gründer Bernd Lucke übergetreten.
18 Jan 2022
## LINKS
[1] /Aemtersperre-gegen-AfD-Kandidaten/!5786561
[2] /Rechtsextreme-Chatgruppen/!5819500
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt AfD
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