| # taz.de -- Atomkraftgegner über Ampelkoalition: „Die Grünen müssen jetzt … | |
| > Der Atomausstieg ist noch nicht abgesichert, auch die Urananreicherung in | |
| > Deutschland kann beendet werden, sagt Atomkraftgegner Eickhoff. | |
| Bild: Münster, April 2020: Atomkraftgegner:innen demonstrieren gegen den Casto… | |
| taz: Herr Eickhoff, im [1][Koalitionsvertrag der Ampel versprechen SPD, | |
| Grüne und FDP,] den „Atomausstieg abzusichern“. Ist die Anti-Atom-Bewegung | |
| damit zufrieden? | |
| Matthias Eickhoff: Nein. Viele Fragen bleiben offen. Denn im | |
| Atomausstiegsgesetz, das nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima | |
| beschlossen wurde, klaffen riesige Lücken. Die Urananreicherungsanlage | |
| Gronau, die Brennelemente-Fabrik Lingen und der Forschungsreaktor Garching | |
| haben noch immer unbefristete Betriebsgenehmigungen. Wir fordern von der | |
| neuen Bundesregierung: Diese Atomanlagen müssen so schnell wie möglich | |
| stillgelegt werden. | |
| Warum? | |
| Die [2][UAA Gronau] beliefert jeden zehnten Atomreaktor weltweit mit | |
| Uranbrennstoff. Das soll laut bisheriger Planung auch nach Ende 2022, wenn | |
| die letzten deutschen AKW heruntergefahren werden, so weiter gehen. Dabei | |
| entstehen in Gronau jedes Jahr rund 5.000 Tonnen Atommüll, der billig in | |
| Russland entsorgt wird. Die Fässer mit radioaktivem Abfall aus Gronau | |
| rosten am Ural unter freiem Himmel. Die Umweltschutzorganisation Ecodefense | |
| des Trägers des Alternativen Nobelpreises, Vladimir Slivyak, protestiert | |
| seit 15 Jahren dagegen. | |
| Und Lingen und Garching? | |
| Die Brennelemente-Fabrik Lingen versorgt gefährliche Hochrisiko-Reaktoren | |
| wie Doel und Tihange in Belgien und Cattenom in Frankreich. Und der | |
| Forschungsreaktor Garching wird mit hochangereichertem und damit | |
| atomwaffenfähigem Uran betrieben. Das ist rechtswidrig. | |
| Gerade die FDP dürfte von Stilllegungsplänen wenig begeistert sein. | |
| FDP-Chef Christian Lindner hat im NRW-Landtag 2017 ein Ende der | |
| Brennelemente-Transporte nach Belgien gefordert – schließlich haben die | |
| Reaktordruckbehälter in Tihange und Doel Tausende Risse. Auch die SPD steht | |
| im Wort: Deren Umweltministerin Svenja Schulze hat das Ende der Atomanlagen | |
| in Gronau und Lingen gefordert – und beklagt, sie werde von der CDU | |
| ausgebremst. | |
| Und jetzt? | |
| Jetzt werden die entscheidenden Ministerien von den Grünen geführt. Als | |
| Umweltministerin muss Steffi Lemke schnell einen Stilllegungsfahrplan | |
| aufstellen. Und Robert Habeck muss als zuständiger Wirtschaftsminister ein | |
| Exportverbot von angereichertem Uran, von Brennelementen und von Uranmüll | |
| durchsetzen. | |
| Der Koalitionsvertrag sagt dazu allerdings nichts. | |
| Ausdrücklich erwähnt werden Gronau, Lingen und Garching nicht. Es heißt | |
| aber klipp und klar: „Wir stellen uns der Verantwortung für die | |
| radioaktiven Abfälle.“ Außerdem verspricht die Ampel, sich für die | |
| „Abschaltung der grenznahen Risikoreaktoren einsetzen“ zu wollen. Die | |
| Grünen haben also klare Aufträge im Koalitionsvertrag. Jetzt müssen sie | |
| handeln – auch Außenministerin Annalena Baerbock. | |
