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# taz.de -- Protest gegen Coronamaßnahmen: Die Show muss weitergehen
> Mit zivilem Ungehorsam zwingen Kulturschaffende in Belgien die Regierung
> in die Knie. Sie ließen ihre Geschäfte offen und zogen vor Gericht.
Bild: Der Kultur sollte es an den Kragen gehen
[1][Verbotene Weihnachtsmärkte], geschlossene Schulen, nächtliche
Ausgangssperren: Immer wieder sorgen Maßnahmen gegen die Coronapandemie in
der EU für Streit. Doch selten war der Widerstand so spektakulär wie in
Belgien. Noch nie ist eine Regierung so schnell eingeknickt. Ganze drei
Tage dauerte es, bis die umstrittene Schließung von Theatern, Kinos und
Konzertsälen einkassiert wurde. Die Gegner des Kulturlockdowns waren vor
Gericht gezogen und bekamen recht.
Die belgische Regierung hatte keine andere Wahl, als die Maßnahmen
aufzuheben. Denn nicht nur die Justiz, auch die Wissenschaft hat sich gegen
die Maßnahmen gestellt. Für die Schließung von Kultureinrichtungen gebe es
keine epidemiologische Begründung, so die Überzeugung von Experten. Es war
eine Willkürmaßnahme, die Premierminister Alexander De Croo und seine
Kollegen am 22. Dezember aus dem Hut gezaubert haben.
Weil sie sich nicht auf einen [2][Teillockdown] der Gastronomie einigen
konnten und eilig nach Alternativen suchten, griffen sie zur Kultur.
Theatermacher, Kinobetreiber und Konzertveranstalter sollten die Fehler
der Politik ausbaden – aber die wehrten sich. Gleich nach Weihnachten ging
die Kulturszene auf die Barrikaden, mehrere Theater und Kinos in Brüssel,
Lüttich und anderen Städten verweigerten schlicht die Schließung.
Mit ihrem erfolgreichen [3][Widerstand] setzen die Kulturschaffenden ein
Zeichen, das weit über die Grenzen Belgiens hinaus Wirkung zeigen dürfte.
Auch in Deutschland, Frankreich und anderen EU-Ländern wird die Kultur
immer wieder unsinnigen oder unverhältnismäßigen Coronamaßnahmen geopfert.
Damit muss Schluss sein. Viele Kultureinrichtungen haben mit kostspieligen
und wirksamen Hygienekonzepten Vorsorge getroffen. Sie sind keine
Coronaleugner oder „Querdenker“, sondern verantwortungsbewusste Bürger.
Sie dürfen nicht ins Abseits gedrängt werden. Kultur ist gerade in
finsteren Coronazeiten ein Lebenselixier der Demokratie. Wer sie abwürgt,
zerstört Vertrauen. Genau das ist in Belgien passiert. Das Vertrauen in die
belgische Regierung ist schwer angeschlagen. Der Epidemiologe [4][Marius
Gilbert] spricht von einem „totalen Vertrauensbruch“. Nur die Justiz
scheint noch in der Lage, die Gesellschaft zusammenzuhalten.
In Deutschland und anderen EU-Ländern sieht es nicht viel besser aus. Auch
hierzulande bröckelt das Vertrauen in die Politik. Auch in der EU häufen
sich unsinnige und unverhältnismäßige Maßnahmen gegen die Coronakrise. Was
in Belgien passiert, ist eine Warnung – für ganz Europa.
30 Dec 2021
## LINKS
[1] /Corona-und-Weihnachtsmaerkte/!5816007
[2] https://www.standaard.be/cnt/dmf20211222_96122337
[3] https://www.archyde.com/protests-against-closed-theaters-and-cinemas-in-bel…
[4] https://spell.ulb.be/person/marius-gilbert/
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
taz.gazete
Schwerpunkt Coronavirus
Lockdown
Ziviler Ungehorsam
Wochenkommentar
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Belgien
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