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# taz.de -- Parlamentswahl in Hongkong: „Wahlen“ und keiner geht hin
> Viele Hongkonger protestieren mit Nichtwählen gegen die chinesischen
> Repressionen vor der Abstimmung. Die Beteiligung fällt auf ein
> Rekordtief.
Bild: Verwaltungschefin Carrie Lam muss im neuen Stadtparlament keine Demokrati…
Peking taz | Am Montag haben die Pro-Peking-Kandidaten den Wahlsieg für
sich beansprucht. Doch streng genommen stand dieser bereits im Vorhinein
fest, schließlich wurde die pro-demokratische Opposition bei den
[1][Hongkonger Parlamentswahlen] gar nicht erst zugelassen. 82 der
insgesamt 90 Abgeordnetensitze gingen an das Regierungslager, bei den
restlichen Politikern ist der politische Hintergrund nicht bekannt.
Doch angesichts der geringen Entscheidungsmöglichkeit ist das
aussagekräftigere Resultat vielmehr die Wahlbeteiligung. Schließlich ist
das Fernbleiben vom Urnengang in Hongkong mittlerweile die letzte
Möglichkeit, um eine grundsätzliche Kritik am System zum Ausdruck zu
bringen. Nur rund 30 Prozent aller registrierten Wahlberechtigten haben am
Sonntag ihre Stimme abgegeben. So wenige waren es noch nie.
Dies ist umso erstaunlicher, als dass die Regierung auf verschiedenen Wegen
versucht hat, die Wahlbeteiligung künstlich zu erhöhen. Bürger, die auf
sozialen Medien dazu aufriefen, die Wahl zu boykottieren, wurden
strafrechtlich verfolgt. Und selbst Medien, die bei ihren Wahlumfragen
ungültige Stimmabgabe inkludiert hatten, gerieten ins Fadenkreuz der
Justiz. Dennoch herrschte vor vielen Wahllokalen am Sonntag gähnende Leere.
Auf sozialen Medien mokierten einige Nutzer, dass mehr Reporter als
Stimmvolk zu sehen sei.
Bei einer Pressekonferenz konnte [2][Verwaltungschefin Carrie Lam]
ebenfalls nicht erklären, warum die Bewohner am Sonntag lieber Zuhause
blieben. „Immerhin 1,35 Millionen sind wählen gegangen. Man kann also nicht
sagen, dass die Wahl eine Menge Unterstützung von den Bürgern erhalten
hat“, stammelte die 64-Jährige sichtbar überfordert.
## Chinesische Propaganda
Doch trotz allem haben Chinas Staatsmedien die Wahl als demokratisches
Volksfest zelebriert. Die englischsprachige China Daily prognostizierte
bereits am Wochenende, dass Hongkong „von Wahlbegeisterung gepackt“ wird.
Und die Nachrichtenagentur Xinhua vermeldete stolz, dass die
Wahlbeteiligung eines 1.500-köpfigen, von Peking nach seiner Umgestaltung
des Wahlrechts auserlesenen Wahlkomitees, bereits am Nachmittag bei über 90
Prozent lag. Dieses Komitee, das 40 der 90 Abgeordneten wählt, besteht
ausschließlich aus Peking-treuen Politikern.
Am Montagmorgen schließlich legte der Staatsrat in Chinas Hauptstadt eine
Dreistigkeit an den Tag, die ihres gleichen sucht: Er publizierte ein
ellenlanges „Weißpapier“ über Hongkongs Demokratie, die nun „wieder zur…
auf Spur“ sei. Das Dokument ist an Perfidität nicht zu überbieten,
schließlich hat Chinas Regierung nicht nur [3][Hongkongs führende
Oppositionelle] systematisch verhaften lassen, sondern auch die [4][Anzahl
der direkt vom Volk gewählten Abgeordneten] von 50 auf knapp über 20
Prozent reduziert.
Wie eine wirklich freie Wahl mit [5][zugelassener Opposition] ausgegangen
wäre, lässt sich nur erahnen. Doch bei den letzten Kommunalwahlen im
November 2019 zogen rekordverdächtige 71 Prozent aller Stimmberechtigten an
die Urne. Damals gelang dem pro-demokratischen Lager ein regelrechter
Erdrutschsieg, 17 von 18 Bezirksräten konnten sie für sich gewinnen.
20 Dec 2021
## LINKS
[1] /Demokratiebewegung-wurde-aussortiert/!5818785
[2] /Chinatreue-Regierungschefin-Carrie-Lam/!5618004
[3] /Junger-Hongkonger-Aktivist/!5813908
[4] /Wahlreform-fuer-Hongkong/!5752765
[5] /Opposition-in-Hongkong/!5742333
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Hongkong
China
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Schwerpunkt Pressefreiheit
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