# taz.de -- Spannung zwischen Gaza und Israel: Angst vor dem nächsten großen … | |
> Der Hungerstreik eines Palästinensers in israelischer Haft könnte zur | |
> Eskalation führen. Der „Islamische Dschihad“ droht mit einer „Explosio… | |
Bild: Solidaritätsdemonstration für den hungerstreikenden Hisham Abu Hawash i… | |
TEL AVIV taz | Es könnte der Funke sein, der eine erneute Eskalation | |
zwischen den militanten Organisationen Hamas und „Islamischer Dschihad“ im | |
Gazastreifen und in Israel herbeiruft: | |
Der Islamische Dschihad warnte vor einer „Explosion“, sollte der sich in | |
israelischer [1][Verwaltungshaft] befindende Hisham Abu Hawash sterben. Abu | |
Hawash befindet sich seit mehr als 140 Tagen im [2][Hungerstreik], um gegen | |
seine Inhaftierung zu protestieren. | |
Verwaltungshaft bedeutet, dass ein Gefangener ohne Prozess und Anklage auf | |
unbestimmte Zeit festgehalten werden kann. Knapp 500 | |
Palästinenser*innen werden derzeit in Verwaltungshaft in israelischen | |
Gefängnissen festgehalten. | |
„Ein Streichholz genügt“, sagt Nahost-Experte Yoram Meital. Daran habe sich | |
seit vergangenem Mai, als die Situation mit einem elf Tage dauernden Krieg | |
zwischen der militanten, den Gazastreifen kontrollierenden Hamas und Israel | |
eskalierte, nichts geändert. | |
## Zentrale Konflikte zwischen Israel und Gaza ungelöst | |
Am vergangenen Samstag flogen von Gaza aus zwei Raketen nach Israel, die im | |
Meer vor Tel Aviv landeten. Die Hamas sagte, dass die Wetterverhältnisse | |
den Abschuss ausgelöst hätten. Das israelische Militär griff in Folge laut | |
dem israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett eine Raketenwerkstatt | |
und Stützpunkte der Hamas an. | |
Das grundlegende Problem sieht Meital darin, dass der [3][Krieg im Mai] | |
allein mit der Vereinbarung beendet wurde, die Waffen ruhen zu lassen – | |
nicht mit einem ausgehandelten Waffenstillstand, der zentrale | |
Konfliktpunkte zwischen den Parteien beseitigt hätte. | |
Zentrale Konflikte sind auch acht Monate nach der letzten Eskalation noch | |
ungeklärt, etwa um den Geldtransfer aus Katar nach Gaza. | |
Israel ist dabei, einen überwachten Weg für den Geldtransfer zu finden, was | |
die Hamas ihrer Haupteinnahmequelle berauben und die militante Organisation | |
bedrängen dürfte. Bis zum Mai kam das Geld in Koffern mit Bargeld über die | |
Grenze, vieles davon ist Medienberichten zufolge direkt in die Hände der | |
Hamas geflossen. Hamas verliert nun laut Nahost-Experten Meital innerhalb | |
des Gazastreifens an Popularität, auch angesichts der sich dramatisch | |
verschlechternden Lebensbedingungen der Bevölkerung. | |
## Hamas profitiert im Westjordanland | |
Auch gab es bisher keine Einigung in Sachen Gefangenenaustausch. In den | |
Händen der Hamas befinden sich die Leichen der zwei im Krieg von 2014 | |
getöteten israelischen Soldaten. Außerdem vermutlich zwei israelische | |
Gefangene, die unabhängig voneinander 2014 und 2015 mit unklarer Motivation | |
die Grenze nach Gaza selbst passiert haben. Anstrengungen, diese gegen | |
Palästinenser*innen in israelischen Gefängnissen auszutauschen, | |
scheiterten bisher. | |
Hamas’ Taktik gegen finanzielle Bedrängnis und sinkende Beliebtheit im | |
Gazastreifen war schon im vergangenen Krieg, sich als Beschützer der | |
palästinensischen Sache zu gerieren. Damit konnten sie vor allem unter den | |
Palästinenser*innen Ostjerusalems und im Westjordanland enorm an | |
Popularität gewinnen. | |
Die wenigsten Palästinenser*innen dort fühlen sich noch von dem mit | |
autoritärer Hand regierenden, 86-jährigen Mahmoud Abbas vertreten. 75 | |
Prozent der Palästinenser*innen im Westjordanland fordern seinen | |
Rücktritt. | |
Gleichzeitig ist die Frustration unter Palästinenser*innen angesichts | |
von zunehmender Siedlergewalt im Westjordanland groß, genauso wie | |
angesichts der als Symbol dienenden Situation im Ostjerusalemer Stadtteil | |
Sheikh Jarrah, die im Mai mit zu der Eskalation beigetragen hatte. Nach wie | |
vor sind dort Palästinenser*innen von Zwangsräumung bedroht. Für | |
viele Palästinenser*innen steht dieser Konflikt stellvertretend für | |
eine politische Absicht von israelischer Seite, die | |
Palästinenser*innen aus der umkämpften Stadt Jerusalem zu vertreiben. | |
Hoffnung auf Ruhe wird überschattet von vielen Gründen für eine erneute | |
Eskalation. | |
3 Jan 2022 | |
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## AUTOREN | |
Judith Poppe | |
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