# taz.de -- Tote bei Protesten in Kongo: Explodierte Gerüchteküche | |
> In Goma in der DR Kongo sind schwere Unruhen ausgebrochen. Auslöser: die | |
> Behauptung, dass nach Uganda auch Ruanda eingreifen soll. | |
Bild: Goma am Montag: Die Polizei spricht von zwölf Schwerverletzten in den ei… | |
Goma taz | Schon gegen vier Uhr morgens war die Stimmung aufgeheizt. | |
Aufgeregte Jugendliche bastelten Straßensperren aus demolierten Kiosken, | |
zündeten Reifen an und stoppten den Verkehr, bis die Polizei anrückte, | |
nicht weniger entschlossen. Kampfszenen mitten in Goma legten die | |
ostkongolesische Millionenstadt am Montag, 20. Dezember lahm, Schulen, | |
Büros, Märkte und Geschäfte blieben geschlossen. | |
Auslöser der Unruhen in der Hauptstadt der Provinz Nord-Kivu: ein Gerücht | |
über eine gemeinsame Kommandozentrale der Polizei der Demokratischen | |
Republik Kongo und Ruandas in Goma, um die zunehmende Unsicherheit in der | |
Stadt gemeinsam zu bekämpfen – Goma liegt [1][direkt an der Grenze zu | |
Ruanda]. | |
„Das geht nicht. Die Ruander können nicht herkommen und für Sicherheit | |
sorgen, dagegen leisten wir Widerstand mit allen Mitteln“, empört sich der | |
junge Politiker Nzighali Lumangabo von der Partei Génération Positive. | |
Gracien Iracan, Abgeordneter des Provinzparlaments von Nord-Kivu, hat | |
öffentlich einen solchen Plan „inakzeptabel“ genannt. „Die Bevölkerung … | |
es nicht zulassen.“ Die Jugendbewegungen Veranda Mutsanga und La Lucha | |
machten in den vergangenen Tagen dagegen mobil. | |
Dass Behörden und Polizei den Plan dementierten, war egal – die Leute | |
glauben ihnen nicht. „Die Bewohner von Goma haben die Schnauze voll von den | |
wiederholten Morden trotz Kriegsrechts“, erklärt Provinzparlamentarier | |
Jean-Paul Ngahangondi. „Erst in der Nacht zu Donnerstag töteten Banditen | |
sechs Menschen in einer einzigen Ecke der Stadt. Es reicht.“ | |
Die Polizei ging am Montag mit Gewalt gegen die Proteste vor, wurde aber | |
schnell überwältigt. Zwei Polizisten sollen von Demonstranten getötet | |
worden sein. Im Stadtviertel Majengo verbreiten die Bewohner Fotos eines | |
jungen Mannes voller Blut – ein angebliches ziviles Todesopfer der | |
Auseinandersetzungen. Mehrere Gebäude wurden verwüstet. | |
Die Polizei spricht von zwölf Schwerverletzten in den eigenen Reihen und | |
sagt, Milizen hätten die Demonstrationen infiltriert. Videos zeigen | |
Jugendliche, die mit Schusswaffen unterwegs sind – unüblich für einen | |
zivilen Protest. | |
„Es ist ein Aufstand und er muss niedergeschlagen werden“, erklärte General | |
Sylvain Ekenge, Sprecher der [2][Militärregierung], die Nord-Kivu seit | |
Verhängung des Kriegsrechts im Mai verwaltet. „Diese Demonstrationen sind | |
ein Bruch der Kriegsrechtsbestimmungen, ihre Organisatoren werden ausfindig | |
gemacht und sie werden die Härte des Gesetzes spüren.“ | |
Eigentlich war der Montag nur als „Operation Geisterstadt“ geplant, also | |
ein Generalstreik der gesamten Bevölkerung, aber die Dinge eskalierten | |
schnell. „Wir wollten nichts lahmlegen, die Polizei hat unseren Aufruf in | |
eine Auseinandersetzung verwandelt“, klagt Eric Bwanapua, einer der | |
Organisatoren des Protests. | |
Beobachter kritisieren, dass die staatlichen Behörden dem Gerücht über eine | |
Stationierung ruandischer Polizisten in Goma nicht überzeugend | |
entgegengetreten seien, in einer angespannten politischen Situation. | |
Nord-Kivu und die Nachbarprovinz Ituri befinden sich seit Mai [3][unter | |
Kriegsrecht], aber die Sicherheitslage hat sich nicht verbessert. Seit | |
Kurzem ist [4][Ugandas Armee] in Teilen Nord-Kivus im Einsatz, um Rebellen | |
zu bekämpfen. | |
„Wir verfolgen alles, was weiter nördlich um Beni mit dem Einmarsch der | |
ugandischen Armee geschieht. Da kam plötzlich diese Geschichte über Ruander | |
bei uns dazu. Die Beziehungen zu Ruanda sind ein heikles Thema in der | |
kongolesischen Öffentlichkeit. Aber die Behörden haben nicht gesagt, was | |
genau passierte, als Ruandas Polizeichef zu Besuch kam“, erklärt der | |
Politologe Mova Kisuhghu. | |
Weiter nördlich, in der Stadt Butembo, gab es am Montag ebenfalls einen | |
Aufruf zur „Operation Geisterstadt“. Straßen wurden gesperrt, Aktivisten | |
von Veranda Mutsanga belästigten einige Passanten. Aber es gab keine | |
Zerstörungen, die Lage wurde schnell unter Kontrolle gebracht. | |
20 Dec 2021 | |
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## AUTOREN | |
Kennedy Muhindo | |
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