Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nachhaltigkeit bei Schokokonzern: Ein bittersüßes Vergnügen
> Der weltgrößte Schokoladenproduzent Barry Callebaut will nachhaltig
> werden. Experten zweifeln an den Angaben des Schweizer Konzerns.
Bild: Nikolaus soll nachhaltig werden
Berlin taz | Der größte Schokoladenproduzent der Welt lobt sich selbst für
die [1][Verbesserungen seiner Produktionsbedingungen]. Seit Beginn seines
Nachhaltigkeitsprogramms vor fünf Jahren habe Barry Callebaut unter anderem
über 200.000 Bauern aus der absoluten Armut befreien können, heißt es in
einem am Freitag veröffentlichten Bericht.
Das Schweizer Unternehmen hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2025 in
seiner eigenen [2][Lieferkette Kinderarbeit] abzuschaffen und die gesamte
Produktion nachhaltiger zu gestalten. Diese Verpflichtung ist die Firma im
Rahmen ihres „Forever Chocolat“ Programms eingegangen, das seit 2016 läuft.
Seitdem veröffentlicht es jedes Jahr einen [3][Bericht zum Fortschritt der
Kampagne]. Barry Callebaut beliefert hauptsächlich Unternehmen wie Mondelez
und Nestlé und gewerbliche Kunden wie zum Beispiel Konditoreien.
Arno Wielgoss vom Fair Band – Bundesverband für fairen Import und Vertrieb
e.V. zweifelt an den guten Absichten des Schokoladenproduzenten. „Egal über
was für Vorzeigeprojekte die großen Schokoladenproduzenten berichten, deren
Einfluss steht nicht im Verhältnis zu der Menge, die auf herkömmliche Weise
produziert wird“, so Wielgoss.
Ein Grundproblem an Berichten wie diesem sei, dass sie keine Angaben
machten zur Gesamtmenge des importierten Kakaos oder der Anzahl der Bauern,
die den Konzern beliefern. Damit stünden die absoluten Zahlen allein und
ohne Kontext.
## 2,1 Millionen Kleinbauern
Wenn Barry Callebaut also zum Beispiel berichte, dass es 215.000 Bauern aus
der „absoluten Armut“ geholt habe, dann müsse auch die Gesamtzahl der für
Barry Callebaut arbeitenden Bauern betrachtet werden, erklärt Wielgoss. Das
Unternehmen verkauft eigenen Angaben zufolge 2,1 Millionen Tonnen
Kakaoprodukte pro Jahr. Ein Bauer samt Familie kann dem Agrarökonomen
zufolge durchschnittlich circa eine Tonne Kakao pro Jahr verkaufen.
Demzufolge arbeiten also 2,1 Millionen Kleinbauern mit Familie für Barry
Callebaut. Das Unternehmen hat also bisher gut zehn Prozent seiner
Landwirte aus der absoluten Armut befreit. Genaue Angaben zu der Zahl
seiner Kakaobauern möchte der Kakaokonzern nicht machen. Das sei unseriös,
da man bei vielen Zulieferern gar nicht wissen könne, wie viele Menschen
wirklich dahinterstecken, heißt es auf Anfrage der taz.
Ein weiterer Kritikpunkt von Wielgoss ist die Zertifizierung des Kakaos von
Barry Callebaut. Das Unternehmen gibt an, dass 43 Prozent seiner Produkte
nachhaltigen Kakao bzw. Schokolade enthalten. Zertifiziert wird das zum
Beispiel von Cocoa Horizons. Die Stiftung, die dieses Zertifikat ausstellt,
sei jedoch von Barry Callebaut selbst gegründet worden.
„Ich kann doch nicht annehmen, dass es sich um eine unabhängige Prüfung
handelt, wenn die Stiftung von der Firma gegründet wurde, die dann auch
überprüft wird. Das ist hanebüchen“, so Wielgoss. Wenn Unternehmen wirklich
nachhaltiger werden wollten, dann sollten sie auf unabhängige Zertifikate
zurückgreifen.
Ein Sprecher von Barry Callebaut hält auf Anfrage dagegen, dass die
Stiftung unabhängig sei und zudem stark wachse. Unter anderem ließen Aldi
und der US-amerikanische Schokoladenhersteller Hershey ihre Schokolade
zumindest in Teilen bei Cocoa Horizons zertifizieren.
4 Dec 2021
## LINKS
[1] /Studie-ueber-Kakaoproduktion/!5720299
[2] /Organisationen-fordern-Lieferkettengesetz/!5625234
[3] https://www.barry-callebaut.com/en/group/media/news-stories/forever-chocola…
## AUTOREN
Lukas Nickel
## TAGS
Kakao
Schokolade
Kinderarbeit
Schweiz
Ferrero
Bananen
Ausbeutung
Nutella
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kinofilm aus der Schweiz: Unerhörte Dinge
„Drei Winter“ ist ein eigenwilliges Drama, das in den Schweizer Alpen
spielt. Es erzählt wortkarg von einer Liebe unter erschwerten Bedingungen.
Rückruf von Kinder-Produkten: Überraschung! Salmonellen
Der Süßwarenkonzern Ferrero ruft deutschlandweit seine Kinder-Produkte
zurück. Laut Konzern besteht die Gefahr, an Salmonellen zu erkranken.
Bananenbauern gegen Aldi und Co.: Krumme Geschäfte
Bananenbauern in Ecuador haben es nicht leicht – das liegt auch an
deutschen Importeuren von Aldi und Co. Eine Gewerkschaft geht dagegen an.
Mit Erfolg.
Studie über Kakaoproduktion: Kinderarbeit für Schokolade
Eine neue Studie belegt Ausbeutung in Afrika bei der Kakaoproduktion.
Allein in der Elfenbeinküste und Ghana sind 1,5 Millionen Kinder betroffen.
Aus Le Monde diplomatique: Das Haselnuss-Imperium
Der weltweit drittgrößte Süßwarenhersteller Ferrero will noch größer
werden. Die Kleinbauern und die Umwelt haben dabei das Nachsehen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.