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# taz.de -- Urteil in Österreich: „Falter“ gewinnt gegen ÖVP
> Es ist ein Urteil in letzter Instanz: Die österreichische Wochenzeitung
> „Falter“ darf weiter über die Wahlkampfkosten-Überschreitung der ÖVP
> berichten.
Bild: 600 Euro für die Haare und vertuschte Wahkampfkosten: Sebastian Kurz und…
Wien taz | Die ÖVP hat Wahlkampfkosten falsch gebucht und die
Öffentlichkeit über die wahren Kosten des Wahlkampfes 2019 absichtlich
getäuscht. Das darf die Wiener Wochenzeitung Falter jetzt ungestraft
behaupten. Der Oberste Gerichtshof hat die Revision der [1][ÖVP] gegen das
zweitinstanzliche Urteil des Oberlandesgerichts zurückgewiesen. Damit ist
dessen Urteil gegen die Regierungspartei rechtskräftig. Falter-Herausgeber
Armin Thurnher freut sich über „das schönste Geschenk“ [2][anlässlich der
600. Ausgabe seiner Seuchenkolumne], die er seit Beginn der Pandemie
täglich ins Netz stellt.
Der bereits am 20. Oktober ausgefertigte Beschluss des Höchstgerichts ist
den Streitparteien am Dienstag zugestellt geworden und beendet einen mehr
als einjährigen Rechtsstreit.
Die Geschichte beginnt mit einem anonymen E-Mail, das am 17. August 2020
beim Falter eintraf. Betreff: „Spenden ÖVP“. In den 20 angehängten Word-
und Excel-Dateien fanden sich Informationen über mutmaßliche Spender der
Liste Sebastian Kurz. Dokumentiert sind deren Namen, die von ihnen
überwiesenen Beträge und sogar die Buchungsdaten.
Daraus geht hervor, wie die Zahlungen so gestückelt wurden, dass sie unter
der meldepflichtigen Höhe blieben. Neben eher anekdotischen Details, etwa
dass der stets perfekt gegelte Kurz seiner Partei 600 Euro für sein „Hair
Grooming“ in Rechnung stellte, enthielt die Post auch besonders brisantes
Material, nämlich eine Buchhaltung, aus der hervorging, dass Spenden so
verbucht wurden, dass sie nicht im offiziellen Wahlkampfbudget aufschienen.
Die ÖVP war schon nach dem Nationalratswahlkampf 2017 für die
Überschreitung der gesetzlichen Obergrenze für Kampagnenausgaben um fast
100 Prozent verurteilt worden. Nach dem Platzen des Ibiza-Skandals und
einem Misstrauensvotum gegen die gesamte Regierung musste die ÖVP 2019 nach
wenig mehr als zwei Jahren erneut in den Wahlkampf ziehen. Diesmal, so
versicherte man treuherzig, werde man statt der erlaubten sieben Millionen
Euro nur sechs ausgeben. Die offenbar aus dem Inneren der ÖVP-Verwaltung
stammenden Informationen belegten das Gegenteil. Rund neun Millionen waren
investiert worden, um die Partei von Sebastian Kurz um sechs Prozentpunkte
gegenüber 2017 auf 37,5 Prozent hochzupushen.
Der Falter überprüfte die Daten und ging damit an die Öffentlichkeit.
Empört wiesen die Spitzen der ÖVP die Zahlen zurück. Der Falter sei einer
Fälschung aufgesessen und das werde man vor Gericht beweisen. Dort mussten
die Parteianwälte jedoch die Echtheit der Unterlagen eingestehen. Man
bestritt aber, dass Öffentlichkeit und Rechnungshof absichtlich über die
wahren Ausgaben getäuscht worden seien.
Schon das Erstgericht sah das anders. Der Oberlandesgerichtshof als
Berufungsinstanz bestätigte im August das Urteil, sah aber die
Täuschungsabsicht, was den Rechnungshof betrifft, nicht erwiesen. Drolliger
Weise verkaufte die [3][ÖVP] damals das Urteil wegen dieses Details als
Triumph, ging aber trotzdem in Revision. Mit dem Spruch des Obersten
Gerichtshofes ist die Schmach jetzt komplett.
15 Dec 2021
## LINKS
[1] /Regierungsumbildung-in-Oesterreich/!5816092
[2] https://cms.falter.at/blogs/athurnher/2021/12/15/der-falter-siegt-endguelti…
[3] /Oesterreichs-neuer-Bundeskanzler/!5817226
## AUTOREN
Ralf Leonhard
## TAGS
Schwerpunkt Pressefreiheit
Österreich
ÖVP
Pressefreiheit in Europa
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Österreich
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