# taz.de -- Atomwaffenfähiges Uran in Bayern: Reaktor darf weiterstrahlen | |
> Die Klage gegen den Betrieb des Forschungsreaktors in Garching mit hoch | |
> angereichertem Uran wird abgelehnt. Das Material kommt aus Russland. | |
Bild: Abklingbecken des Forschunsgreaktors FRM II in Garching | |
MÜNCHEN taz | Der Forschungsreaktor FRM II in Garching darf mit | |
atomwaffenfähigem Uran betrieben werden. Eine [1][Klage des BUND | |
Naturschutz in Bayern (BN), mit der dieser forderte, die Anlage | |
stillzulegen], wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) in München | |
ab. Die Entscheidung wurde am Mittwoch bekannt gegeben. | |
Die TU München betreibt den Reaktor seit 2004 mit hoch angereichertem | |
atomwaffenfähigen Uran (HEU). Rechtsanwalt Ulrich Wollenteit, der die | |
Kläger vertritt, argumentierte, der Reaktor sei seit 2011 | |
„genehmigungslos“. Er begründete das mit dem Wortlaut der Genehmigung. | |
Danach sei es „nicht hinnehmbar“, dass der Reaktor nach dem 31. Dezember | |
2010 mit Uran betrieben werde, das mehr als 50 Prozent angereichert sei. | |
Diese Bedingung hatte das Bundesumweltministerium für die Genehmigung durch | |
das bayerische Umweltministerium gestellt. | |
Das Gericht folgte in der mündlichen Verhandlung aber erkennbar den | |
Ausführungen der Landesbehörde. Ein Beamter erklärte, dass die in der | |
Genehmigung festgelegte und mehrfach verlängerte Frist zur Umrüstung des | |
Reaktors auf niedriger angereichertes Uran „völlig frei gesetzt“ und | |
objektiv nicht einzuhalten gewesen sei. Die Formulierungen zur Vorsorge | |
gegen die Weiterverbreitung des atomwaffenfähigen Materials in der | |
Genehmigung seien seinerzeit vom Bundesumweltministerium vorgegeben worden. | |
Der Subtext: Der damalige grüne Minister habe die Einschränkung gegen den | |
Willen Bayerns durchgesetzt. | |
Mit der befristeten Gestattung des HEU-Einsatzes wollte das | |
Bundesministerium damals die Wogen glätten, die die Münchner Forscher mit | |
ihren Plänen international ausgelöst hatten. So war sowohl die Forschung | |
möglich, als auch die Bedenken des Auswärtigen Amtes wegen der | |
[2][Verpflichtungen des Nichtweiterverbreitungsvertrags] ernst genommen | |
wurden. | |
## Alternativen wären möglich | |
Wolfgang Liebert, Professor für Nukleare Sicherheit und Risiko von der | |
Wiener Uni für Bodenkultur, hatte während der Verhandlung dargestellt, dass | |
es schon bei Inbetriebnahme des Reaktors 2004 möglich gewesen wäre, einen | |
niedriger angereicherten Uran-Silizid-Brennstoff zu verwenden. Der neue | |
monolithische Uranmolybdän-Brennstoff, den die TU jetzt vorschlägt, hätte | |
spätestens 2006 auf seine Eignung untersucht werden können. | |
Die TU plant, den Reaktor bis 2030/2032 umzurüsten. Das befand der | |
Verwaltungsgerichtshof für einen „angemessenen Zeitraum“. Rechtsanwalt | |
Wollenteit weist aber darauf hin, dass bis dahin „gegen jede internationale | |
Vernunft“ waffenfähiges Uran im Reaktor eingesetzt werde – und dass dieses | |
nach der Weigerung der USA, den Reaktor zu beliefern, aus Russland komme. | |
Der BN ist über das Urteil enttäuscht. Die Grünen im Bayerischen Landtag | |
und die Organisation Internationale Ärzt:innen für die Verhütung des | |
Atomkrieges – Ärzt:innen in sozialer Verantwortung kritisieren es scharf. | |
BN-Landesgeschäftsführer Peter Rottner hatte am Rande der Verhandlung | |
gesagt, es seien „eine Menge grundsätzlicher Rechtsfragen zu klären, so | |
dass auch die nächste Instanz gefragt werden wird“. Wahrscheinlich ist ein | |
zweiter Anlauf vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die TU will den | |
Reaktor, der wegen zahlreicher Probleme die letzten fünf Jahre fast immer | |
außer Betrieb war, 2024/2025 wieder anfahren – zur Not auch mit HEU. (Az. | |
22 A 20.40009) | |
19 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
karl amannsberger | |
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