Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Neuer Rekord im Jahr 2021: Rüstungsexporte last minute
> Vor dem Regierungswechsel bricht die Merkel-Regierung einen Rekord: 2021
> genehmigte sie Rüstungsgeschäfte im Wert von 9 Milliarden Euro.
Bild: Ein Marineschiff vom Typ Meko 200 für Ägypten liegt im Neustädter Hafe…
Berlin taz | In ihren letzten Tagen hat die alte Bundesregierung noch den
Rekord bei den Rüstungsexporten geknackt: Im Jahr 2021 genehmigte die Große
Koalition aus Union und SPD Rüstungsexporte im Wert von rund 9 Milliarden
Euro. Etwa 4 Milliarden Euro davon entfallen auf Kriegswaffen, 5 Milliarden
Euro betreffen sonstige Rüstungsgüter. Das geht aus einer Antwort des
Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der
Linken-Bundestagsabgeordneten Sevim Dağdelen hervor, die der taz vorliegt.
Etwa ein Drittel der Exporte ging demnach in EU-Länder, Natostaaten und der
Nato gleichgestellte Länder. Fast zwei Drittel hingegen an sogenannte
Drittländer. Besonders pikant: Von allen Empfängerländern steht Ägypten mit
großem Abstand auf Platz eins – ein Land, das immer wieder [1][wegen
Menschenrechtsverletzungen in der Kritik] steht. Der Bundessicherheitsrat
genehmigte 2021 Rüstungsgeschäfte im Wert von 4,34 Milliarden Euro an den
autoritär regierten Staat. Zweitwichtigster Kunde deutscher Rüstungsfirmen
sind die Vereinigten Staaten (980 Millionen Euro), gefolgt von den
Niederlanden (818 Millionen Euro) und Singapur (629 Millionen Euro).
Zum Vergleich: 2020 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte in Höhe
von rund 5,82 Milliarden Euro und damit über 3 Milliarden weniger als 2021.
Der bisherige Rekord an Rüstungsexporten lag 2019 bei 8 Milliarden Euro.
## Verdopplung der Exporte in wenigen Tagen
Interessant ist dabei das Vorgehen der Vorgängerregierung: Denn ein
Großteil der Geschäfte erlaubte sie auf den letzten Drücker. Im Zeitraum
vom 1. Januar 2021 bis 29. November 2021 lag der Gesamtwert der
Rüstungsexporte laut einer früheren Antwort des
Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linksfraktion noch bei
4,135 Milliarden Euro. Das heißt, das Volumen der Genehmigungen hat sich
innerhalb von neun Tagen im Vergleich zu den vorangegangenen elf Monaten
mehr als verdoppelt.
Die Große Koalition war bis zum offiziellen Regierungswechsel am 8.
Dezember eigentlich nur noch geschäftsführend im Amt – üblicherweise werden
dann keine weitreichenden Entscheidungen mehr getroffen. Zumal die neue
Ampelregierung einen restriktiveren Kurs in der Rüstungspolitik anstrebt.
Diese weist nun darauf hin, dass seit dem Regierungswechsel
Rüstungsexportgenehmigungen im Wert von lediglich 3.679 Euro genehmigt
wurden. Diese seien in EU-Länder, Natostaaten oder gleichgestellte Länder
gegangen.
Auch den Großteil der Exportgenehmigungen nach Ägypten winkte die Große
Koalition erst auf den letzten Metern durch: Laut aktueller Antwort des
Wirtschaftsministeriums wurden Rüstungsgeschäfte im Wert von 4,34
Milliarden Euro an Ägypten genehmigt. Bis zum 29. November waren es nach
früheren Angaben 0,18 Milliarden Euro. Wie der [2][Spiegel berichtete,
hatte die Regierung kurz vor Amtsübergabe noch den Verkauf von drei
Kriegsschiffen und 16 Luftabwehrsystemen an das nordafrikanische Land
gestattet].
Die Entscheidungen über die Rüstungsexporte trifft der
Bundessicherheitsrat, dem der jetzige Kanzler Olaf Scholz (SPD) als
Finanzminister der alten Regierung angehörte, neben der damaligen Kanzlerin
Angela Merkel und sechs weiteren Ressortchefs.
Linkenpolitikerin Sevim Dağdelen kritisierte dieses Vorgehen scharf: „Frei
nach dem Motto,Waffen statt Brot für die Welt' haben Merkel und Scholz mit
einem Taschenspielertrick kurz vor Weihnachten Rekordrüstungsexporte
genehmigt.“ Das sei eine „moralische Bankrotterklärung von Scholz“ und
lasse „für das angekündigte Rüstungsexportkontrollgesetz der Ampel nichts
Gutes erwarten“.
Außenministerin Annalena Baerbock, Grüne, forderte nun schärfere Regeln.
„Wir haben als Koalition deutlich gemacht, dass wir die
Rüstungsexportpolitik der vergangenen Jahre auf den Prüfstand stellen“,
sagte sie der Nachrichtenagentur dpa, „Deswegen arbeiten wir an einem
Rüstungsexportkontrollgesetz, das deutlicher macht, nach welchen Kriterien
Rüstungsexporte genehmigt werden.“
CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter verteidigte das Handeln der Großen
Koalition: „Das Handeln der geschäftsführenden Bundesregierung geschah
innerhalb des gültigen Rechtsrahmens. Deshalb sind die kritischen Stimmen
von Grünen und Linken nichts anderes als Krokodilstränen.“
26 Dec 2021
## LINKS
[1] /Repressionen-in-Aegypten/!5821074
[2] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/ruestungslieferung-an-aegypten-g…
## AUTOREN
Jasmin Kalarickal
## TAGS
Ägypten
Schwarz-rote Koalition
Rüstungsexporte
GNS
Justiz in Ägypten
Rüstungspolitik
Rüstungspolitik
## ARTIKEL ZUM THEMA
Entscheidung zu Rüstungsexporten: Frieden schaffen mit weniger Waffen
Das Bundeswirtschaftsministerium plant noch für das zweite Halbjahr 2022
ein Kontrollgesetz. Hintergrund sind Rekordwaffenlieferungen.
Repressionen in Ägypten: Spielball des Militärregimes
Die ägyptische Menschenrechtsaktivistin und Filmemacherin Sanaa Seif wartet
auf ihre Entlassung aus der Haft. Nun soll sie endlich freikommen.
Neue Studie zu Rüstungsausgaben: Mehr Militär, weniger Diplomatie
Die Ausgaben für das Militär steigen weltweit auf ein neues Rekordniveau.
Das Geld wird beim Kampf gegen Armut und die Erderwärmung fehlen.
Rüstungsindustrie und Politik: Lobbyregister dringend nötig
Transparany International moniert zu Recht den wenig kontrollierten
Einfluss der Rüstungskonzerne auf die Politik der Bundesregierung.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.