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# taz.de -- Maßnahmen gegen Corona in Belgien: Belgiens Kultur probt den Aufst…
> Wegen steigender Omikron-Zahlen sollten Theater, Kinos und Konzertsäle
> schließen, doch die Betreiber weigerten sich. Nun gab ihnen die Justiz
> recht.
Bild: Protest in Brüssel gegen die Coronamaßnahmen, die vor allem kulturelle …
Brüssel taz | Im Streit über Schutzmaßnahmen gegen die Coronapandemie hat
die belgische Regierung eine spektakuläre Kehrtwende vollzogen. Nur drei
Tage nachdem alle Theater, Kinos und Konzertsäle des Landes schließen
sollten, wurde dieser Beschluss am Mittwoch wieder rückgängig gemacht. Dies
entschied die belgische Föderalregierung in einer kurzfristig einberufenen
Krisensitzung. Theater, Konzerthallen und Kinos können ab sofort wieder
Besucher empfangen.
In seiner Entscheidung erklärte der belgische Staatsrat am Dienstagabend,
es sei von der föderalen Regierung nicht hinreichend dargelegt worden,
inwiefern die Kulturstätten „besonders gefährliche“ Aufenthaltsorte seien
und zur Ausbreitung des Coronavirus beitrügen. Premierminister Alexander De
Croo und seinem Kabinett blieb nichts anderes übrig, als die Maßnahme zu
annullieren.
Für die belgische Politik ist es eine schallende Ohrfeige, für die Kultur
ein unverhoffter und hart erkämpfter Erfolg. Viele Theater und Kinos hatten
gegen die Schließung aufbegehrt und die Türen auch am Sonntag offen
gehalten, als die Maßnahmen eigentlich greifen sollten. Der zivile
Ungehorsam breitete sich aus; selbst renommierte Theater wie „Le Public“
in Brüssel widersetzten sich dem Verbot.
Durch das überraschende Urteil des Staatsrats fühlen sich die
Kulturschaffenden nun in ihrem Widerstand gegen die „unsinnigen Maßnahmen“
bestätigt. Sie berufen sich nicht nur auf ausgefeilte – und kostspielige –
Hygienekonzepte, die in vielen Kinos und Theatern umgesetzt wurden. Die
Kulturleute verweisen auch auf die Experten, die bei der entscheidenden
Sitzung des Krisenstabs der Regierung am 22. Dezember gar keine Schließung
des Kultursektors gefordert hatten. Die Epidemiologen brachten ganz andere
Kontaktbeschränkungen ins Gespräch, etwa verkürzte Öffnungszeiten in der
Gastronomie.
## Belgische Blamage
Doch darauf konnte sich [1][die „Vivaldi“-Regierung], an der mehrere
Parteien aus den drei Regionen beteiligt sind, nicht einigen. Da man kurz
vor Weihnachten unbedingt ein Ergebnis vorweisen wollte, griffen De Croo
und seine Minister zum Kultur-Lockdown – in der irrigen Annahme, von dort
sei am wenigsten Widerstand zu erwarten.
Ein Fehler: Nicht nur die Kulturszene probte den Aufstand, auch die
Experten distanzierten sich. Der Epidemiologe Marius Gilbert sprach von
einem „totalen Vertrauensbruch“. Andere stellten den belgischen Krisenstab
infrage, der der deutschen Ministerpräsidentenkonferenz ähnelt und ähnlich
unberechenbar ist.
Das Ergebnis sei eine Blamage für die belgische Regierung, sagt der
Politikwissenschaftler Carl Devos. „Es wurde schlimmer und schlimmer und
jetzt ist es nur noch peinlich“, so der flämische Experte. Die abrupte
Kehrtwende könne auch bei der Wahl 2024 Folgen haben. „Es herrscht ein
Mangel an Führung und Vision“, so Devos.
Dabei braucht Belgien derzeit besonders viel Führungsstärke. Denn die
Omikron-Variante des Coronavirus breitet sich immer mehr aus. Während die
14-Tage-Inzidenz zuletzt auf 918 Fälle pro 100.000 Menschen gefallen ist,
werden immer mehr Fälle gemeldet. Laut dem Virologen Emmanuel André gehen
rund 60 Prozent der Fälle auf Omikron zurück.
Allerdings ist die Lage noch nicht so kritisch wie in den Nachbarländern.
Die [2][Niederlande haben schon seit Weihnachten den vollständigen
Lockdown]. Und Frankreich meldete am Mittwoch eine Rekordzahl von mehr als
200.000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden. Kommende Woche ist in Belgien
bereits die nächste Krisensitzung geplant – mit neuen Maßnahmen.
29 Dec 2021
## LINKS
[1] http://xn--Die%20gaaanz%20groe%20Koalitionhttps:-jrc//taz.de/Regierungsbild…
[2] /Corona-Lockdown-in-den-Niederlanden/!5822944
## AUTOREN
Eric Bonse
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