| Wieso Baerbock? | |
| Die Technologie der Urananreicherung steht auch für die Fähigkeit, | |
| Atombomben zu bauen. Jedes Land, das über diese Technologie verfügt, ist | |
| eine stille Atommacht – das zeigt der Streit über das iranische | |
| Atomprogramm. Eine Stilllegung der UAA Gronau wäre deshalb auch | |
| außenpolitisch ein starkes Signal des Friedens: Es wäre das erste Mal, dass | |
| ein Staat freiwillig auf die Urananreicherung verzichtet. | |
| Aber die Bundesrepublik ist doch dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten? | |
| Dem UN-Atomwaffenverbotsvertrag aber nicht. Hierzu heißt es im | |
| Koalitionsvertrag nur, die Ampel wolle „die Intention des Vertrags | |
| konstruktiv begleiten“. Die Anti-Atom-Initativen fordern deshalb den Abzug | |
| der US-Atomwaffen vom Luftwaffenstützpunkt Büchel in der Eifel. Das und die | |
| Stilllegung der UAA Gronau wären zwei sehr konstruktive Schritte hin zu | |
| einer Welt ohne Atomwaffen. | |
| Ist das realistisch? | |
| Die Urananreicherung ist ein milliardenschweres globales Business. Die | |
| UAA-Betreiberfirma Urenco will sogar beim Bau neuer Reaktoren dabei sein. | |
| Auf EU-Ebene wird aktuell ein Greenwashing der Atomenergie betrieben. Die | |
| grünen Minister:innen müssen deshalb jetzt schnell handeln – | |
| Atomenergie ist und bleibt brandgefährlich. | |
| 8 Dec 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Einigungen-der-Ampel-Parteien/!5817741 | |
| [2] /Von-Nordrhein-Westfalen-nach-Russland/!5690098 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
| ## TAGS | |
| Anti-Atom-Bewegung | |
| Schwerpunkt Atomkraft | |
| Urananreicherung | |
| Schwerpunkt Atomkraft | |
| Atomausstieg | |
| Bündnis 90/Die Grünen | |
| Schwerpunkt Emmanuel Macron | |
| Linke Szene | |
| Anti-Atom-Bewegung | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Atomwaffenfähiges Uran in Bayern: Reaktor darf weiterstrahlen | |
| Die Klage gegen den Betrieb des Forschungsreaktors in Garching mit hoch | |
| angereichertem Uran wird abgelehnt. Das Material kommt aus Russland. | |
| Drei AKWs zu Silvester abgeschaltet: Atomkraft kurz vor Schluss | |
| In der Silvesternacht werden die Kraftwerke Grohnde, Gundremmingen und | |
| Brokdorf abgeschaltet. In einem Jahr sind die verbleibenden drei Anlagen | |
| dran. | |
| Landesparteitag der Grünen in NRW: Zurück an die Macht | |
| Klare Sprache zum Wahlkampfauftakt: Die Grünen wollen regieren. Massive | |
| Unterstützung kommt per Videobotschaft von Vizekanzler Robert Habeck. | |
| Atomkraft in Frankreich: Herbeigeredete Wiedergeburt | |
| Länder wie Frankreich haben andere Gründe, an der Atomkraft festzuhalten, | |
| als das Klima. Macron etwa geht es ums Militär. | |
| Linke Aktivistin über ihre Erlebnisse: „Die Soko stürzte in unsere Küche“ | |
| In den 80er-Jahren schloss sich Annette Ramaswamy der Anti-Atom-Bewegung | |
| an. Seitdem geriet sie als Aktivistin oft mit dem Gesetz in Konflikt. | |
| Grönlands Regierung verbietet Uransuche: Versprechen eingelöst | |
| Grönlands Regierung verbietet auf der Arktisinsel jegliche Suche nach Uran | |
| und Öl. Die größte Oppositionspartei akzeptiert die Entscheidung. |