# taz.de -- Mali stoppt Bundeswehrflug: Berlin empört über Bamako | |
> Malis Militärregierung legt sich mit Europa und der UN an. Nun | |
> verweigerte sie der Bundeswehr den Überflug ihres Staatsgebiets. | |
Bild: Bundeswehrsoldaten unter einem Transporflugzeug in Gao, Mali | |
BERLIN taz | Die Verärgerung in Berlin vereint Befürworter und Gegner des | |
Mali-Einsatzes der Bundeswehr. Eine Maschine der deutschen Luftwaffe, die | |
am Mittwoch routinemäßig 75 Soldaten aus Deutschland in Nigers Hauptstadt | |
Niamey bringen sollte, durfte am Abend den malischen Luftraum nicht | |
überfliegen. | |
Die Maschine drehte nach Gran Canaria ab, teilte die Luftwaffe mit. Am | |
Flughafen Niamey befindet sich die logistische Basis des deutschen | |
Kontingents der [1][UN-Blauhelmmission in Mali (Minusma)] für dessen | |
Einsatz im ostmalischen Gao, [2][mitten im Kriegsgebiet] gegen | |
islamistische Terrorgruppen. | |
Von einem „inakzeptablen Vorgang, ja einem unfreundlichen Akt“ sprach am | |
Donnerstag die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, | |
Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP). Linken-Außenpolitikerin Sevim Dağdelen | |
nannte den Mali-Einsatz insgesamt „schlicht skandalös und völlig | |
inakzeptabel“. | |
Die Überflugverweigerung ist der neueste Akt einer Reihe von Störungen der | |
internationalen Militäreinsätze in Mali durch Mali selbst. Am Dienstag | |
teilte UN-Sprecher Stéphane Dujarric in New York mit, die Minusma habe alle | |
Flüge in Mali ausgesetzt, nachdem die Regierung mehrmals Flugbewegungen | |
untersagt habe. | |
Am Donnerstag teilte die Minusma mit, Luftoperationen würden jetzt nach | |
„fruchtbaren Diskussionen“ wieder aufgenommen – aber Details bleiben offe… | |
und die Episode zeigt, wie verwundbar die über 14.000 Soldaten und | |
Polizisten umfassende UN-Mission ist, die in dem riesigen Land nur auf dem | |
Luftweg zusammenzuhalten ist. | |
Luftaufklärung mit Drohnen, die wichtigste Aufgabe der deutschen | |
UN-Soldaten in Gao, findet schon seit vergangener Woche nicht mehr statt. | |
Momentan dürfen die deutschen Soldaten ihr Feldlager in Gao nicht | |
verlassen. Ihre zweite zentrale Aufgabe sind medizinische | |
Evakuierungsflüge. | |
## Wechselseitige Strafmaßnahmen | |
Mit den Störaktionen reagieren Malis herrschende Militärs auf die scharfen | |
Sanktionen inklusive Sperrung der Landes- und Luftgrenzen, die Westafrikas | |
Regionalorganisation Ecowas (Westfrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) | |
[3][am 9. Januar gegen Mali verhängte]. Für Malis Regierung erscheint es | |
logisch, dass sich jetzt auch die ausländischen Soldaten in Mali nicht mehr | |
frei bewegen sollen. | |
Die Sanktionen waren eine Reaktion darauf, dass Malis Militärregierung eine | |
Zusage aus dem Jahr 2020 aufgekündigt hatte, mit Wahlen im Februar 2022 die | |
Macht an eine zivile Regierung zurückzugeben – ein „nationaler Dialog“ | |
empfahl kürzlich eine Übergangsfrist von fünf Jahren bis zu Wahlen. | |
Für Malis internationale Partner ist ein Verbleib der Militärs an der Macht | |
inakzeptabel. Frankreich führt seit neun Jahren mit mehreren tausend | |
Soldaten einen Kampfeinsatz gegen islamistische Terrorgruppen in Mali. | |
[4][Aus Deutschland] dienen aktuell 978 Soldaten in der UN-Mission Minusma, | |
die Malis Regierung stabilisieren soll, und 299 Soldaten in der | |
EU-Trainingsmission EUTM Mali, die Malis Armee ausbildet. Eine | |
demokratische Regierung in Mali ist für all diese Einsätze die politische | |
Voraussetzung. | |
In Mali stoßen die Sanktionen auf eine Welle patriotischer Empörung. Am | |
vergangenen Wochenende demonstrierten Hunderttausende in der Hauptstadt | |
Bamako. Sie werden von ihren südlichen Nachbarn abgeschnitten – aber für | |
die ausländischen Truppen in Mali gelten diese Einschränkungen nicht. | |
Die Länder Westafrikas stellen die meisten Minusma-Blauhelme. Frankreich | |
versorgt seine Truppen in Mali teilweise über seine Logistikbasis in | |
Abidjan in der Elfenbeinküste; zugleich hängen für Mali bestimmte | |
Importgüter am Hafen von Abidjan fest, wegen der Sanktionen. | |
## Russen sind angeblich schon in Mali | |
Während des Überflugverbots für die Deutschen am Mittwochabend hielt Malis | |
Präsident Oberst Assimi Goïta gerade seine [5][Rede anlässlich des Tages | |
der Streitkräfte], den das Land jedes Jahr am 20. Januar begeht. Goïta | |
betonte die Einheit zwischen Armee und Volk und kündigte eine Revision der | |
bestehenden Verteidigungsabkommen an – das geltende Abkommen mit Frankreich | |
von 2013 gibt dem Militär der alten Kolonialmacht volle Bewegungsfreiheit | |
in Mali. | |
„Zugleich sind neue Abkommen unterschrieben worden“, fügte Goïta hinzu. | |
Klar war, was er damit meinte – die Stationierung russischer Söldner und | |
Militärausbilder im Umkreis der privaten russischen Militärfirma Wagner im | |
Gegenzug für Bergbaurechte an russische Firmen, über die seit Langem | |
spekuliert wird. | |
Seit Wochen wird von Landungen russischer Militärmaschinen in Bamako | |
berichtet. Am 5. Januar bestätigte Malis Regierung erstmals, dass [6][200 | |
Russen in Timbuktu] stehen. Russische Kämpfer sollen auch mit Malis Armee | |
im Zentrum des Landes im Einsatz sein. | |
Ein Wagner-Deal gilt für Frankreich als rote Linie, deren Überschreiten ein | |
Ende der Militärkooperation mit Mali zur Folge hätte – eventuell auch | |
seitens Deutschlands und der EU. Möglicherweise bringt die Obstruktion aus | |
Bamako jetzt Berlin dazu, diesen Schritt zu vollziehen. | |
20 Jan 2022 | |
## LINKS | |
[1] https://minusma.unmissions.org/en | |
[2] /Bundeswehr-in-Mali/!5778893 | |
[3] https://www.ecowas.int/final-communique-ecowas-extraordinary-summit-on-mali/ | |
[4] https://www.bundeswehr.de/de/einsaetze-bundeswehr/mali-einsaetze | |
[5] http://news.abamako.com/h/264910.html | |
[6] https://www.rfi.fr/fr/afrique/20220107-au-mali-la-pr%C3%A9sence-d-instructe… | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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