| # taz.de -- Theatervorschau für Berlin: Die Britney in uns allen | |
| > Überall Abhängigkeiten: das DT zeigt Tolstois „Auferstehung“, das | |
| > Schlossparktheater „Rent a Friend“. Pop und Macht mit „It’s Britney, | |
| > Bitch“ am BE. | |
| Bild: Wird alles im Nichts enden? „Auferstehung“ mit Regine Zimmermann, Kot… | |
| „Auferstehung“, der Titel der ersten 2022er-Premiere im [1][Deutschen | |
| Theater], passt auf den ersten Blick ganz gut zum Jahresanfang. Denn das | |
| ist ja das, was wir uns alle wünschen: dass wir endlich aus der Pandemie | |
| auferstehen können. | |
| Allerdings markiert der Titel von Leo Tolstois letztem Roman, der hier nun | |
| auf die Bühne kommt, eher einen Abstieg: Ein Fürst erkennt als Geschworener | |
| bei Gericht in einer angeklagten Sexarbeiterin sein einstiges Hausmädchen | |
| wieder, das er damals in einer Osternacht (dem Fest der Auferstehung | |
| Christi) verführte bzw. aus heutiger Sicht wohl eher sexuell missbrauchte. | |
| Der Fürst fühlt sich nun mitschuldig an ihrem Schicksal und hadert mit dem | |
| Thema Sühne. Regisseur Armin Petras, der schon oft aus einigen komplexen | |
| Romanstoffen feingesponnene wie tiefgründige Theaterabende machte, hat sich | |
| des düsteren Stoffs angenommen („Auferstehung“, Achtung: die geplante | |
| Premiere am 6. 1. wurde aktuell verschoben; weitere Informationen unter: | |
| [2][www.deutschestheater.de]). | |
| Viele tragische Verstrickungen entwickeln ihren dunklen Sog in den alten | |
| Stoffen (wie bei Tolstoi eben) auf Grund der noch unangetasteten | |
| patriarchalen Ordnung und einer streng in soziale Klassen eingeteilten | |
| Gesellschaft. Wer hier die Regeln verletzte, Klassenschranken zu überwinden | |
| versuchte und dabei nicht zu den Herrschenden zählte, war dem Untergang | |
| geweiht. | |
| ## Soziale Statusbehauptung auf Anfrage | |
| Selbiges kann im Steglitzer [3][Schlossparktheater] nicht so leicht | |
| passieren, wo Folke Braband seine Komödie „Rent a Friend“ am 6. Januar | |
| selbst uraufführt. Darin geht es um eine Agentur, bei der man bei Bedarf | |
| Partner:innen oder gar Verlobte mieten kann, wenn man sie auf Zeit mal | |
| für irgendeine soziale Statusbehauptung braucht. | |
| Beispielsweise wenn zu Besuch kommende Väter nach künftigen (und zünftigen) | |
| Schwiegersöhnen fragen und Töchter aktuell nichts zu bieten haben, das | |
| penetrante Väter mundtot machen könnte. Aber weil es das Komödiengeschäft | |
| so will, wird es bei solchen Deals natürlich immer irgendwann ernst („Rent | |
| a Friend“, Premiere, 6. 1., 20 Uhr). | |
| Dass tolstoihafte Verstrickungen auch in unseren Zeiten noch immer möglich | |
| sind, hat der Fall von Britney Spears gezeigt, die sich erst kurz vor | |
| Jahresende aus der Zwangsjacke der Vormundschaft ihres Vaters befreien und | |
| in ein selbstbestimmtes Leben zurückkehren konnte. „It’s Britney, Bitch“ | |
| haben Lena Brasch und Sina Martens im [4][Berliner Ensemble] einen | |
| musikalisch-erzählerischen Abend (nach einem Spears-Hit) überschrieben: | |
| „über unglückliche Liebe und Abhängigkeit, über Wahrheit und Wahrhaftigke… | |
| im Pop, über Väter von Töchtern und über Töchter von Vätern“, über Bri… | |
| Spears und die Britney in uns allen – wie es in der Vorankündigung heißt | |
| („It’s Britney, Bitch“, Premiere: 7. 1., 20:30 Uhr). | |
| 3 Jan 2022 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.deutschestheater.de/programm/a-z/auferstehung/ | |
| [2] https://www.deutschestheater.de/ | |
| [3] https://www.schlossparktheater.de/produktionen/rent-a-friend.html?ID_Vorste… | |
| [4] https://www.berliner-ensemble.de/inszenierung/its-britney-bitch | |
| ## AUTOREN | |
| Esther Slevogt | |
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