# taz.de -- Brandbrief von Intensivpflegekräften: Entlastung oder Eskalation | |
> Intensivpfleger:innen am Hamburger UKE wollen ihre Überlastung | |
> nicht länger hinnehmen. Sie drohen, an freien Tagen nicht mehr | |
> einzuspringen. | |
Bild: Arbeit, die schnell zu Überlastung führt: Pflege auf einer Intensivstat… | |
HAMBURG taz | Es ist nicht das erste Mal, dass Pfleger:innen [1][das | |
Hamburger Universitätskrankenhaus Eppendorf (UKE)] vor einer Gefährdung | |
ihrer Patient*innen warnen – die ständige Arbeitsüberlastung lasse eine | |
ausreichende pflegerische Versorgung immer weniger zu, heißt es in ihrem | |
aktuellen Brandbrief. Weil das UKE auf die bisherigen Mahnungen nicht | |
reagiere, beschreiten die Intensivpfleger:innen nun eine neue | |
Eskalationsstufe im Konflikt mit ihrem Arbeitgeber. | |
„Wir können nicht länger warten, wir brauchen jetzt eine Entlastung auf den | |
Intensivstationen“, fordern Intensivpfleger:innen in dem Brief an den | |
UKE-Vorstand und den Direktor des Patienten- und Pflegemanagements. Sollte | |
das UKE nicht kurzfristig einlenken, wollen sie ab kommenden Freitag an | |
ihren freien Tagen bei personellen Engpässen auf der Intensivstation nicht | |
mehr einspringen. | |
So wollen sie Druck aufbauen: „Wir erhoffen uns damit, dass kurzfristig | |
eine Entlastungsvereinbarung abgeschlossen wird.“ Bis zum Ende Dezember | |
soll der Protest andauern, wenn die Vereinbarung ausbleibt. | |
Der Wunsch danach ist nicht neu: Schon im September dieses Jahres forderten | |
die Intensivpfleger:innen, dass das UKE sie dringend entlasten müsse. Sie | |
verwiesen auch da schon auf die sogenannte | |
„Pflegepersonaluntergrenzenverordnung“. Diese besagt, dass jede:r | |
Pfleger:in auf Intensivstationen für maximal zwei Patient:innen | |
zuständig sein soll. | |
## UKE versucht zu beschwichtigen | |
„Damit die Versorgung der Patient:innen sichergestellt ist, verzichten | |
viele Kolleg:innen regelmäßig auf ihre Pause außerhalb der Station“, | |
beschrieben sie die Lage damals – als die derzeit anhaltende vierte | |
Pandemiewelle noch in weiter Ferne lag. | |
Seinerzeit kündigte das UKE Gespräche mit den Mitarbeiter:innen an, um | |
nach Entlastungsmöglichkeit zu suchen. [2][Manche Pfleger:innen zeigten | |
sich skeptisch] und befürchteten, dass das „leere Versprechungen“ seien und | |
„das Problem auf die lange Bank geschoben“ werde. Die Befürchtungen sehen | |
sie nun bestätigt. „Trotz Ihrer mündlichen Zusage, eine Dienstvereinbarung | |
auszuhandeln, hat der Vorstand bisher nur ausweichend agiert“, beklagen die | |
Pfleger:innen. | |
Auch Pflegekräfte aus der Zentralen Notaufnahme des UKE beschwerten sich | |
Anfang November über die Arbeitsüberlastung. Neu eintreffende | |
Patient:innen könnten kaum versorgt werden, selbst wenn sie | |
pflegebedürftig oder an Krebs erkrankt sind. [3][Auch hier erklärte das | |
UKE, dass intensive Gespräche stattfänden, um die Situation zu verbessern.] | |
Auch jetzt reagiert das UKE ähnlich: „Wir befinden uns seit längerer Zeit | |
mit allen Beteiligten weiterhin in intensiven Gesprächen“, sagt die | |
Sprecherin des UKE, Stefanie Gerling. Das UKE werde auch weiterhin in | |
gemeinsamen Gesprächen Lösungen erarbeiten, um die Wünsche der | |
Mitarbeitenden und die betrieblichen Aspekte in Einklang zu bringen. | |
Angesichts der anhaltenden vierten Welle könnte es zu noch steigenden | |
Zahlen von Covidpatient:innen auf den Intensivstationen kommen. Wenn | |
bis Ende dieses Jahres am UKE Pfleger:innen an ihren freien Tagen bei | |
Engpässen nicht mehr einspringen, könnte das zu einer geringeren Zahl an | |
freien Intensivbetten führen. | |
Laut Recherchen des SWR sind seit Beginn des Jahres deutschlandweit rund | |
4.000 Intensivbetten verloren gegangen– das liege vor allem daran, dass | |
Pfleger:innen wegen der Überlastung ihren Job gekündigt oder ihre | |
Arbeitszeit reduziert hätten. In Hamburg sank laut dem Divi-Register des | |
Berufsfachverbands der Intensivmedizin die Zahl der betreibbaren | |
Intensivbetten seit Jahresanfang von 598 auf 500. Am Mittwoch waren 62 | |
Betten davon von Covidpatient:innen belegt. | |
Die Linksfraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft fordert vom Senat, sich | |
in den Konflikt umgehend zugunsten der Beschäftigten einzumischen. Dazu | |
müsse der Senat einen Bonus „an alle Pflegekräfte ‚am Bett‘“ auszahle… | |
mit einer Kampagne um potenzielle Berufsrückkehrer:innen werben, | |
damit sich die Zahl des verfügbaren Intensivpflegepersonals mittelfristig | |
verbessere. | |
16 Dec 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Intensivmediziner-ueber-Lage-in-Kliniken/!5812093 | |
[2] https://www.mopo.de/hamburg/patienten-liegen-in-eigenen-faekalien-intensivp… | |
[3] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Brandbrief-UKE-Notaufnahme-offenbar-… | |
## AUTOREN | |
André Zuschlag | |
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